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28.11.09 / Zu langsam für Afghanistan / Ehemaliger Zeitsoldat berichtet über seinen Auslandseinsatz 2003/04

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-09 vom 28. November 2009

Zu langsam für Afghanistan
Ehemaliger Zeitsoldat berichtet über seinen Auslandseinsatz 2003/04

Der große Erfolg von „Endstation Kabul – Als deutscher Soldat in Afghanistan“ 2008 dürfte den Econ-Verlag und dessen Autor Achim Wohlgethan schnell davon überzeugt haben, auch den zweiten Bundeswehr-Einsatz des ehemaligen Soldaten Wohlgethan zu erzählen. „Operation Kundus – Mein zweiter Einsatz in Afghanistan“ heißt der vor wenigen Wochen im Buchhandel erschienene Titel, in dem der ehemalige Zeitsoldat erneut von seinen Erlebnissen im Auslandeinsatz und den Missstände bei der deutschen Bundeswehr berichtet. Da der Einsatz zum Jahreswechsel 2003/04 stattfand, hat sich möglicherweise so manches gebessert, trotzdem gibt der Autor interessante Einblicke. „Wir sollten ohne Waffen anlanden, obwohl die Sicherheitslage vor Ort völlig unklar war. Begründet wurde das mit dem Luftverkehrsgesetz. Solange nicht offiziell Krieg ist, fliegt die Bundeswehr nach wie vor nach zivilen Flugvorschriften. Waffen und Munition werden also getrennt voneinander transportiert.“

Wohlgethans Stärke ist zugleich seine Schwäche: Er berichtet sehr emotional und macht absolut keine Mördergrube aus seinem Herzen. Doch auch wenn man manches, was er berichtet, nicht ganz 100-prozentig nehmen sollte, so genügt der Rest, um Zweifel an der beschriebenen Form des Afghanistaneinsatzes und des Bundeswehr-Alltages zu bekommen.

„So kam es“, schreibt Wohlgethan, „dass die Bundeswehr sich mit ihrem großen Beamtenapparat und einer überbordenden Bürokratie mehr schlecht als recht durch die Auslandseinsätze lavierte und immer wieder ihre Fähigkeiten grob überschätze. Der große Apparat war einfach zu langsam und zu schwerfällig und konnte nicht zügig auf kurzfristig auftretende Situationen reagieren.“ Der Autor kritisiert die zu geringe materielle Ausstattung der Bundeswehr, weltfremde Regeln und merkwürdige Entscheidungswege. So manches Mal staunt der Leser, wenn er über bedenkliche Sicherheitsbestimmungen berichtet und über die rück-ständige Infrastruktur Afghanistans. Wohlgethans Aufklärungstrupp braucht manchmal drei bis vier Stunden für nur 30 Kilometer. Manche Dörfer, die sie durchfahren, haben von dem Wandel der Zeit noch gar nichts mitbekommen und hören zum ersten Mal vom Einsatz der Internationalen Sicherheits- und Unterstützungstruppe (Isaf). Erschüttert liest man von einer sterbenden Frau in Burka, die der deutsche Arzt nicht untersuchen darf, obwohl er sie hätte retten können, wenn er das tote Kind ans ihrem Leib geholt hätte. Auch der Lagerkoller der Truppe wird anschaulich gemacht. So haben sich beispielsweise Wohlgethan und seine Freunde einen Lagerhund angeschafft, doch nicht jeder mag Snoopy und während die einen froh über dessen Schmuseeinheiten sind, wollen die anderen das Tier aus dem Lager schmeißen. Am Ende führen die Unstimmigkeiten dazu, dass die Einheit früher als geplant zurück nach Deutschland versetzt wird. Doch mit dem Alltag daheim kommt Wohlgethan nicht mehr klar, die Beziehung zu seiner Freundin zerbricht und es folgt eine Psychotherapie.             Rebecca Bellano

Achim Wohlgethan: „Operation Kundus – Mein zweiter Einsatz in Afghanistan“, Econ, Berlin 2009, kartoniert, 317 Seiten, 18,90 Euro


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