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23.01.10 / Standortsicherung? / Verhandlungen auf Englisch in Köln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-10 vom 23. Januar 2010

Standortsicherung?
Verhandlungen auf Englisch in Köln

Die einen sprachen von einem längst überfälligen Schritt, die anderen bedauerten den Verlust eines Stückes deutscher Kulturgeschichte: Im Raum Köln läuft der Versuch, Wirtschaftsprozesse in englischer Sprache zu führen. Seit Jahresbeginn kann auf Wunsch am Oberlandesgericht Köln sowie an den zu diesem Bezirk zählenden Landesgerichten Aachen, Bonn und Köln Englisch gesprochen werden.

Das Projekt beruht auf dem Ansinnen der nordrheinwestfälischen Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) und ihres Hamburger Kollegen Till Steffen (Grüne). Beide wollen eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes veranlassen, damit an deutschen Gerichten nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich in englischer Sprache verhandelt werden kann.

Die beiden Politiker halten diesen Schritt für dringend notwendig, um so den „Gerichtsstandort Deutschland“ zu sichern. So führten Verhandlungen allein in deutscher Sprache dazu, dass bei internationalen Verträgen Deutschland als Gerichtsstandort gemieden werde. Das hat für deutsche Unternehmen nicht nur den Nachteil, dass sie ihr Recht dann im englischsprachigen Ausland einklagen oder verteidigen und somit auch auf die hohen deutschen Rechtsstandards verzichten müssten, sondern auch deutsche Anwälte verlören potentielle Kunden. Wird bereits bei der Vertragsvereinbarung eine nichtdeutsche Rechtsordnung vereinbart, suchen sich die Unternehmen auch nichtdeutsche Rechtsanwälte als Berater. Im Falle eines Prozesses verstärke sich dieser Trend. Außerdem steigere jedes internationale Verfahren, das in London und New York verhandelt würde, das dortige Bruttoinlandsprodukt und nicht das deutsche.

Genau diese Sicht der Dinge stört Kritiker. Rechtspflege zu einer Dienstleistung der Wirtschaft zu degradieren, gefährde das hohe Gut des Rechts. Eine derartige Haltung sei in anderen Ländern kaum denkbar.

„Die Initiative des nordrhein-westfälischen Justizministeriums ist das Zeugnis eines forschen Globalisierungsdenkens, das eins in den Hintergrund stellt: Rechtsgeschichte ist stets auch Geistesgeschichte eines Landes“, bedauerte zudem die „Rheinische Post“. Rebecca Bellano


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