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19.12.09 / Differenzierteres Bild entworfen / »Der freundliche Feind«: Ebba Drolshagen über die Wehrmacht in Norwegen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-09 vom 19. Dezember 2009

Differenzierteres Bild entworfen
»Der freundliche Feind«: Ebba Drolshagen über die Wehrmacht in Norwegen

Mit einiger Erwartung dürften manche das neue Buch von Ebba Drolshagen in die Hand nehmen, lässt doch der Titel darauf schließen, dass die Autorin die Wege der politischen Korrektheit verlässt. „Der freundliche Feind – Wehrmachtssoldaten im besetzten Europa“ nennt die Autorin ihr Buch und weicht damit von der Wehrmacht als „marschierendes Schlachthaus“ ab, wie der damalige Bonner Kulturminister Michael Naumann im Gefolge der Anti-Wehrmacht-Ausstellung unsere Soldaten des Zweiten Weltkrieges diffamiert hatte. Schon in den ersten zehn Zeilen dürfte aber mancher versucht sein, das Buch wieder wegzulegen, beruft sich doch Frau Drolshagen ausdrücklich auf Jan Philipp Reemtsmas Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“, obwohl diese wegen massiver Fälschungen schmählich gescheitert war. Und nun soll sie die Grundlage eines Buches sein über das Verhalten der Wehrmacht nach der Besetzung Norwegens und Frankreichs?

Man sollte das Buch aber weiterlesen. Zwar erwähnt Ebba Drolshagen immer wieder positiv Reemtsmas Propaganda-Show, doch führt sie eine Fülle von Fakten an, die den Behauptungen der Reemtsmaschen Ausstellung ebenso widersprechen wie der Aussage des Staatsministers.

Im Zentrum des Buches steht die Besetzung Norwegens; Frankreich wird auch gelegentlich erwähnt ebenso wie die deutsche Besetzung der Sowjetunion. Zwar behält die Autorin, die aus einer deutsch-norwegischen Ehe stammt, die Grundhaltung bei, dass die Deutschen auf der Seite des Bösen stehen, doch widerspricht sie sich selbst durch die ausnahmslos positiven Schilderungen des Verhaltens der deutschen Soldaten. Da sie wie selbstverständlich davon ausgeht, dass die Deutschen an allem schuld sind, hebt sich umso heller das Verhalten der Wehrmachtssoldaten vor dem schwarzen Hintergrund ab. Allerdings sei das eigentliche Motiv des anständigen Benehmens der Soldaten ziemlich tückisch, meint sie: Die oberste Führung habe ihnen vorgeschrieben, sich in Norwegen nicht wie in Feindesland zu benehmen, sondern stets korrekt. Damit sollten die Norweger über die finsteren deutschen Absichten getäuscht werden, die – wie könnte es anders sein – die Weltherrschaft war. Zwar hörte sie von ihren Gewährsleuten, dass sich die Deutschen bemühten, wie „Kavaliere“ aufzutreten, doch hätten das die Landser lediglich aus Berechnung getan, damit die Norweger einen guten Eindruck von den Deutschen gewinnen. So haben die Soldaten nie geplündert, sondern beim Einkaufen stets bezahlt. Den Frauen gegenüber verhielten sie sich – im Gegensatz zu so manchem norwegischen Mann – zuvorkommend; sie hielten ihnen beispielsweise die Tür auf und boten ihnen wohl auch einen Sitzplatz an. Bei Dunkelheit konnten sich Norwegerinnen auf die Straße trauen, ohne Angst vor Übergriffen der Besatzungssoldaten haben zu müssen. Aber natürlich geht das nicht ohne Seitenhiebe ab. So behauptet die Autorin, die Deutschen hätten sich Orangen und Bananen in den Mund gestopft, ohne sie vorher zu schälen, sie hätten sich auf Schokolade dick Butter gestrichen, doch bleibt es dabei: Die Besiegten stellten mit Verblüffung fest, dass sich die Sieger keineswegs so barbarisch aufführten, wie sie es von ihnen befürchtetet hatten. Sie schienen vielmehr in ihrer Mehrzahl ganz normale, ja, ganz angenehme Menschen zu sein. Die große Zahl von Kindern, die aus der Verbindung deutscher Soldaten mit norwegischen Frauen hervorgingen, führt sie nicht auf Vergewaltigungen zurück, sondern auf ganz normale Liebesbeziehungen.

Es gibt skurrile Ansichten, so die, dass das freundliche Entgegenkommen der Deutschen den Norwegern gegenüber nichts war als Rassismus, denn die Deutschen meinten, das norwegische Volk sei dem deutschen verwandt, hätte doch beide germanische Wurzeln.

Heute bemüht sich Frau Drolshagen, den alt gewordenen ehemaligen Soldaten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Sie billigt ihnen zu, dass sie von den weit entfernten deutschen Kriegsverbrechen wohl nichts gewusst haben. Aber sie bleibt, wie es sich heute gehört, unerbittlich: Wenn sie auch nicht schuldig waren, so sollten sie sich zumindest schämen, dass sie damals mitgemacht haben, denn bei allen Freundlichkeiten gegenüber der norwegischen Zivilbevölkerung fühlten sich die deutschen Soldaten „ausnahmslos und vorbehaltlos zutiefst als Deutsche“. Und das muss in der Tat unsere heutigen Zeitgenossen verblüffen.             Hans-Joachim von Leesen

Ebba D. Drolshagen: „Der freundliche Feind – Wehrmachtsoldaten im besetzten Europa“, Droemer, München 2009, gebunden, 348 Seiten, 19,95 Euro


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