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05.12.09 / Lieder ohne Dur und Moll / Vorträge und prußische Musik zum Ende einer Ausstellung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-08 vom 05. Dezember 2009

Lieder ohne Dur und Moll
Vorträge und prußische Musik zum Ende einer Ausstellung

Mit einem zweiteiligen Vortrag endete im Ellinger Kulturzentrum Ostpreußen die Ausstellung „Ein Franke zieht ins Preußenland“ sowie die dazu durchgeführte Vortragsreihe. Stilvoll fand dieser im Sudhaus des Fürstlichen Brauhauses in Ellingen statt.

Wegen des im Kulturzentrum Ostpreußen stattfindenden Herbstmarktes hatte Museumsdirektor Wolfgang Freyberg zur Abschlussveranstaltung der Ausstellung in das Sudhaus der Fürstlichen Brauerei eingeladen. Studiendirektor Rudi Bauer aus Erlangen referierte über das „Liedgut der Prußen“, welches er konzertant auf Nachbauten von historischen Instrumenten vortrug. Und Bernhart Jähnig aus Berlin, Vorsitzender der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, erläuterte das Schicksal der Prußen im Deutschordensland Preußen im Laufe der Jahrhunderte.

„Schwierig gestaltet sich die Spurensuche nach den Stämmen der Prußen, vor allem beim Liedgut“ – so leitete Rudi Bauer seinen Vortrag über die mittelalterliche Musik der im 13. Jahrhundert vom Deutschen Orden christianisierten Prußen ein. Im 17. Jahrhundert ist die Sprache dieser Stämme bis auf wenige Reste in den memelländischen und masurischen Mundarten erloschen. Praktisch in den letzten Stunden dieser Sprache wurden die Lieder aufgeschrieben, die nicht in Dur und Moll gehalten sind, sondern aus modularen Tonleitern, den Kirchentonleitern bestehen. Diese geben den Stücken eine unverwechselbare meditative Stimmung.

Da es keine niedergeschriebene Aufführungspraxis gibt, trug Bauer dann auf einer viersaitigen Mandora, einem Lauteninstrument, improvisierend mehrere Musikstücke vor. Dabei handelte es sich um Liebeslieder, das Lied der Jakobspilger, das Marienlied aus der Schlacht von Tannenberg im Jahre 1410, ein prußisches Erntelied und eine frühe Fassung von „O Haupt voll Blut und Wunden“, das erst später seine heutige Form erhielt.

„Die zwischen der unteren Weichsel und der unteren Memel lebenden Prußen galten um 1200 als letzte Heiden in Europa“, erläuterte der Historiker Jähnig zu Beginn seines Vortrages. Nach zwei langen Kriegen gelang dem Deutschen Orden schließlich im Jahre 1283 ein äußerer Abschluss der Christianisierung.

Bereits im Christburger Vertrag vom 7. Februar 1249 waren die bekehrten Prußen verpflichtet worden, Kirchen zu bauen, den Zehnten abzuliefern und an den Kreuzzügen des Ordens teilzunehmen. Im Gegenzug sicherte man ihnen die Freiheit der Person und Eigentumsrechte an beweglichen und unbeweglichen Gütern zu. Heidnische Priester waren wie der Frauenkauf und die Vielweiberei verboten.

Allerdings tauchen in der Geschichte der Prußen immer wieder die alten Gottheiten auf – so wird 1418 der baltische Himmels- und Gewittergott Perkunos in Aufzeichnungen erwähnt. Vor allem im bäuerlichen Bereich wurden „Bockheiligungen“ dargebracht. Diese Schlachtopfer von Tieren sind noch im Jahre 1571 verzeichnet.

Bedingt durch die Siedlungspolitik des Deutschen Ordens teilte man den Siedlern aus anderen Landesteilen vor allem in unbewohnten Landstrichen Boden zu und bildete neue Orte. Unabhängig von den früheren Stammesgrenzen richtete man Kirchspiele ein und baute christliche Kirchen. Die benachbarten Prußen wies man diesen Kirchspielen zu. Dies belebte den örtlichen Handel und förderte die Vermischung gerade der bäuerlichen Schichten aller dort lebender Volksgruppen. Am Ende der Deutschordenszeit um 1550 war diese Vermischung sehr weit fortgeschritten, um 1700 war nach Aussage von Jähnig die Assimilierung der Prußen größtenteils abgeschlossen. Manfred E. Fritsche


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