26.04.2024

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12.12.09 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-09 vom 12. Dezember 2009

Undemokratisch / Was anders ist in der Schweiz, warum wir lieber kopfstehen, und wieso deutsche Volksabstimmungen Griechenland ruiniert hätten
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

In Kopenhagen wird darüber entschieden, ob die Welt überlebt oder wir alle von einer dampfenden, brodelnden Hölle verschluckt werden. So und nicht anders hören sich die Kommentare an, die uns seit Tagen heißmachen gegen die Erhitzung. Das Getöse muss sein. Ärgerliche Querschüsse haben uns arme Klimasünder nämlich durcheinandergebracht in den letzten Wochen. Da muss jetzt richtig rangeklotzt werden, um unseren Glauben an das klimageschüttelte Weltenende wieder zu festigen.

Da waren etwa diese aufgeflogenen Geheim-E-Mails renommiertester Klimawarner, aus denen hervorging, dass die „weltweit angesehensten Koryphäen“ mit den weltweit miesesten   Rechentricks die Öffentlichkeit anflunkern und auf Zweifler lieber mit hässlicher Nachrede losgehen statt mit Argumenten.

Und es sollte noch schlimmer kommen: Forscher, die sehr wohl auf Klimakatastrophenlinie rudern, rechnen uns vor, dass der ganze Zirkus sowieso nichts bringt, weil das mit der „CO2-Einsparung“ völlig unrealistisch sei: Mit den 53 Milliarden Euro, die Deutschland für sein gigantisches Solardach-Programm zusammenkratze, würde der Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 um gerade einmal eine Stunde aufgeschoben.

53 Milliarden, mehr als das Doppelte des Wehretats, für eine Stunde mit zwei Grad kühlerer Luft? Da sollte man mal mit dem Rechnungshof drüber reden. Doch den interessiert das vermutlich gar nicht, weil das Geld ja nicht aus dem Staatshaushalt kommt, kein „verschwendetes Steuergeld“ ist, sondern direkt beim Stromkunden eingetrieben wird. Damit der die Klappe hält, jagen ihn die Medien durch das klimatische Armageddon, bis er nur noch verängstigt wimmert: Wir müssen alles tun was wir können, irgendwas, egal was, nur schnell, nur jetzt und vor allem noch mehr – das müssen wir einfach! Müssen wir? Müssen wir nicht, schreibt Bjørn Lomborg im „Spiegel“. Und sollten wir auch gar nicht, meint er. Erst, wenn wir technisch auf dem Stand seien, dass wir kostengünstig Energie aus der Sonne, dem Wind oder der Erdwärme ziehen könnten, lohne sich der Einsatz überhaupt. Vorher sei alles rausgeschmissenes Geld und schade mehr als es bringe.

So, so. Was bildet sich dieser Kerl eigentlich ein? Millionen von Menschen leben, zum Teil fürstlich, von der Aufstellung unwirtschaftlicher Solarkollektoren, Windräder und ähnlichem, von immer neuen Forschungsaufträgen zum Thema „Kohlendioxid-Reduzierung“, von ihren Bestsellern über den Weltuntergang usw. Sollen die alle im Elend enden? Hätte man vor 350 Jahren denn alle alchimistischen Goldmacher an die Luft gesetzt, nur weil das mit dem Goldmachen (noch?) nicht funktionierte? Eben! Damals hatten die Menschen noch ein Herz und gaben Haus und Hof für die Scharlatane an ihren bollernden Öfen und blubbernden Glaskolben. Oder warfen bereitwillig ihren letzten Heller in den Hut für eine schaurig schöne Gruselgeschichte über das Jüngste Gericht, das im nächsten September auf sie niederkomme.

Da wollen wir guten Zeitgenossen nicht hintan stehen, weshalb uns unser Geld ebenso locker sitzt wie unsere Schrauben. Der Herr Lomborg hingegen wünscht dem Kopenhagener Gipfel ein fröhliches Scheitern. Woher kommt der Mann eigentlich? Bjørn klingt dänisch. Ja! Die kleinen Nachbarn! Da muss man auf alles gefasst sein. Guido Westerwelle muss sich als Außenminister aber gutstellen mit diesen Ländern und sagte daher was Nettes über die Schweizer. Er hätte sich zwar auch ein „anderes Ergebnis“ gewünscht bei der Minarett-Abstimmung. Dennoch verbiete sich eine Schlussfolgerung, die Schweiz sei durch das Ja zum Verbot „ein undemokratisches Land geworden“.

Dass er das überhaupt sagen musste, deutet darauf hin, dass wesentliche Teile unserer politischen und intellektuellen Vorsprecher-Elite ernsthaft erwogen haben, den Eidgenossen das Siegel „demokratischer Staat“ streitig zu machen. Da prallen zwei ganz unterschiedliche Auffassungen davon aufeinander, was „Demokratie“ bedeutet. Die Schweizer verstehen darunter anscheinend, dass das Staatsvolk als höchster Souverän per Mehrheitsentscheid die Politik des Landes bestimmt. Wofür es sich dabei entscheidet, finden sie nicht so wichtig – diese Sichtweise ist nicht bloß bizarr, sie ist unverantwortlich. Was, wenn das Volk falsch beschließt?

Genau deshalb haben sie in Deutschland das Prinzip gründlich reformiert und von den Füßen auf den Kopf gestellt. Der Kopf jeder Demokratie, das Volk, ist jetzt unten und die Füße, sprich: die ausführenden Organe, also das politische Personal, bilden die Spitze. Kopfüber betrachtet ist alles umgekehrt. Da ist es nicht mehr so sehr von Belang, wie ein Beschluss zustande kommt, sondern nur, ob er gut oder schlecht ist. Ist er gut, zeugt das von Besonnenheit und intaktem Demokratieverständnis. Ist er schlecht, der Beschluss, dann ist das Demokratieverständnis mangelhaft gewesen, weil Rechtspopulismus am Werk war.

Um schlechten Beschlüssen vorzubeugen, lassen wir die Finger von Volksabstimmungen. Der grüne Europa-Abgeordnete Werner Schulze diagnostizierte dieser Tage: „Die Schweizer trauen sich eben mehr direkte Demokratie zu als die Deutschen.“ Wen meint er mit „die Deutschen“. Trauen wir uns wirklich nicht? Klar trauen wir uns, das macht es alles ja so schwierig und nötigt zu immer neuen Ausreden, warum Volksabstimmungen Teufelszeug seien. Eine lautet, dass alles viel zu kompliziert sei für Volksabstimmungen. Aber was ist an der Frage „Ja oder Nein zum Minarettverbot?“ nun eigentlich so furchtbar kompliziert?

Gut, also dann bleibt wenigstens noch der Einwand, dass die Schweizer bei der Abstimmung nicht nur die Sache selbst im Kopf gehabt hätten, sondern dass auch „diffuse Ängste“ oder sonst welche unsachlichen Beweggründe im Spiel gewesen seien. Außerdem hätten die rechtspopulistischen Parteien in der Schweiz den Urnengang „missbraucht“, um Stimmung gegen ihre politischen Gegner zu machen. Auch ließen sich die dämlichen Bürger von der Masse mitreißen, was das Ergebnis zusätzlich verfälsche. Somit begreife der blöde Pöbel  nie richtig, was er bewirke.

Da sind wir doch froh, dass unsere Politiker immer nur streng an der jeweiligen Sache orientiert entscheiden und von „diffusen Ängsten“ vor Wahlniederlagen mit Mandats- und Pfründeverlust gänzlich frei sind. Dass sie zudem niemals eine politische Frage dazu „missbrauchen“ würden, der gegnerischen Partei zu schaden. Und dass sie sich nie von der Mehrheit der Fraktion oder der mächtigen Fraktionsführung mitreißen lassen, sondern stets und standhaft ihrem Gewissen folgen und ihrem soliden Sachverstand, der sich zuletzt bei der Aufsicht über ihre Landesbanken fabelhaft gezeigt hat.

Mit einer Volksabstimmung hätten wir nicht einmal den Euro bekommen. Wir nicht und die Griechen nolens volens auch nicht. Mit schlimmen Folgen, denn das Land ist pleite, was die Jugend dort auch übel zu spüren bekommt. Die Mehrheitsgriechen jedoch haben sich eingekuschelt in ein dickes Daunenbett sozialer Errungenschaften, die sie sich eigentlich nicht ansatzweise leisten könnten, wäre da nicht der Euro.

Besucher, welche die politische Führung in Athen danach fragen, ob sie sich keine Sorgen mache, wenn rund um den Erdball Griechenlands Staatsbankrott für das kommende Jahr vorhergesagt werde, bekommen die freundliche Antwort: „Wir haben doch den Euro! Europa muss uns sowieso rauskaufen. Prost!“ Ohne die Einheitswährung schlingerten die Helenen längst auf den Trümmern ihrer schwindsüchtigen Drachme im Malstrom von Inflation, schwindender Kreditwürdigkeit und schließlich Staatsbankrott. Stattdessen kann die Party weitergehen. Die Rechnung kriegen wir noch.


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