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26.12.09 / Friedrich über alles? / Adolph Menzel war mehr als der Preußenmaler schlechthin – Kritischer Beobachter seiner Zeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-09 vom 26. Dezember 2009

Friedrich über alles?
Adolph Menzel war mehr als der Preußenmaler schlechthin – Kritischer Beobachter seiner Zeit

Fachleute nennen den 1815 in Breslau geborenen Adolph Menzel einen genauen Beobachter der Gegenwart und einen Chronisten der Vergangenheit. Erst spät erkannte man, dass er mehr war als „nur“ ein Preußenmaler.

Nichts war sicher vor seinem Zeichenstift, vor seinem Pinsel. Im Mantel des Künstlers befanden sich mehrere Taschen für die verschiedenen Skizzenblöcke sowie die weichen und harten Stifte. Den Augenblick wollte er festhalten, die kleine Geste, die kleine, zunächst unscheinbare Szene. Entstanden sind Meisterwerke, die ihresgleichen suchen. Mit den Illustrationen zu den „Denkwürdigkeiten aus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte“ hatte sich Adolph Menzel 1834 zum ersten Mal einem seiner späteren Hauptthemen zugewandt. Der Kunsthistoriker Franz Kugler wurde auf den jungen Mann aufmerksam und empfahl ihn als Illustrator für die „Geschichte Friedrichs des Großen“. Nicht zuletzt durch diese Holzstiche Menzels, die einen volkstümlichen König zeigen, wurde dieses Buch zu einem Volksbuch. Gottfried Schadow, der greise Direktor der Berliner Akademie, kritisierte nach Erscheinen der ersten Lieferung von Menzels Illustrationen die Arbeit allerdings mit unsachlich scharfen Worten. Doch der Künstler ließ sich nicht beirren. Anfang September 1840 schrieb er an seinen Freund Carl Heinrich Arnold: „Aber trotz all diesem Ärger, Friedrich über alles! Mich hat nicht bald so was ergriffen. Der Stoff ist so reich, so interessant, so großartig...so malerisch, dass ich bloß einmal so glücklich werden möchte, aus dieser Zeit einen Zyklus großer historischer Bilder malen zu können.“ Doch nicht immer war er zufrieden mit seiner Arbeit. So monierte er 1905 bei einem seiner berühmtesten Gemälde „Flötenkonzert von Sanssouci“ die Haltung Friedrichs des Großen: „Der König steht da wie ein Kommis, der sonntags Muttern was vorflötet…Überhaupt habe ich’s bloß gemalt des Kronleuchters wegen. In der ,Tafelrunde‘ brennt er nicht – hier brennt er. Manchmal reut’s mich, dass ich’s gemalt habe; enfin bestand die Hälfte meines Lebens aus Reue!“

Einblicke in die Gedankenwelt des unermüdlich tätigen Künstlers finden sich in seinen Briefen, die jetzt vom Deutschen Kunstverlag in vier Bänden herausgegeben wurden. Wenn sie für den Laien auch nicht flüssig zu lesen sind – zu viel wird vorausgesetzt – so spiegelt sich doch „ein kaleidoskopisches Bild des Jahrhunderts (Marie Ursula Riemann-Reyher).

Als Adolph Menzel am 9. Februar 1905 starb, war er der Preußenmaler schlechthin. Er selbst sah sich als geistiger Schüler des Danzigers Daniel Nikolaus Chodowiecki (1726–1801). Noch vor Menzel hatte der in vielen Einzelblättern und Bildfolgen Motive aus der damals noch jungen preußischen Monarchie geliefert. Seine Darstellung „Friedrichs II. Wachtparade in Potsdam“ regte viele Maler zur Nachahmung an, in dieser Gestalt lebte das Bild des Herrschers im Herzen seines Volkes fort. Der König selbst nahm kaum Notiz von dem bedeutendsten Illustrator der Epoche. Nur einmal empfing er ihn zur Audienz. 1859 schuf Menzel sein größtes Porträt mit dem Bildnis des Danziger Kollegen Chodowiecki auf der Berliner Jannowitzbrücke. Es war für das Lokal des Vereins Berliner Künstler bestimmt, als Dank für ein Fest, das der Verein 1856 in der Akademieausstellung zur Präsentation von Menzels Bild „Friedrich und die Seinen in der Schlacht bei Hochkirch“ ausgerichtet hatte. „Der Beobachter und Realist Menzel malt den Beobachter und Realisten Chodowiecki, der auf diese Weise die für beide verpflichtende Kunstauffassung programmatisch verkörpert – eine unübersehbare Mahnung für die Berliner Künstler“, erläutert Jens Christian Jensen im Bestandskatalog der Sammlung Dr.-Georg-Schäfer-Stiftung, zu der das Gemälde gehört.

Lange Jahre wurde Menzel, der 1898 als einziger Künstler mit dem höchsten preußischen Orden, dem 1701 in Königsberg gestifteten Schwarzen Adlerorden, ausgezeichnet wurde, „nur“ als Maler der preußischen Geschichte angesehen; erst später erkannte man, dass der große Künstler ein genauer Beobachter, ein Schilderer seiner Zeit war, ein kritischer Zeitgenosse auch, der das bürgerliche Leben ebenso darstellte wie das höfische. Historienbilder gehören gleichermaßen zu seinem Schaffen wie zeitgenössische Schilderungen des Großstadtlebens und der Arbeitswelt. Nicht zuletzt durch diese Werke wurde Menzel zu einem Wegbereiter der Moderne.     Silke Osman

Claude Keisch und Marie Ursula Riemann-Reyher (Hrsg.): „Adolph Menzel Briefe“, Deutscher Kunstverlag, Berlin 2009, vier Bände, 1784 Seiten, etwa 344 schwarzweiße Abbildungen, gebunden, 148 Euro

Foto: Adolph Menzel: Chodowiecki auf der Jannowitzbrücke in Berlin 1859. Menzel malte die Porträtfigur in Lebensgröße für den 1841 gegründeten Verein Berliner Künstler.      Bild: Sammlung Dr.-Georg-Schäfer-Stiftung


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