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05.12.09 / Zur Geldanlage verdammt / Versicherungen müssen Kundengelder sicher, aber auch renditestark anlegen − Niedrigszinsphase hemmt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 05. Dezember 2009

Zur Geldanlage verdammt
Versicherungen müssen Kundengelder sicher, aber auch renditestark anlegen − Niedrigszinsphase hemmt

Weltweit strauchelten erst die Banken, dann viele Unternehmen und sogar Staaten. Das blieb nicht ohne Auswirkungen auf die Versicherungskonzerne, doch noch trotzen sie der Krise, wenn auch mit geringerer Rendite.

Gerüchte über neue Spekulationsblasen, Inflationsängste und extrem niedrige Zinsen verunsichern derzeit die Sparer. Doch selbst Goldkäufe scheinen keine gute Alternative zu sein, da es fraglich ist, wie lange der Preis für das Edelmetall derart auf Rekordkurs bleiben wird.

Die sicherheitsbewussten Deutschen haben schon früh die Versicherungen für sich entdeckt. Während in angelsächsischen Ländern der Durchschnittssparer selbst seine Notgroschen in Aktien investierte, setzten die Deutschen auf Kapitallebensversicherungen. Diese lassen zwar keine Blütenträume reifen, doch haben sie ihre Anleger, die bis zum Ende der Vertragslaufzeit durchhalten, niemals ohne etwas zurückgelassen. Trotzdem sind Anleger auch bezüglich der Lebensversicherungen skeptisch geworden, mussten sie doch unter anderem lesen, dass Versicherer wie die Provinzial West oder der Deutsche Ring mit zu jenen gehören, die ihre Kundengelder in Lehman-Zertifikaten angelegt und somit verloren haben. Auch erlitten viele Versicherer 2008 an der Börse erhebliche Verluste, denn auch wenn immer noch gilt, dass die Branche auf Sicherheit bedacht ist, so zählt doch auch die Rendite. Die Frage, was am Ende der Vertragslaufzeit für den Versicherungsnehmer herrauskommt, wurde inzwischen wichtiger als die Frage, was im Todesfall an die Angehörigen gezahlt wird. Immer wieder listen Finanzfachzeitschriften und Finanzforschungsinstitute die renditereichsten Versicherungen auf. Wer also als Versicherung auf einer dieser Listen, nach der sich viele Kunden richten, genannt werden will, sollte eine Verzinsung bieten, die über dem staatlichen Garantiezins von 2,25 Prozent liegt.

Die Anlage in Aktien können sich die Versicherungskonzerne derzeit allerdings nicht „leisten“. Denn abgesehen von der nicht zu leugnenden Gefahr einer neuen Spekulationsblase und den damit drohenden Verlusten, die die möglichen Gewinne relativieren, haben Aktienanlagen auf Versicherungskunden eine abschreckende Wirkung. Als gut und sicher gelten immer noch Staatsanleihen und Pfandbriefe. Doch neben dem Umstand, dass der Sicherheitsaspekt angesichts überbordender Staatsverschulung bei Staatsanleihen auch nicht mehr die gleiche Bedeutung hat wie noch vor zehn, ja sogar eineinhalb Jahren, lähmt das niedrige Zinsniveau. Am 1. Dezember lag die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe bei 3,17 Prozent. Damit lassen sich zwar die Verwaltungs- und Risikokosten sowie der Garantiezins erwirtschaften, doch das allein gepaart mit Sicherheit lockt keine neuen Kunden an. Ausländische Staatsanleihen bringen zwar höhere Zinsen, doch gleichzeitig haben sie ein höheres Ausfallrisiko.

Das Magzin „Focus“ beschrieb letztens die „Not“ der Allianz-Versicherung, jeden Tag um die 100 Millionen Euro aus Kundenbeiträgen oder freiwerdenden Geldern anderer Anlageformen am Kapitalmarkt neu anlegen zu müssen. Staatsanleihen machen bei dem Großkonzern nur 19 Prozent aus. Der größte Anteil (54 Prozen) ist in Hypotheken und Pfandbriefen angelegt. Was mit diesen Milliarden passiert wäre, wenn die Hypo Real Estate, einer der größten Anbieter von Pfandbriefen, nicht vom deutschen Staat mit über 100 Milliarden Euro gestützt, sondern insolvent gegangen wäre, übersteigt jeden Albtraum der Anlagespezialisten. Denn auch wenn die mit Immobilien abgesicherten Pfandbriefe Sachwerte repräsentieren, hätte die Pleite dramatische Auswirkungen auf die Wertent- wicklung von Anlageimmobilien gehabt.

Zwar beteuern viele Versicherer, sie würden selbst eine zehn Jahre andauernde Niedrigzinsphase ohne große Folgen für die Rendite überstehen, doch die Tatsache, dass die Nettorendite der Lebensversicherungen von etwa 4,5 bis 5,2 Prozent 2007 auf 3,1 bis 3,8 Prozent 2008 je nach Anbieter gesunken ist, spricht dagegen.

Neben der Neuanlage müssen zudem Wiederanlagen getätigt werden. Die auslaufenden Papiere stammen meist noch aus Hochzinsphasen. Da die Rendite bei kurzen Laufzeiten derzeit unterhalb des Garantiezinses liegt, bieten sich längerfristige Anleihen an. Diese bergen die Gefahr in sich, dass, wenn das Zinsniveau demnächst ansteigen sollte, man die höhere Renditechance verpasst, da man sich festgelegt hat. Um die Durchschnittsverzinsung zu erhöhen, fügen inzwischen immer mehr Versicherungen ihren Anlagen Unternehmensanleihen von Konzernen wie Daimler oder der Telekom hinzu. Diese garantieren Verzinsungen von bis zu neun Prozent und eine 100-prozentige Rückzahlung − es sei denn, das Unternehmen geht Pleite.

Ein wesentlicher Faktor ist auch stets, wie gut die Versicherer in der Vergangenheit gewirtschaftet haben. „Für die Überschussbeteiligung steht in der Bilanz ein gut gefüllter Topf zur Verfügung – die Rückstellung für Beitragsrückerstattung −, der genau zu dem Zweck angelegt wurde, um Zinsschwankungen auszugleichen“, so Alois Schnitzer von der Huk-Coburg gegenüber der PAZ. „Hinzu kommt schließlich: Die Kapitalerträge sind keineswegs die einzige Ertragsquelle eines Lebensversicherers. Die Huk-Coburg-Lebensversicherung zum Beispiel erzielt regelmäßig hohe sogenannte Risikogewinne – weil sie ihre Tarife vorsichtig kalkuliert hat – und Kostengewinne, weil sie außerordentlich kostenbewusst wirtschaftet. Auch diese Gewinne werden den Kunden gutgeschrieben.“    Rebecca Bellano


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