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23.01.10 / Arzt und Dichter aus Leidenschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-10 vom 23. Januar 2010

Arzt und Dichter aus Leidenschaft

Sein Name steht in der Reihe der Dichter der Weltliteratur neben Shakespeare, Goethe oder Tolstoj. Theaterstücke wie „Drei Schwestern“ und „Die Möwe“ gehören zum Repertoire aller Bühnen der Welt. Vor 150 Jahren, am 29. Januar 1860, erblickte Anton Pawlowitsch Tschechow im südrussischen Taganrog das Licht der Welt. Er entstammte einer kleinbürgerlichen Familie, die erst der Großvater aus der Leibeigenschaft freigekauft hatte. Die Geschäfte des Vaters als Kaufmann liefen schlecht, die Tschechows fristeten ein kümmerliches Dasein. Dennoch ermöglichte der strenge Vater allen sechs Kindern eine ordentliche Schulbildung.

Schon früh zeigte der als reserviert geltende Anton einen ausgeprägten Humor und großes Interesse an Literatur und Schauspielerei. Auf dem Taganroger Gymnasium fiel er durch sein Talent zum witzigen Schreiben auf, das ihm den Spitznamen „Antoscha Tschechonte“ – sein späteres Pseudonym – eintrug. In der Freizeit spielte er mit seinen Brüdern auf einer improvisierten Bühne Theater. Nachdem der Vater eine Pleite erlitten hatte, verlor die Familie Haus und Besitz und floh vor den Gläubigern nach Mos­kau. Anton blieb zurück, er sollte bis zum Ab­i­­tur weiter das Gymnasium besuchen. Mit Nachhilfestunden hielt er sich über Wasser und schickte überdies der notleidenden Familie Geld nach Moskau. Mit einem Stipendium der Stadt Taganrog konnte Anton an der Moskauer Lomonossow-Universität Medizin studieren. Als Arzt praktizierte er zum großen Teil ehrenamtlich, seine eigentliche Berufung galt dem Schreiben, das ihn schon während des Studiums ernährte. Zwischen 1880 und 1903 schuf er insgesamt 600 literarische Werke. Seine Erzählungen und Novellen zeichnen sich durch einen witzigen, manchmal auch satirischen Stil aus, sie ranken sich um das Leben der Kleinbürger in Russland, um die Sünde, das Böse, den geistigen Verfall der Gesellschaft. Tschechow zeichnet ein düsteres Bild des russischen Lebens, rechnet ab mit Passivität und der stoischen Anpassung an offensichtliche soziale Missstände. Seine Arbeit als Arzt sowie Reisen, unter anderem auf die Insel Sachalin, wo er Zeuge des Lebens im Strafvollzug der Katorga wurde, lieferten ihm Stoff für seine Erzählungen.

Erst spät, 1901, heiratete Tschechow seine große Liebe, die Schauspielerin Olga Knipper. Wegen seiner langjährigen Tuberkulose-Erkrankung verbrachte der Dichter seine letzten Jahre auf der Krim. Anfang Juni 1904 reiste Tschechow mit seiner Frau zur Behandlung nach Badenweiler im Schwarzwald, wo er am 15. Juli verstarb. Bis zuletzt blieb Anton Tschechow der Haupternährer seiner Familie. Seiner Heimatgemeinde Taganrog erwies er Dankbarkeit, indem er ihr sein Vermögen vererbte.            M. Rosenthal-Kappi


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