28.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
28.11.09 / Berlin gegen Gebetsräume / Seit September darf ein muslimischer Schüler in einem eigenen Schulzimmer beten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-09 vom 28. November 2009

Berlin gegen Gebetsräume
Seit September darf ein muslimischer Schüler in einem eigenen Schulzimmer beten

Ende September erregte ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts die Öffentlichkeit: Schüler Yunus M. setzte darin durch, an Berlins Diesterweg-Gymnasium täglich nach muslimischem Ritus in einem eigens dafür hergerichteten Raum beten zu können. Nun legt Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) dagegen Revision ein.

Es ist der erste deutsche Gerichtsbeschluss darüber, wie weit das Recht muslimischer Gläubiger auf Religionsausübung an öffentlichen Einrichtungen geht – ein Urteil mit Weichenfunktion, denn Yunus’ Weddinger Schule sieht sich durch den Spruch genötigt, ihm einen Gebetsraum zur Verfügung zu stellen.

Berlins Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) will sich damit aber nicht abfinden und legt nun – gegen Widerstand in seiner eigenen Partei – Berufung im Namen des Berliner Senats ein, um den Gebetsraum zu kippen. Islamische Organisationen hingegen drängen an Schulen und Universitäten nun erst recht auf die Schaffung von Gebetsräumen. Die „Islamische Zeitung“ berichtet von Bemühungen der „Islamischen Hochschulvereinigung“, an Universitäten Beträume zu erstreiten. Die 35-Mitglieder-Organisation beklagt sich darin über Gegenwind und mangelnde Unterstützung für ihr Ziel. In islamischen Internetforen wie „Muslima-aktiv.de“ schwärmen Muslime von den Gebetsräumen an britischen Schulen. Aber auch große Moslem-Organisationen wie der „Koordinierungsrat der Muslime“ (KRM) begrüßten das Gerichtsurteil. KRM-Sprecher Ayyub Axel Köhler sagte: „Wir freuen uns über die freie Religionsausübung und über den Respekt vor der Glaubensüberzeugung des Anderen – auf dieser Tugend beruht unsere politische Kultur.“

Im Internet-Diskussionsforum der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge betriebenen „Deutschen Islamkonferenz“ äußert ein Diskussionsteilnehmer dagegen einen anderen Verdacht: „Durchsetzung von Machtansprüchen statt Gebete“, darum gehe es im Berliner Urteil letztlich.

Tatsächlich lässt das weitere Verhalten von Yunus M. den Verdacht zu, dass der Schüler bloß als Strohmann unbekannter Hintermänner benötigt wurde. Er darf zwar nun mittags in dem Raum beten, tut dies aber nur „äußerst, äußerst selten“, glaubt man seiner Schuldirektorin Brigitte Burchardt. Seit März 2008 verpflichtet die Schule bereits eine einstweilige Verfügung, den Schüler ein Mal am Tag beten zu lassen, nun hat Yunus einen zirka 20 Quadratmeter großen Raum von 13.30 Uhr bis 13.40 zur Verfügung. Ende September stellte auch das zuständige Verwaltungsgericht fest, dass der Schüler „berechtigt ist, außerhalb der Unterrichtszeit einmal täglich sein islamisches Gebet zu verrichten“.

Die Schulleiterin ist bemüht, das Thema tief zu hängen. Religion ist insgesamt kein Thema mehr, seit hauptstadtweit der Religionsunterricht an Schulen abgeschafft wurde. Entsprechende Wünsche von Schülern und Eltern gerade der christlichen Konfessionen schmetterte der rot-rote Senat ab. Warum nun ein Junge einen ganzen Raum bekommen muss, während die Mehrheit der Schüler sich über ihre Religion bestenfalls informieren, sie aber an den Schulen immer weniger praktizieren darf, ist gerade wegen der ansonsten religionsfeindlichen Politik der Berliner Landesregierung schwer vermittelbar. Auch deswegen will Bildungssenator Zöllner jetzt gegen das Urteil vom September klagen. Er fürchtet, bald an allen Schulen Gebetsräume dulden zu müssen.

Berlins Politik, die mit dem Kampf gegen den Religionsunterricht vor allem den christlichen Einfluss verdrängen wollte, steckt in der eigenen Falle des totalen Laizismus. Viele Moslems lehnen diesen Kurs ab. Zöllner will jetzt nachweisen, dass es Yunus nicht auf den Glauben ankommt, sondern der Schüler nur als Präzedenzfall für den Einzug des Islam an den Schulen benutzt wird: „In diesem konkreten Einzelfall bewerte ich jedoch die Glaubwürdigkeit des Klägers und auch die Zumutbarkeit einer Zusammenlegung des Religionsunterrichtes anders“, so der Bildungssenator. Eine „verantwortungsvolle Entscheidung“ nennt er die „Trennung von Religionsfreiheit und Erziehungsauftrag“.

Pädagogin Burchardt entgegnet dem, unter den Schülern finde zwar eine Art Wettbewerb darum statt, wer der bessere Moslem sei. Doch aus dem Rechtsanspruch Yunus’ auf einen Bet­raum entstünden „keine Konflikte“. Doch wegen des Neides anderer junger Moslems, vor allem männlicher Schüler, hat man den Betraum für eine Mädchengruppe laut Burchardt an ihrer Schule bereits wieder schließen müssen. Muslim-Gruppen werfen ihr vor, den Streit erst unnötig aufgebauscht und damit Yunus’ Weg vor Gericht ausgelöst zu haben.

Yunus war 14, als er klagte – die Schulleiterin hatte ihm das Beten auf dem Schulflur verboten. Jetzt muss das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entscheiden, ob das Recht zu beten oder der staatliche Erziehungsauftrag (den Zöllner gefährdet sieht) den Vorrang erhält. Einen Termin für die Verhandlung gibt es noch nicht. Sverre Gutschmidt

Foto: Nur „äußerst, äußerst selten“ benutzt: Der umstrittene Gebetsraum im Berliner Diesterweg-Gymnasium


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren