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05.12.09 / »Geschwätz von Rechtsstaatlichkeit« / Seeleute kritisieren Fehlentwicklungen im Kampf gegen Piraten − Kriegsrecht soll gelten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 05. Dezember 2009

»Geschwätz von Rechtsstaatlichkeit«
Seeleute kritisieren Fehlentwicklungen im Kampf gegen Piraten − Kriegsrecht soll gelten

Vorvergangene Woche wurde das erste Mal seit langer Zeit ein Besatzungsmitglied eines deutschen Schiffs bei einem Piratenüberfall getötet. Die Hamburger Reederei Chemikalien Seetransport GmbH hatte ihren Tanker „Cancale Star“ in Nigeria Öl laden lassen, als er kurz danach von Piraten angegriffen wurde. Bei dem Versuch, die Diebe vom Safe fernzuhalten, wurde der aus der Ukraine stammende erste Ingenieur erschossen.

Für den Nautiker Jochen Goebe zeigt dieser Vorfall erneut, wie unergiebig die internationalen Versuche, solche Überfälle zu verhindern, sind. Goebe fuhr lange selbst durch das von Piraten verseuchte Südchinesische Meer Rindvieh von Darwin nach Yokohama. „Die haben alle keine Ahnung von der Mentalität solcher Leute und meinen, mit ihrem Geschwätz von Rechtsstaatlichkeit etwas zu ändern“, so der erfahrene Seemann. „Es dauerte Jahre, bis die Politiker überhaupt zögerlich Kenntnis von der Problematik und den Gefahren nahmen, mit dem die Praktiker vor Ort auch in Westafrika zu leben haben“, ereifert er sich.

Die Kritik aus den Reihen der Seeleute und Reeder ist groß. Für sie lag schon immer auf der Hand, dass auch der vermehrte Einsatz von Fregatten in einem Tausende von Quadratmeilen umfassenden Seegebiet bis zu 1000 Seemeilen von der Küste entfernt nur mäßige Erfolge zeitigen kann. Da die Korsaren dank des Millionensegens aus Lösegeldern über Ortungsgeräte, moderne, schnelle Booten und gute Waffen verfügen, starten sie von ihren Mutterschiffen aus die Raubzüge in Gebieten, in denen sich gerade keines der Kampfschiffe aufhält. Zudem sind sie bei Islamisten gefeierte Gotteskrieger mit reichlich Dollars und somit in vielen Buchten und auf vielen Inseln gern gesehene Besucher, finden also im Notfall auch andere Verstecke und neue Helfershelfer.

2009 hat sich die Zahl der Attacken vor Somalia auf 200 erhöht, registrierte die „Seefahrer-Vereinigung“ in Mombasa. Lief früher die Kaperung meist unblutig ab, so eskaliert der Streit laufend und es sind erste Tote zu beklagen. Die Lösegeld-Forderungen werden immer dreister, erreichen Höhen von sieben Millionen wie etwa für ein seit längerem festgehaltenes britisches Seglerpaar. Sein Schicksal dürfte besiegelt sein, da die britische Regierung darauf nicht eingeht.

Die Spanier haben mittlerweile 33 Thunfisch-Fangschiffe mit bewaffnetem Personal ausgerüstet, Frankreichs zehn Fangschiffe sind mit Soldaten bestückt und selbst die USA haben ihre Handelsschiffe teilweise armiert und sehen die Lage somit ähnlich wie der Pragmatiker Goebe.

Als kostspieligen Unsinn bezeichnen die kritischen Nautiker die Tatsache, dass auf den Fregatten über 200 Mann an einem winzigen Punkt der Seekarte stationiert sind, sich mithin ihre geballte Kampfkraft allenfalls beim „Mensch ärgere dich nicht“-Spiel in der Messe entfalten kann. Nach der Meinung dieser Praktiker wäre es wesentlich effektiver, auf jedes der Handelsschiffe, die die heißen Gewässer passieren, eine kampfstarke Gruppe von ein paar Mann mit einer guten Armierung zu setzen, die im Zweifelsfall sich nähernde Schnellboote kompromisslos versenken.

Immerhin wird allein die deutsche Marine für den Einsatz in diesem Gebiet 2009 rund 50 Millionen Euro ausgeben. Werden die anderen Nationen, wie Frankreich, die USA, Großbritannien, Italien, Indien, Japan und China, Norwegen und die Niederlande, dazu gerechnet, erreichen die Aufwendungen Hunderte von Millionen für eine dennoch weiterhin zweifelhafte Sicherheit, Kanonen gegen Spatzen, zu Lasten der Steuerzahler, feixt Goebe.  

„Jede Armee weiß, wie schwer es ist, Partisanen mit herkömmlichen Mitteln zu eliminieren. Diese Burschen sind schließlich nichts anderes als unerschrockene Partisanen der See mit klugen, logistisch denkenden Führern an Land, vielleicht nicht einmal in Somalia selbst“, er-eifert er sich. Und, „wer sich so außerhalb des Rechts stellt, kann auch keines beanspruchen! Zudem sollte in solchen Fallen Kriegsrecht gelten, denn es ist ein Angriff auf die nationale Souveränität der Schiffe“, meint er. 

Dass es möglich ist, mit Druck über die Geldflüsse an die Hintermänner des Millionengeschäfts zu kommen, lasse beispielsweise der Streit um die Steuerflüchtlinge der Schweiz vermuten. Bei den Piraten hier handle es sich längst nicht mehr nur um verarmte Fischer, sondern um straff organisierte Banden. Werden sie in Ostafrika zu sehr eingekeilt, organisieren sie das Geschäft anderswo neu, legen sich neue Mutterschiffe zu und verfügen damit über einen schier unbegrenzten Aktionsradius, haben zudem selbst bei hohen Verlusten keine Probleme, Nachwuchs zu rekrutieren.                 J. Feyerabend 


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