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09.01.10 / Vom Gottesstaat einverleibt / Autorin zeichnet anhand der Biographie einer nomadischen Fürstentochter die politische Entwicklung des Irans nach

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-10 vom 09. Januar 2010

Vom Gottesstaat einverleibt
Autorin zeichnet anhand der Biographie einer nomadischen Fürstentochter die politische Entwicklung des Irans nach

Seit den Präsidentschaftswahlen im Juni 2009 kommt es im Iran immer wieder zu öffentlichen Protesten und blutigen Straßenschlachten, da das Volk den wiedergewählten Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad des Wahlbetruges beschuldigt. Jedoch sorgt der Iran ja nicht erst seit Sommer des letzten Jahres für Negativ-Schlagzeilen. Seit Jahrzehnten ist die politische Lage im Land angespannt und aufgrund der stark gefilterten Nachrichten dringt sicher nicht immer alles über die Grenzen des Iran hinaus.

Die Autorin Anne Ameri-Siemens geht in ihrem Buch „Auf bald, Teheran“ zeitlich zurück bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts und erzählt die Lebensgeschichte der Fürstentochter Azar, einer Kaschgai, einer Angehörigen des Stammesverbandes eines im Süden Persiens lebenden Nomadenvolkes.

„Die Geschichte dieses Buch beginnt mit einer einfachen Frage: ,Was hat Sie nach Deutschland gebracht?‘ Schon in dem Augenblick, in dem ich sie Azar Ghashghai stellte, dachte ich: Herrje, hätte dir nicht etwas Besseres einfallen können? … Ich hatte Azar Ghashghai zufällig bei einem Abendessen kennengelernt, wir kamen ins Gespräch – und am Ende des Abends war ich dann doch froh, sie genau gefragt zu haben. Azars Erzählungen machten mir deutlich, woher der Freiheitswille der Iraner kommt, und zugleich erfuhr ich eine Lebensgeschichte, deren Ereignisse auch für zwei Leben reichen würden.“

Die Autorin berichtet vom aussichtlosen und gefahrvollen Kampf von Azars Familie gegen Korruption und Willkürherrschaft für die Unabhängigkeit des Landes von ausländischen Mächten. Als die Fürstentochter es ablehnt, Schah Mohammad Reza Pahlavi zu ehelichen, ist das Schicksal des Nomadenstammes des Kaschgai besiegelt. Doch auch nach dem Sturz des Schahs durch die islamische Revolution 1979 bessert sich die Situation von Azars Familie nicht, sondern verschärft sich im Gegenteil noch im von Khomeini geschaffenen Gottesstaat.

Wenn man sich die Schilderung der Autorin über die Mentalität der selbstständigen Kaschgai-Frauen mit dem gewünschten Frauenbild des Mullah-Regimes vergleicht, so wird deutlich, dass das traditionelle Nomadenvolk sich den politischen Neuerungen nicht anpassen konnte und wollte.

„Viele Menschen haben heute, wenn sie an den Iran denken, in dunkle Gewänder gehüllte Frauen mit bedeckten Haaren vor Augen. Unsere Tracht ist das Gegenteil davon: Sie besteht aus mehreren bunten Unterröcken, die übereinander gestreift werden, darüber kommt ein Überkleid mit langen Ärmeln, dessen Rock an beiden Seiten geschlitzt ist. So blitzt der oberste Unterrock hervor. Das Kleid mit all den Röcken darunter schwingt weit, ähnlich wie ein Petticoat. Über den Haaren wird ein leichtes Tuch gebunden und mit einer Spange befestigt. Die Kleider gibt es in allen Farben. Sie sind über und über bestickt mit goldenen Plättchen, die den endlosen Festen ein unvergessliches Funkeln verliehen.“

Die 1974 geborene Journalistin Anne Ameri-Siemens erhielt 2007 für ihr Buch „Für die RAF war es das System, für mich der Vater – die andere Geschichte des deutschen Terrorismus“ den internationalen Buchpreis „Corine“. In ihrem neuen Buch „Auf bald, Teheran“ berichtet sie, die sich auch aufgrund ihrer Promotion in Politischen Wissenschaften bestens auf diesem Gebiet auskennt, von der politischen Historie des Iran, der Heimat ihres Ehemannes.

„Auf bald, Teheran“ ist somit nicht nur ein sehr spannendes Buch, das sich teilweise allerdings nicht wie eine Lebensgeschichte, sondern mehr wie ein Politthriller liest, sondern auch ein höchst informatives, welches uns die aktuellen Geschehnisse im Iran in Zusammenhang mit der politischen Historie des Landes besser verstehen lässt. A. Ney

Anne Ameri-Siemens: „Auf bald, Teheran – Die Fürstentochter Azar und der Kampf für die Freiheit im Iran“, Piper Verlag, München 2009, geb., 280 Seiten, 19,95 Euro


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