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28.11.09 / Reaktion auf Tilsit 1807 / Um Heeresbeschränkung zu umgehen, wurde die Reserve erfunden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-09 vom 28. November 2009

Reaktion auf Tilsit 1807
Um Heeresbeschränkung zu umgehen, wurde die Reserve erfunden

Zum Herbstmanöver rücken an der Landwehr- und Reservemann. Es drückt der Helm, es schmerzt das Bein, o welche Lust, Soldat zu sein!“ Dieser aus der Kaiserzeit stammende Spruch kennzeichnet die klassische Rolle der Reservisten. Die erste Bildung einer militärischen Reserve ging einher mit der Einführung der Wehrpflicht während der Befreiungskriege. Um die Preußen nach dem Frieden von Tilsit 1807 auferlegte Heeresbeschränkung zu umgehen, führte General Gerhard von Scharnhorst das Krümpersystem ein, das den Kurzwehrdienst von Rekruten („Krümpern“) vorsah, die im Kriegsfall erneut einberufen worden wären. So konnte Preußen in den folgenden Kriegen auf eine große Zahl ausgebildeter Soldaten zurückgreifen.

Im Kaiserreich erhielten die Reservisten nach ihrem Wehrdienst eine Beorderung mit genauen Anweisungen für das Verhalten im Kriegsfall und wurden in regelmäßigen Abständen zu Wehrübungen einberufen. Das jährliche Herbstmanöver war eine feste Größe. Bei der Mobilmachung 1914 holten Hunderttausende die Uniform aus dem Schrank und eilten aus den Fabriken, Werkstätten und Büros an die Front.

Die Reichswehr verfügte als Folge des Versailler Vertrages weder über Wehrpflichtige noch über eine Reserve-Komponente. Erst mit der Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht 1935 brachten die Streitkräfte wieder Reservisten hervor. Während des Zweiten Weltkrieges bildeten die Wehrpflichtigen und die Reservisten das personelle Rückgrat der Wehrmacht. Von den fast 20 Millionen Männern, die während der Kriegsjahre in der Wehrmacht dienten, waren die wenigsten vorher „aktiv“, also Zeit- und Berufssoldaten. Es gab viele Verbände, in denen ausschließlich Reservisten dienten und sich kein einziger bei Kriegsbeginn aktiver Soldat fand.

Die Bundesrepublik versteht sich als wehrhafte Demokratie. Damit sind auch die Reservisten für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr von großer Bedeutung. Neben der „aktiven Truppe“ gab es teilaktive Truppenteile, deren auch im Frieden präsente Komponente im Mobilmachungsfall durch Reservisten ergänzt worden wäre, sowie nichtaktive Truppenteile, die ausschließlich aus Reservisten bestanden. Dem Bedarf entsprechend wurde ein bestimmter Anteil der ausgeschiedenen Soldaten in einem Truppenteil fest eingeplant. Sie erhielten einen Einberufungsbescheid für den Mobilmachungsfall, der sie verpflichtete, sich nach Bekanntgabe eines Stichwortes ohne weitere Aufforderung bei ihrem Truppenteil zu melden. Zur Inübunghaltung wurden sie zu Manövern einberufen. Während des Kalten Krieges hätte die Bundeswehr auf rund 2,5 Millionen Reservisten zurückgreifen können. Am 3. Oktober 1990 hatte sie noch einen Verteidigungsumfang von 1,3 Millionen Soldaten, von denen etwa 800000 beorderte Reservisten waren. Das Ende des Ost-West-Konfliktes hat diese Form der Sicherheitsvorsorge überflüssig gemacht. Jetzt gilt wirklich: „Reserve hat Ruh“.         Jan Heitmann


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