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16.01.2010 / Ein Hafen für Eldorado / Der Konquistador Francesco Pizarro gründete vor 475 Jahren Perus Hauptstadt Lima

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-10 vom 16. Januar 2010

Ein Hafen für Eldorado
Der Konquistador Francesco Pizarro gründete vor 475 Jahren Perus Hauptstadt Lima

Francisco Pizarro, der spanische Eroberer, hatte ein Transportproblem: Die von ihm erbeuteten Gold- und Silberschätze der Inkas waren so groß, dass er einen Hafen brauchte, um sie nach Spanien zu verschiffen. Cusco aber, die von ihm 1533 eroberte alte Hauptstadt der Inkas, lag fern dem Meer in 3330 Meter Höhe inmitten der Anden. Deshalb gründete der Konquistador am 18. Januar 1535 Lima, das durch den Río Rímac mit dem nahe gelegenen Pazifischen Ozean verbunden ist.

Cusco war eine wunderbare Stadt, auch nach den Maßstäben der spanischen Eroberer. 200000 Menschen lebten in ihr, die Häuser waren aus Stein gefügt und überaus kunstvoll bunt bemalt. Vor allem aber war sie voller Gold und Silber. Der Augustinermönch Celso Gargia, der sich als „Heidenbekehrer“ dem Eroberer Pizarro angeschlossen hatte, berichtete über den immensen Reichtum der Inkas: Der Rasen in den Gärten rund um den Sonnentempel sei von Silber, die Pflanzen und die Bäume von reinem Gold gefertigt gewesen. Ebenso Lamas in Lebensgröße und zwölf Frauen, ebenfalls in Lebensgröße. Sich in den Besitz dieser Schätze zu bringen, dazu benötigte Pizarro nicht lange.
Nur wenige Stücke davon wurden für Wert befunden, im Original an die spanische Krone geliefert zu werden. Der allergrößte Teil wurde eingeschmolzen und entweder für den Transport nach Spanien bestimmt oder an Pizarros Mannen verteilt. Jeder bekam überreichlich. „In Cusco befand sich so viel Gold, dass man damit die Bäuche zweier großer Schiffe hätte füllen können.“ Allein, die Schiffe lagen weit weg, der Weg dorthin war mühevoll und gefährlich, auch wenn die Inkas die Anden durch Straßen erschlossen hatten. Allerdings waren diese Pfade für flinke Läufer und Lamas angelegt, nicht für spanische Krieger in schwerer Rüstung und ihre schweren Pferde.

Das waren die Gründe, die Pizarro nach der Eroberung der Hauptstadt der Inkas im November 1533 nach einer günstiger gelegenen Hauptstadt suchen ließen. Er prüfte mehrere Möglichkeiten und entschied sich schließlich für die alte indianische Ansiedlung Rímac, die am gleichnamigen Fluss nahe dem Meer lag. Sie bestand nur aus wenigen Hütten und einem wegen seines Orakels bekannten Tempel. Der Augustinermönch Celso Gargia begründet die Wahl dieses Ortes als Zeitzeuge: „Das Klima war angenehm, Winde, die vom Stillen Meer kamen oder von den eisigen Gipfeln der Berge herab wehten, milderten die Hitze. Außerdem war die Verbindung mit den anderen Landesteilen bequem, so dass man stets ein Auge auf die indianischen Untertanen haben konnte.“

Und weiter schreibt der Mönch über die Stadtgründung: „Der Grundstein zu der neuen Hauptstadt wurde am 6. Januar 1535 gelegt, also am Tag des Dreikönigsfestes. Den Königen zu Ehren erhielt die Stadt den Namen Ciudad de los Reyes. Doch der kastilianische Name wurde wenig verwendet. Die Spanier verdrehten Rímac in Lima.“ Für diese Deutung des Namens spricht die Tatsache, dass sich an diesem Ort ein Orakel befand und dass in der Sprache der Quechua „Rímac“ gleichbedeutend mit „Sprecher“ ist.

Pizarro, der Eroberer, wurde nun zum Stadtplaner und Baumeister. Den Grundriss für die neue Stadt entwarf er selbst. „Sie sollte“, schreibt der Augustinermönch Celso Gargia, „sehr breite, vollkommen gerade Straßen haben, die einander im rechten Winkel schnitten, und die Häuser sollten voneinander so weit entfernt sein, dass Platz für Gärten blieb. Auch an die Wasserversorgung dachte Pizarro. Er gab den Auftrag, das Wasser des Stromes in steinernen Röhren zumindest in die Hauptstraßen zu leiten. … Und an die Stelle des heidnischen Tempels sollte ein Nonnenkloster treten. Pizarro hoffte, dass nun auch Nonnen nach Peru kommen würden und außer ihnen Kastilianerinnen, die dafür sorgten, dass sich die Bevölkerung des Landes vermehrte.“

So ist aus Francisco Pizarro, dem Sohn eines verarmten Landedelmanns und einer Magd aus der Gegend von Trujillo, ein Stadtgründer geworden. Als Junge hütete er Schweine, als Mann träumte er davon, das sagenhafte Goldland Eldorado zu entdecken und zu erobern. Mehrfach machte er einen Anlauf dazu – und scheiterte. Sein letzter Aufbruch wurde von Karl V. abgesegnet, dem Pizarro vom Goldland Eldorado berichtet hatte. Allerdings: Mehr als Empfehlungen und gute Worte erhielt Pizarro bei Hofe nicht. Mit 180 Abenteurern und 27 Pferden brach er 1531 ein weiteres Mal auf, um ein Reich zu erobern, das von Ecuador bis nach Chile reichte. Aber von den Ausmaßen wusste er nichts. Er war auf der Jagd nach einem sagenhaften Goldschatz. Er fand und eroberte ihn – und wurde Vize-König von Neu-Kastilien, wie Peru fortan heißen sollte.

Während seine Stadt Lima durch ständigen Zuzug wuchs, kümmerte sich Pizarro vornehmlich um die Bergwerke, aus denen Silber und Gold gewonnen wurden. Die Silberausbeute in Peru war so reichlich, dass die Preise für das Edelmetall in Europa rapide verfielen, nur für Gold blieben sie stabil.

Doch aus Eroberungen, aus Silber und Gold wachsen stets Neid und Eifersucht. Ehemalige Kampfgefährten fühlten sich um ihre Beute geprellt, es kam zur Verschwörung gegen Pizarro. Am 26. Juni 1541 wurde er in seinem Palast in Lima von den Verschwörern erschlagen.

Die von Pizarro gegründete Stadt ist inzwischen zur Zehn-Millionen-Metropole geworden. Sie zählt zu den besseren Adressen in Südamerika. Dennoch, das einst gepriesene milde Klima erstickt im Smog eines chaotischen Verkehrs, verstärkt durch einen manchmal über Monate über der Stadt liegenden Nebel. Die grauen Tage sind dann lang im Lima und nur mit einer stabilen Psyche zu ertragen. Der Zuschnitt der Straßen aber, der ist noch exakt wie zu Zeiten Pizarros. Und in den besseren Teilen der Stadt sind die Häuser auch in der Innenstadt noch von einem kleinen Garten umgeben, so, wie es der Stadtgründer geplant hatte.            Klaus J. Groth


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