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16.01.2010 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-10 vom 16. Januar 2010

Edel und gut / Warum es Margot Käßmann in den 80ern so gut gefällt, was der Nacktscanner so alles anrichtet, und wie man Leere mit Leere füllt
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Wer die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte, der konnte es jetzt tun: Heiß erwartet hatten wir den ersten öffentlichen Rede-Auftritt der Kanzlerin seit Weihnachten. Nun sollte es endlich fallen, das Machtwort, das dem chaotischen Gegockel in der Koalition ein bravouröses Ende setzen sollte.

Dann das: Angela Merkel kam, sah und redete – über Frösche. Genauer gesagt, über den australischen Magenbrüterfrosch, der leider ausgestorben sei. Schade, das arme Tier. Aber was will uns die CDU-Chefin damit sagen? Dass ihr das alles „quak“ ist, was da aus dem schwarz-gelben Debattentümpel schallt? Dass ihr die zankenden Koalitionszerreder mal im Röhricht begegnen können? Das schwarze Orakel von Berlin lässt uns ratlos zurück.

Dabei ist guter Rat so wichtig in unübersichtlichen Zeiten. Und sind die Zeiten nicht immer unübersichtlich? Nein, nicht immer, zumindest nicht für jeden. Für Margot Käßmann war in den 80er Jahren noch alles klar: Hier die Friedensfreunde, deren Gewissen rein war, und dort die Kriegstreiber und Hochrüster, die gar kein Gewissen hatten.

Wie in einem schönen Traum hatte sie sich in diese wunderbare Epoche eingekuschelt. Ihre 80er gingen in eine 20-jährige Verlängerung, bis üble Kerle sie am        2. Januar 2010 ruppig aus dem Bett warfen. Zu Neujahr hatte sie mal wieder so eine 80er-Jahre-Rede gehalten, die proppenvoll war von den atemberaubenden Einsichten jener Friedensbewegung, die diese Dekade geprägt hatte, nämlich: Frieden ist besser als Krieg, gut ist besser als böse und manche Kanzelrede ist banaler, als die Polizei erlaubt.

Das schönste an den 80ern war, dass alles so herrlich theoretisch blieb. Deutschland war ja nirgends im Krieg, weshalb niemandes Moral auf die reale Probe gestellt wurde. Wer groß rauskommen wollte im Chor der Oberguten, der musste nur darauf achten, die anderen mit seinen hypermoralischen Blähungen noch zu übertrumpfen. Da war dann die Knallkorkenpistole in den Händen des vierjährigen Nachbarssohnes schnell als militaristische Kindesseelenzerstörung entlarvt. Die ruchlosen Erziehungsberechtigten konnten wir, von gutmenschlich-sadistischem Eifer befeuert, dafür in grässliche Gewissensnöte drängen und den ahnungslosen Kleinen in einen pädagogisch wertvollen Dialog verwickeln, nach welchem wir ihn huldvoll in die edle Gemeinde der „Sensibilisierten“ aufnahmen. Junge, waren wir gut!

Den Geist jener Zeit muss man sich in Erinnerung rufen, wenn man verstehen will, warum Frau Käßmann so fassungslos reagierte auf die harsche Kritik an ihrer pazifistischen Neujahrsrede. Sie werfen ihr vor, zwar „Alternativen“ zum derzeitigen Vorgehen in Afghanistan zu fordern, selber aber keine einzige zu nennen. Gemein.

In dieser misslichen Lage sprang der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Freiburgs Bischof Robert Zollitsch, der Hannoveraner Protestantin zur Seite und lieferte die angemahnten Alternativen zum bewaffneten Kampf nach: Terrorismus und Krieg ließen sich besser durch soziale Gerechtigkeit und den Einsatz gegen Armut bewältigen als mit militärischen Einsätzen, doziert Zollitsch.

Ja, die soziale Ungerechtigkeit, sie trieb das nigerianische Millionärssöhnchen dazu, nach seiner Karriere an einer Reihe von Eliteschulen ein paar Hundert Leute über Detroit in die Luft zu sprengen, was dann sogar noch misslang. Auch Osama bin Laden hat die Zustände, unter denen er als Spross eines steinreichen Bauunternehmers aufwachsen musste, einfach nicht mehr ausgehalten und ging in die Berge, um sich an den Ungläubigen für das Ungemach zu rächen. Rechtsanwaltssohn Mohamed Atta hatte das Leben im ägyptischen Jetset ebenso wie seine Auslandsstudien derart satt, dass 3000 Menschen in New York dafür mit dem Leben bezahlen mussten.

Hätte man sich doch nur frühzeitiger um diese jammervollen Opfer des westlichen Kapitalismus gekümmert, das Gespräch mit ihnen gesucht und ihre häusliche Not gelindert! Alles wäre anders gekommen. Bestimmt.

Nun aber haben wir den Salat, und Frau Käßmann hat sich von dem hinterlistigen Herrn zu Guttenberg diese fiese Einladung nach Afghanistan aufschwatzen lassen. Sie sollte die Offerte schnell einlösen, bevor an den Flughäfen die schamlosen Nackt­scanner eingebaut werden und sie da durchmuss.
Die Geräte sollen ja nun wenigstens entschärft werden. Und das ist nicht einmal die einzige gute Botschaft zu dieser ansonsten unangenehmen Innovation. Wussten Sie schon, dass Nacktscanner schön machen? Na sicher doch,  denn sie treiben zur Disziplin bei den Pfunden! Was sollen die Kontrolleure denken, wenn sie unsere Pölsterchen über ihren Bildschirm wogen sehen? Der Winterspeck muss weg, bevor die Dinger zum Einsatz kommen, so viel steht fest. Sonst kommt noch jemand zu Schaden. Wer soll die psychologische Betreuung bezahlen für eine Kontrollmannschaft, die soeben den Anblick einer ganzen Horde schwabbeliger Ballermänner im Nacktscan durchleiden musste? Da bleibt doch sonst was nach!

Womöglich züchten wir hier, ohne es zu ahnen, schon die nächste Generation von Terroristen heran: „,Als ich dann die haarige Bierplauze von diesem grunzenden Kingkong unverhüllt und direkt vor mir auf dem Bildschirm sah, da wusste ich, dass etwas grundlegend falsch läuft in unserem System, dass sich was ändern muss!‘, vertraute die 29-jährige Personenkontrolleurin Jessika K. ihrer besten Freundin an, bevor sie in den Untergrund ging.“ Wollen wir sowas riskieren?

Und wie sollten wir auf die neue Herausforderung reagieren? Da kann man sich ganz schön in Schwierigkeiten bringen, bei der Terrorbekämpfung. SPD und Grüne versuchen seit Monaten, auf allen Vieren ihrem Afghanistan-Beschluss von 2001 davonzukrabbeln. Leider hört ganz Deutschland das Rascheln im Unterholz und weiß ganz genau, wer da durch den Dreck seines eigenen Opportunismus robbt. Deshalb trauen sie sich nicht raus aus dem diffusen Dickicht, in dem sie sich alles andere als wohl fühlen.

Wer hätte ahnen können, dass Außenpolitik so hässliche Aspekte hat, die einen sogar noch bis auf die Oppositionsbänke verfolgen? Wäre es nicht schön, wenn Berlin seine Außenpolitik anderen überlassen könnte? Europa! Davon träumen wir doch schon lange. Jetzt, da die gemeinsame europäische Außenpolitik endlich ein gemeinsames europäisches Gesicht hat, könnte es losgehen.

Nur weiß das europäische Gesicht, also das von der Frau ... Sie wissen schon, von dieser reizenden Engländerin ... ja genau ... also offenbar weiß das Gesicht aber gar nicht recht, was es sagen soll. Auf die Frage von EU-Parlamentariern, womit sie die noch leere Hülse ihres neuen Apparates zu füllen gedenke, präsentierte die EU-Außenbeauftragte eine hübsche Kollektion leerer Hülsen, Worthülsen.

Sie hat es nicht einfach und unterliegt zudem vorsätzlich gestreuten Missverständnissen. Eines davon lautet, dass die EU-Staaten eine kraftvolle Außendarstellung der gesamten Union wünschten. Hätten sie dann diese Frau ausgesucht? Falsch ist auch, dass erfolgreiche europäische Außenpolitik davon lebt, dass die verschiedenen Akteure (also die mit Außenpolitik betrauten Vertreter der EU und ihrer Mitgliedstaaten) möglichst „geschlossen“ auftreten.

Geschlossene Außenpolitik? So ein Blödsinn, Guido Westerwelle weiß es besser: Der deutsche Chefdiplomat ist vom genauen Gegenteil überzeugt. In Ankara trat Westerwelle seiner Kanzlerin vors Schienbein, indem er zur Frage eines türkischen EU-Beitritts bewusst den „Akzent verschob“. Und in Sachen Afghanistan versucht er dem Verteidigungsminister so viel Ärger wie nur möglich zu machen. Bald wird das Gerücht um die Welt gehen, Deutschland sei wieder geteilt und mache daher wieder zwei Außenpolitiken.


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