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09.01.10 / Größte Sportanlage Europas / An Königsbergs Stadtrand wurde der Mehrzweck-Komplex »Jantarnyi« (Bernstein) eröffnet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-10 vom 09. Januar 2010

Größte Sportanlage Europas
An Königsbergs Stadtrand wurde der Mehrzweck-Komplex »Jantarnyi« (Bernstein) eröffnet

Im kleinen Neubauviertel Selma am nördlichen Stadtrand von Königsberg wurde nach dem Vorbild des Kasaner Sportpalasts ein riesiger Komplex mit dem Namen „Jantarnyj“ (Bernstein) errichtet. Angeblich handelt es sich um die größte Sportanlage Europas.

Für die Eröffnungsfeier wurde Premierminister Waldimir Putin erwartet, der den Anstoß für den Bau des Sportpalasts gegeben hatte. Abgeordnete von Stadt- und Gebietsduma sowie Journalisten und Personen des öffentlichen Lebens hatten sich bereits versammelt und warteten ungeduldig auf Putin. Die Zeit verging, doch der Premier tauchte nicht auf. Da sie nicht länger warten wollten, verließen sie den Sportkomplex. Putin erschien erst gegen Ende des Volleyballturniers, blieb eine Weile, schaute sich das Spiel an und fuhr wieder ab.

Der Prototyp für den „Jantarnyj“-Palast ist der anlässlich der 1000-Jahrfeier der tatarischen Hauptstadt Kasan erbaute Sportkomplex. Doch wie so oft, wurde schon kurz nach Baubeginn deutlich, dass der Kasaner Sportpalast nicht den geplanten Königsberger Ansprüchen genügen würde. Denn dieser Bau hätte nicht für Ostpreußen gepasst: Erstens hatte die Anlage in Kasan, rund 1000 Kilometer östlich von Moskau, wegen der andersartigen Klimabedingung keine Klimatisierung und zweitens wäre in Königsberg ein höherer Sockel notwendig, um Überschwemmungen vorzubeugen. In Kasan drang schon kurz nach Baubeginn ständig Wasser in den Keller des Gebäudes ein.

Im Ergebnis unterscheidet sich der Königsberger Sportpalast nun erheblich von seinem ursprünglichen Vorbild: Seine Arena ist wesentlich größer und der Sockel wurde oberirdisch errichtet.

Für große Aufführungen steht eine fahrbare Bühne zur Verfügung, die sich auf der selben Ebene wie das Volleyballfeld befindet. Über einem Konzertsaal sind auf beiden Seiten Videobildschirme angebracht. Das Gebäude hat die Form eines langgezogenen Achtecks. Der Sportkomplex besteht aus zwei Teilen. Im Hauptgebäude ist die größte Sporthalle mit über 7000 Sitzplätzen untergebracht. Daneben gibt es einen zweiten Gebäudeteil, in dem Trainingshallen liegen, die zudem Platz für 500 Zuschauer bieten. Von allen Seiten gibt es Zugänge zum Sportpalast. Außer den Hauptsportfeldern befinden sich in dem Gebäude auch Felder für Mini-Fußball, drei Volleyballplätze, Trainingssäle und eine medizinische Notfallstation. Die Anlage kann auch für andere Sportarten genutzt werden wie Basketball.

Es heißt, dass der neue Sportpalast den Forderungen der Internationalen Volleyball-Vereinigung entspricht und dass theoretisch Meisterschaften aller Arten dort stattfinden könnten, darunter auch olympische. Die Projektleiter erklärten immer wieder, dass dies der größte und modernste Sportkomplex in der Russischen Föderation und in ganz Europa sei.

In der Bevölkerung ist die Gigantomanie indes umstritten. Es kam die Frage auf, was für Feste wohl in dem Gebäude stattfinden sollen, die 7000 Zuschauer anlocken würden. Für die Region ist das eine nie dagewesene Größe. Die Arena des Sportpalasts kann für jede Art von Massenveranstaltung genutzt werden, auch für Unterhaltungsshows und Konzerte. Damit rechnet die Gebietsregierung auch in der Hoffnung, dass sich die Ausgaben für den Bau in Höhe von 1,4 Milliarden Rubel (rund 32 Millionen Euro) amortisieren werden. 850 Millionen Rubel (knapp 20 Millionen Euro) kamen aus dem Haushalt der Russischen Föderation, der Anteil des Gebiets betrug 250 Millionen Rubel (5,8 Millionen Euro) und weitere 340 Millionen Rubel (7,8 Millionen Euro) investierte die private Baufirma „Muradin“.

Für den Bau neuer Einkaufszentren finden sich in Königsberg immer wieder die besten Plätze im Zentrum der Stadt, der Sportkomplex hingegen wurde an den Stadtrand gelegt. Um dorthin zu gelangen, muss man lange Staus in Kauf nehmen, was kaum dazu beitragen wird, dass die Menschen den Wunsch verspüren werden, häufiger dorthin zu fahren. Vor allem für die Bewohner aus weiter entfernten Stadtteilen wird das so sein. Im Stadtzentrum verfällt derweil das Stadion „Baltika“ (ehemals Königsberg-Stadion am Walter-Simon-Platz), das zunehmend das Interesse von Bauinvestoren anzieht, die dort ein Luxuswohnviertel errichten möchten.

Für Kinder und Jugendliche stünde dann ein gut erreichbarer Ort weniger zur Verfügung, an dem sie Sport treiben können.

Jurij Tschernyschew

Foto: „Jantarnyi“: Das Vorbild steht in der Hauptstadt der russischen Republik Tatarstan. Bild: Tschernyschew


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