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16.01.2010 / Ein Brückenbauer / Nachruf auf Hans-Ulrich Karalus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-10 vom 16. Januar 2010

Ein Brückenbauer
Nachruf auf Hans-Ulrich Karalus

Hans-Ulrich Karalus ist aufgewachsen in dem landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern. In Insterburg besuchte er eine Landwirtschaftsschule. Dann begann der Krieg. Sein einziger Bruder fiel 1941 in Estland. Er selbst kam als junger Soldat zu einer Reitereinheit, aus der er nach Kriegsende nach Württemberg entlassen wurde. So blieben ihm Flucht und Vertreibung erspart, im Gegensatz zu seinen Eltern und vielen anderen Landsleuten.

Er bildete sich weiter zum Landwirtschaftsmeister und Agraringenieur. Danach arbeitete er als Gutsverwalter und zuletzt als Gutsinspektor. 1951 heiratete er seine Frau Lore; drei Söhne wurden geboren. Als bewusster Christ arbeitete Hans-Ulirch Karalus 24 Jahre mit im Kirchenvorstand seiner Heimatgemeinde, außerdem auch zwei Wahlperioden in der Landessynode. Seit 1952 engagierte er sich im Bund der Vertriebenen (BdV). 1985 gründete er den Verein „Landsmannschaft der Ostseedeutschen“; für humanitäre Hilfe, daraus entstand durch seine Initiative die „Partnerschaft Ostpreußen e. V.“. Mit der „Ostpreußischen Tafel“ organisierte er immer wieder in guten Hotels Vorträge mit sachkundigen Referenten. Dadurch konnte er viele Menschen aus Politik, Gesellschaft und Kirche für einen großen Förderkreis gewinnen.

Als 1991 die UdSSR zerbrach, wurden auch wieder Reisen in das nördliche Ostpreußen möglich. Auch Hans-Ulrich Karalus nutzte diese Gelegenheit. Er wurde dort tief getroffen von den verkommenen landwirtschaftlichen Verhältnissen und der Not leidenden Bevölkerung, vornehmlich im ländlichen Bereich. Im Rahmen seiner Möglichkeiten wollte er den Menschen helfen, die heute in seiner Heimat leben. Bald organisierte er deshalb in großem Umfang Hilfstransporte, unter anderem mit Lebensmitteln, Kleidung, Schuhen, Möbeln und Fahrräder.

Mit 57 Jahren bekam er schwere gesundheitliche Probleme und ging daher 1980 vorzeitig in den Ruhestand. Schwer traf ihn auch 1995 der plötzliche Herztod seiner Frau. Doch in diesem Jahr kam die Anfrage aus der Kaliningrader Propstei, ob er bei dem Aufbau einer Schreinerei helfen könne. Da begriff er, dass er weiter helfen musste. Als er kurz darauf aus Bonn die Nachricht erhielt, dass ein Schreinermeister seinen Betrieb aus Altersgründen zu äußerst günstigen Konditionen aufgeben wolle, verstand er dies als eine göttliche Fügung. In einem großen Kuhstall einer früheren Kolchose entstand bald in Mauern (Lomonossowka) eine Schreinerei, in der zeitweilig über 20 Leute beschäftigt wurden. Dort wurden zudem drei Wohnhäuser gebaut. Durch die Pacht umliegender guter Agrarflächen wollte Karalus neben der Schreinerei dem Betrieb ein zweites Standbein geben. Nach und nach konnten 200 Hektar Land gepachtet werden. Mit Hilfe aus der Bundesrepublik Deutschland kam für diesen Bereich auch eine weitflächige Entwässerung in Gang. Karalus war fest überzeugt, dass die entscheidenden Werte für Glauben und Leben aus dem Worte Gottes kommen. Darum wollte er seiner Initiative ein evangelisches Gemeindehaus hinzufügen.

Unter der Leitung eines Architekten aus Süddeutschland entstand mit Hilfe des Fördervereins auf dem Betriebsgelände ein neues Gemeindehaus für die große Landgemeinde Saransk. Bisher hatte sich die russlanddeutsche Gemeinde in einem armseligen „Kulturhaus“ getroffen. Zu mancherlei Problemen zeigte sich, dass der Geschäftsführer der Schreinerei mehr und mehr zum Alkoholiker wurde. Diese Tatsache hat das Unternehmen stark beeinträchtigt. Zeitweilig gab es Stillstand im Betrieb. Mit einem anderen Meister läuft die Schreinerei reduziert weiter. Der Pachtvertrag der Landwirtschaft musste aufgelöst werden.

Dies alles hat Hans-Ulrich Karalus sehr zu schaffen gemacht. Doch wurde noch 2008 ein Partnerschaftsvertrag mit dem Rayon Poljessk (Labiau) und dem deutschen Kreis Weinstraße geschlossen. Noch offen ist die Überlegung, wie im Gemeindehaus Lomonossowka ein Raum für soziale Zwecke genutzt werden kann. Der große Einsatz von Hans-Ulrich Karalus für seine ostpreuß-ischen Heimat hat sichtbare Zeichen der Versöhnung zwischen Russen und Deutschen gesetzt. Dabei wollte er nicht nur kurzfristige Hilfe bringen, sondern möglichst langfristig „Hilfe zur Selbsthilfe“ geben.

Viele Menschen werden sich dankbar an Hans-Ulrich Karalus erinnern und seine Lebensleistung nicht vergessen.             Erhard Wolfram

Foto: Geboren 12. August 1923 – gestorben 18. Dezember 2009


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