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26.12.09 / Weihnachten in Bethlehem / Mit Prozession und Mitternachtsmesse feiern die Christen am Geburtsort Jesu

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-09 vom 26. Dezember 2009

Weihnachten in Bethlehem
Mit Prozession und Mitternachtsmesse feiern die Christen am Geburtsort Jesu

In jener Stadt, in der Jesus Christus das Licht der Welt erblickte, leben immer weniger seiner Anhänger. Der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis hat den Ort zu einem Kriegsschauplatz gemacht, an dem auch ohne Waffen jeden Tag Machtspiele ausgetragen werden.

Wer heute nach Bethlehem reisen will, hat es ähnlich schwer wie einst Maria und Josef. Nicht eine überfüllte Stadt, sondern eine acht Meter hohe Sperrmauer aus Beton hindert den Verkehr zwischen Jerusalem und dem zehn Kilometer südlich gelegenen Bethlehem. Erinnerungen an das innerdeutsche Sperrsystem kommen nicht nur bei deutschen Reisenden auf. Ein Graffito auf der Mauer spricht von „Santas Ghetto“, womit sarkastisch auf das Eingesperrtsein der Palästinenser hingewiesen wird.

In den Adventstagen finden Touristen und Pilger in Bethlehem nahezu keine Romantik. Wenig erinnert an das bevorstehende Fest. Verloren stehen ein paar zwei bis drei Meter hohe, aufblasbare Weihnachtsmänner herum. Nur noch wenige Christen leben hier; viele sind ausgewandert, seit die Stadt unter palästinensischer Verwaltung steht.

Hölzerne Souvenirs aus Olivenholz warten vergeblich auf Käufer. Die geschnitzten Kreuze oder Krippen des palästinensischen Holzschnitzer Tawfiq Salsaa stauben langsam ein. Die Pilger kommen meist in großen Bussen, steigen nur kurz vor der Geburtskirche aus und sind bald wieder verschwunden. Fürs Einkaufen und Bummeln bleibt keine Zeit. Allein schon aus Sicherheitsgründen verzichten viele auf einen längeren Aufenthalt. Die Hotels klagen über leere Betten.

Die Geburtskirche gilt als eine der ältesten Bauten der Christenheit. Sie entstand zu Beginn des vierten Jahrhunderts noch unter Kaiser Konstantin, vollendet im Jahr 334.

Im Inneren der Kirche sieht man Gläubige vor einer Ikone der Jungfrau Maria beten. Pilger küssen die Ikone oder entzünden eine Kerze aus Bienenwachs. In der dunklen Geburtsgrotte, die nur vom flackernden Kerzenlicht erhellt wird, knien Priester und Gläubige verschiedener Konfessionen vor dem Platz, wo Jesus geboren wurde. Ein roter Vorhang umrahmt den heiligen Platz, der mit einem silbernen Stern gekennzeichnet ist.

Der prominenteste Besucher in diesem Jahr war Papst Benedikt, der es sich trotz vieler Behinderungen von israelischer Seite nicht nehmen ließ, nach Bethlehem zu kommen.

Aber auch die Palästinenser machten dem Papst das Leben nicht leicht. Sie wollten den Gottesdienst mit dem Heiligen Vater am liebsten direkt vor der israelischen Sperrmauer stattfinden lassen, um der Welt auf diese Weise ein Zeichen des Protestes zu senden. Darauf ließen sich die Israelis nicht ein, und so blieb es bei dem Platz vor der Geburtskirche.

Die Weihnachtsfeierlichkeiten in Bethlehem werden in diesem Jahr ähnlich wie im letzten verlaufen. Am Nachmittag des Heiligen Abends wird der lateinische Patriarch Jerusalems, Erzbischof Fouad Twal, die große Prozession zur Geburtskirche anführen. Er beklagte letztes Jahr das „Ausbluten der Christen“ unter jüdischer wie palästinensischer Verwaltung. An der Mitternachtsmesse wird auch der palästinensische Präsident Mahmud Abbas teilnehmen, der bekanntlich Moslem ist und auf diese Weise ein versöhnliches Zeichen sendet.       HEB

Foto: Nur noch wenige einheimische, arabische Christen halten in Bethlehem das Kreuz hoch: Der Erzbischof von Jerusalem spricht vom „Ausbluten der Christen“.           Bild: Getty

 

Zeitzeugen

Peter Seewald – Der Journalist trat im Zuge der 68er Bewegung als überzeugter Kommunist 1973 aus der Kirche aus und arbeitete für linke Zeitungen. Nach seinen Interviews mit dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger im Jahre 1996 im italienischen Benediktiner-Kloster Monte Cassino fand er neu zum Glauben an Jesus Christus.

 

Kaiser Augustus – Der Kaiser, dessen Name am Anfang der Weihnachtsgeschichte steht und in allen Kirchen vorgelesen wird, hat mehrere Volkszählungen veranlasst. Das war bei den Römern regelmäßig üblich und wegen des enormen Finanzbedarfes des Staates notwendig: Die Steuerlisten basierten auf den Zählungen. Leider kennt man nicht das Jahr der im Lukas-Evangelium erwähnten Volkszählung.

 

Albert Schweitzer – Der Arzt, Theologe und Nobelpreisträger (1875− 1965) war nach dem Desaster der „Leben-Jesu-Forschung“ des 19. Jahrhunderts pessimistisch. Man könne fast nichts über den historischen Jesus wissen. Heute sehen Forscher das wieder optimistischer. Durch Ausgrabungen, neu gefundene Papyri und andere Quellen bestätigen sich die biblischen Berichte. Deswegen gelten die Berichte in den Evangelien heute wieder als viel glaubwürdiger als vor 100 Jahren.

 

Klaus Berger – Anders als viele seiner Kollegen will der bekannte Theologieprofessor aus Heidelberg die Bibel nicht umschreiben. Neueste Forschungen aus der angelsächsischen Welt bestätigen auch die Autorenschaft der vier Evangelisten und die These der Frühdatierung der Evangelien. Sie besagt, dass alle vier Evangelien, auch das des Johannes, vor dem Jahr 70, dem Fall Jerusalems, aufgezeichnet wurden.

 

Papst Benedikt – Im Mai reihte sich auch Papst Benedikt (*1927) in die Schar der über 1,5 Millionen Pilger ein, die Bethlehem in diesem Jahr besucht haben. Er feierte auf dem Platz vor der Geburtskirche einen Gottesdienst, der von vielen Tausend Gläubigen besucht wurde. Im Jahr 2007 erschien der erste Band seines Weltbestseller „Jesus von Nazareth“. Im Kapitel über die Geburt Jesu erklärt Benedikt die „Menschwerdung“ Gottes.


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