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26.12.09 / Die Prägung unseres Landes erhalten / Bayerns Innenminister Joachim Herrmann: Toleranz auf der Basis eines selbstbewussten Christentums

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-09 vom 26. Dezember 2009

Die Prägung unseres Landes erhalten
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann: Toleranz auf der Basis eines selbstbewussten Christentums

Zu den wenigen deutschen Politikern, die Respekt für die Entscheidung der Schweizer in Sachen „Minarette“ erkennen ließen, gehört Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Im Interview mit Konrad Badenheuer erklärt der CSU-Politiker, welche Lehren aus dieser Entscheidung zu ziehen seien und warum er weitere Vorgaben aus Brüssel in der Asylpolitik ablehnt.

PAZ: Sie haben die Entscheidung der Schweizer gegen den Bau neuer Minarette als „Warnsignal“ bezeichnet. Könnte man nicht auch von einem Hoffnungszeichen sprechen, wenn Europäer nicht einfach hinnehmen wollen, dass sich eine mit Demokratie und freiheitlicher Rechtsstaatlichkeit kaum zu vereinbarende Religion ungebremst ausbreitet?

Joachim Herrmann: Wir wollen keine Auseinandersetzung mit dem Islam als solchem, aber wir müssen darauf bestehen, dass wir nur ein solches Islamverständnis akzeptieren können, das mit Grundrechten wie Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und Gleichberechtigung der Frau uneingeschränkt zu vereinbaren ist. Hier dürfen wir uns auf keine Kompromisse einlassen. Auch der Respekt vor den religiösen Überzeugungen der Einheimischen und vor der christlichen Tradition unseres Landes gehört dazu. In diesem Sinne interpretiere ich die Schweizer Entscheidung als Zeichen des Selbstbewusstseins, diese Prägung des eigenen Landes zu erhalten.

PAZ: Würden Sie in diesem Sinne die Entscheidung der Schweizer auch begrüßen?

Herrmann: Ich bin kein Anhänger eines kompletten Verbots von Minaretten, glaube aber auch nicht, dass das der eigentliche Antrieb der Schweizer Entscheidung war, die ich im Übrigen nicht zu kritisieren habe. Ich verstehe sie als ein Zeichen, dass die Menschen mehr Selbstbewusstsein bei der Bewahrung der kulturellen Identität ihres Landes wollen.

PAZ: Islamische Rechtsgelehrte erklären, dass Moscheen keine Minarette benötigen. Sind diejenigen, die angesichts des Schweizer Votums von einer Einschränkung der Religionsfreiheit sprechen, in diesem Punkt womöglich „muslimischer als die Muslime“?

Herrmann: Ich bin kein Islamwissenschaftler. Hier bin ich auch deswegen zurückhaltend, weil ich auch schon Diskussionen in bayerischen Kommunen über Kirchenneubauten erlebt habe, dass dann von Anwohnern gefragt wurde „ob es einen Kirchturm überhaupt braucht“. Da plädiere ich schon für mehr Selbstbewusstsein im Umgang mit christlichen Traditionen...

PAZ: ... auch in der Architektur?

Herrmann: Eindeutig ja! Wir müssen uns − aber das sage ich jetzt als Bürger und nicht in meiner Funktion als Minister − zu unserem christlichen Glauben bekennen. Es gibt hier einen Zusammenhang mit dem unsäglichen Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs gegen Kruzifixe in Schulklassen. Eine Verbannung christlicher Symbole aus dem öffentlichen Raum darf es nicht geben. Das Christentum muss Flagge zeigen und kann auf dieser Grundlage dann auch Toleranz gegenüber anderen Überzeugungen zeigen. Ich denke als positives Beispiel an die neue Synagoge am Münchner Jakobsplatz. Sie setzt einen eigenen Akzent, der sich aber gut einfügt in die Münchner Altstadt.

PAZ: Welche Möglichkeiten haben die Länder, damit bei Moscheebauprojekten die Belange der einheimischen Bevölkerung hinreichend gewahrt werden?

Herrmann: Baurecht ist in Deutschland Bundesrecht, aber die Bebauungsplanung fällt in die Zuständigkeit der Kommunen. In Bayern sind in diesem Bereich auch Bürgerentscheide möglich. Wir haben bei einem bekannten Moscheebauprojekt in München auf einen Bebauungsplan gedrängt. Damit wird sichergestellt, dass die Belange der Anwohner intensiv berücksichtigt werden, weil eben auch ein Bürgerentscheid möglich wäre.

PAZ: Hat die Minarett-Debatte nicht auch eine große Entfremdung zwischen den Eliten und dem Volk, zwischen veröffentlichter und öffentlicher Meinung sichtbar werden lassen?

Herrmann: Ich habe mit Sorge festgestellt, dass sich in Deutschland viele Politiker schnell über das doch mit starker Mehrheit ergangene Schweizer Votum hinweggesetzt haben, so nach dem Motto „Das wäre bei uns nicht möglich!“ Ich weiß auch, dass es bei uns keine Volksentscheide gibt. Aber die Demokratie lebt davon, dass Politiker solche Signale aufnehmen und jedenfalls nicht leichtfertig über die Meinung der Bürger hinweggehen.

PAZ: Thema Afghanistan: Erst seit kurzem entsendet auch Bayern Polizeiausbilder dorthin. Was macht der Freistaat hier anders als die anderen Länder?

Herrmann: Mein Amtsvorgänger Günther Beckstein hat die Einsatzkonzeption von Eupol lange für nicht überzeugend gehalten. Sie ist nun modifiziert worden, hinzu kommt jetzt eine bilaterale Vereinbarung zwischen Deutschland und Afghanistan für die Polizeiausbildung. Jetzt müssen wir solidarisch mit den anderen Ländern und dem Bund sein, die Stabilisierung liegt ja auch im Interesse der Menschen in Deutschland selbst. Der radikale Islamismus ist nach wie vor eine latente Bedrohung der gesamten westlichen Welt. Deutschland ist Gott sei Dank auch im Jahr 2009 bisher von Anschlägen verschont geblieben, aber der Anschlag auf die Bahnstrecke Moskau−St. Petersburg, der offenbar einen islamistischen Hintergrund hatte, liegt erst wenige Wochen zurück.

PAZ: Vor wenigen Tagen hat der Europäische Rat in Stock-holm die engere Zusammenarbeit in der EU bei der Bekämpfung der Schwerkriminalität vereinbart. Auch ein Erfolg Bayerns?

Herrmann: Ganz klar ja! Wir brauchen eine noch engere Zusammenarbeit gerade bei schweren Delikten wie Kinderpronographie, Drogenhandel, Wirtschaftskriminalität und der Bekämpfung mafiaartiger Banden. Hier stellen wir immer öfter internationale Bezüge und grenzüberschreitende Aktivitäten fest. Polizei und Sicherheitsbehörden müssen zumindest gleichziehen, möglichst aber der Kriminalität einen Schritt voraus sein.

PAZ: Wie viel können die Länder hier tun?

Herrmann: Es gibt viele Formen der grenzüberschreitenden Kooperation in diesem Bereich ohne Einschaltung des BKA. Bayern ist hier schon lange sehr aktiv, wir arbeiten eng mit den Polzeibehörden etwa in Österreich, Kroatien, Ungarn und Rumänien zusammen. Hier schöpfen wir im Interesse der Sicherheit der Bürger unsere Spielräume aus, auch nach dem Prinzip „Erlaubt ist, was nicht verboten ist.“

PAZ: Sie haben die Beschlüsse der EU-Minister in Sachen Asylrecht und Zuwanderung aus Drittstaaten kritisiert. Welche Risiken sehen Sie?

Herrmann: Es kann nicht sein, dass sich die EU in diesen Bereichen immer mehr Kompetenzen anmaßt. Nach dem Willen der EU sollten sogar die Sozialleistungen für Asylbewerber angehoben werden durch die Vorgabe, dass Asylbewerber wie einheimische Sozialhilfeempfänger gestellt werden müssen. Das haben wir über die CSU-Europagruppe und die EVP-Fraktion bisher verhindern können und dagegen werden wir uns weiter wenden. Wir dürfen keine Anreize für Zuwanderung in unsere Sozialsysteme schaffen.

Foto: Bayerns Innenminister: Joachim Herrmann.          Bild:  ddp


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