29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
19.12.09 / »Vertreibung lohnt sich −...« / Kontroverse Thesen im Gepäck − Kulturhistorisches Seminar der LO im Ostheim

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-09 vom 19. Dezember 2009

»Vertreibung lohnt sich −...«
Kontroverse Thesen im Gepäck − Kulturhistorisches Seminar der LO im Ostheim

Das kulturhistorische Seminar im Ostheim/Bad Pyrmont war für die 43 Teilnehmerinnen auch in diesem Jahr wieder ein guter Ort des Lernens. Das Thema der diesjährigen Seminartage lautete ,,1914−1989 – Die Wendepunkte der deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert“. Uta Lüttich, Bundesvorsitzende der ostpreußischen Frauenkreise, leitete das Seminar.

Für dieses Seminar konnten sieben Historiker und ein Völkerrechtler als Referenten gewonnen werden. Den (vorläufigen) Schlu-sspunkt zum Thema setzte Prof. Dr. Gilbert Gornig, mit seinem Vortrag zum Thema ,,Die Auswirkungen der welthistorischen Wende von 1989/90 auf die völkerrechtliche Stellung Deutschlands“. Prof. Gornig – ein international anerkannter Völkerrechtler – versteht es, komplizierte Sachverhalte und Zusammenhänge nachvollziehbar zu erklären. So konnten die Zuhöre erfahren, warum das Deutsche Reich nicht untergegangen ist, und wann und weshalb der Verlust der deutschen Ostgebiete endgültig wurde. Bitteres Fazit: „Vertreibung lohnt sich − für die Sieger!“

Am Abend zuvor hatte Dr. Fred Mrotzek, in sehr frischer Art, mit persönlichen Anmerkungen durchsetzt, über ,,1989: Der Fall der Mauer und der Zusammenbruch der DDR“ gesprochen. Mrotzek, 1965 in der damaligen „DDR“ geboren, arbeitete in seinem Vortrag neun Punkte heraus, die zum Untergang der „DDR“ geführt haben. Er behauptete: ,,Die deutsche Einheit hätte schon zwei Jahre früher kommen können.“ Seinem Aufruf, die eigene Geschichte müsse an die Kinder weitergegeben, die deutsche Geschichte in Lehrbüchern verankert werden und die Vertriebenen dürften nur ein „ewiges Thema“ kennen: Wie gewinne ich junge Menschen? wurde zugestimmt.

Schwieriger war es mit uneingeschränkter Zustimmung für die Ausführungen von Prof. Dr. Helmut Grieser. Er sprach über ,,Das Reich muss uns doch bleiben. Auf dem Weg zu 40 verlorenen Teilungsjahren (?)“ Seine Behauptungen: ,,Die deutsche Teilung ist hausgemacht.“, „Kurt Schumacher ist der größte Spalter Deutschlands.“ und die von der ,,Luftbrückenlüge“ forderten zu scharfen Nachfragen heraus. Auf Widerspruch stieß seine Feststellung: ,,Es ist eine Prppaganda-Lüge, dass die DDR-Bürger Freiheit wollten. Die wollten nur Wohlstand.“

Faktenreich und informativ war der Vortrag von Dr. Peter Grupp. Er stellte – aus dem gegenwärtigen Urteil der Wissenschaft – „Das europäische Staatensystem des frühen 20. Jahrhunderts bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges“ vor. Seine Feststellung: ,,Die intellektuelle Redlichkeit des Historikers ist gefragt. Er habe nicht Belege für vorgefasste Meinungen zu suchen, sondern die Gesamtheit der Quellen zu nutzen.“ kann als Anspielung auf den am Tag zuvor gehörten Referenten, Gerd Schultze-Rhonhof, verstanden werden.

Gerd Shultze-Rhonhof, dessen Buch ,,Der Krieg, der viele Väter hatte. Der lange Anlauf zum Zweiten Weltkrieg“ jetzt in der 6. erweiterten Auflage vorliegt, sprach – ausgehend von der Entstehungsgeschichte seines Werks – über „1939: Ursachen und Anlass des Krieges, der viele Väter hatte“. Den Zuhörern wurde nebenbei bewusst, dass historische Forschung immer auch eine Gratwanderung zwischen Aktengläubigkeit und dem Erkennen von (Zitat-)Fälschungen ist.

Personen- und geographischen Namen sowie deren Zusammenhänge führte Prof. Dr. Dr. Ulrich Matthée vor der Landkarte Europas an. Sein Vortrag begann mit der Ausgangssituation am Ende des Ersten Weltkriegs, um dann im Detail „Die fünf Pariser Vorortverträge (Versailles, St. Germain, Trianon, Neuilly, Sèvres) in ihrer Auswirkung auf die Neuordnung Europas nach 1919 zu erläutern. Er zeichnete die entscheidenden Entwicklungen des durch die Westmächte erzwungenen „Zwischeneuropa“, das 1939/40 zugrunde ging, deutlich heraus.

Ein Vortrag, der hohe Anforderungen an die Zuhörerschaft stellte, war der von Prof. Dr. Hartmut Kiehling gehaltene Vortrag. Er referierte über „1929 und 2008: Zwei Weltfinanzkrisen im Vergleich“. Sein Vergleich vom finanzanalytischen Standpunkt aus beinhaltete die Voraussetzungen des Booms genauso wie die Voraussetzungen, die zum Crash führten wie schließlich die Möglichkeiten der Bekämpfung des Crash, und die Stellung der Banken als Finanzintermediäre.

Dr. Enno Eimers sorgte mit seinen Ausführungen zu ,,1919: Die Republik von Weimar – Demokratie ohne Demokraten?“ für einen guten Einstieg in das die Tage beherrschende Thema, welches schwerpunktmäßig um die Jahreszahlen 1914 bis 1919, 1929 bis 1939 und 1949 bis1989 kreiste. Alles in allem ein diesmal ganz besonders gelungenes Seminar, von dem die Teilnehmerinnen, unter denen sich auch einige aus Republik Polen und Republik Litauen befanden, viel an Wissen und Erkenntnissen mitnehmen konnten.            Ute Eichler

Foto: Das offene Gespräch beherrschte die Atmosphäre: Luise Kazukauskiene (Vorsitzende der Wolfskinder), Prof. Gilbert Gornig und Dr. Peter Grupp             Bild: privat


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren