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23.01.10 / Ganz gewaltig verrannt / Die EKD im »Kampf gegen Rechts« - Ruf nach Ausschlüssen und »Kirchenzucht« – Der Fall Matthies

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 03-10 vom 23. Januar 2010

Ganz gewaltig verrannt
Die EKD im »Kampf gegen Rechts« - Ruf nach Ausschlüssen und »Kirchenzucht« – Der Fall Matthies

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will den „Kampf gegen Rechts“ verschärfen, sogar Kirchenausschlüsse werden diskutiert. Kritiker beklagen nicht nur die eklatante Ungleichbehandlung der verschiedenen Formen des Extremismus, sondern auch die Missbrauchsgefahren des kirchenamtlichen „Kampfes gegen Rechts“. Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland hat dafür nun eine bedrückende Kostprobe gegeben.

Kein Mensch könnte etwas dagegen einwenden, wenn Kirchenleitungen gegen rassistische oder extremistische Einstellungen vorgehen – im Gegenteil: Die christliche Nächstenliebe verlangt dies sogar. Leicht lassen sich dafür anhand der Bibel Maßstäbe benennen: Bevor ein Mensch öffentlich extremer Ansichten bezichtigt wird, müssen sorgfältig die Tatsachen geprüft werden. Dem Kritisierten ist ausführlich Gelegenheit zum Widerspruch zu geben. Selbstverständlich verlangt es das Gebot der Gerechtigkeit, dass alle Formen des Extremismus gleich behandelt werden: Gewaltbereiter islamistischer Extremismus ist eben um keinen Deut besser als der alljährlich am 1. Mai in Berlin zu besichtigende Linksextremismus, bei dem üblicherweise jeweils mehrere Hundert Polizisten krankenhausreif geschlagen werden.

Klar ist auch, dass das erste Ziel der Kirche die Verkündigung des Evangeliums sein muss. Soweit sie sich überhaupt auf politisches Terrain begibt, ist Zurückhaltung und Ausgewogenheit besonders geboten. Erstes Mittel sollte sinnvollerweise das Gebet und die Verkündigung sein und bleiben, denn sicher ist: Ein Radikaler, der zu einem lebendigen Glauben an Jesus Christus gefunden hat, wird seine Vorstellungen ändern.
Misst man die Aktivitäten der EKD im „Kampf gegen Rechts“ an diesem Maßstab, dann können einen schon fast der Eindruck beschleichen, dass es sich bei dieser Massenorganisation mit knapp 25 Millionen Mitgliedern um eine Art Vorfeldorganisation von SPD oder Linkspartei handeln könnte.

Ein Beispiel dafür ist die seit mehreren Jahren laufende Kampagne zur Umbenennung der nach dem bayerischen Landesbischof Hans Meiser (1881-1956) benannten Straßen. Meiser war es in der NS-Zeit gelungen, seine Landeskirche als eine von nur dreien im Reich „intakt“ zu halten, also die Übernahme durch die NS-hörigen „Deutschen Christen“ (DC) abzuwenden. Die Nazis hassten ihn dafür, und niemand zweifelte in den Jahren nach 1945 daran, dass Meiser einer der großen und aufrichtigen Gegner des NS-Regimes in Deutschland war.

Wer nun aber dächte, nur in der Wolle gefärbte Neonazis könnten auf die Idee kommen, Bischof-Meiser-Straßen umzubenennen, liegt falsch. Seit Jahren fordern Kräfte in der EKD, die sich für „links“ halten, diese Umbenennungen. Wahr ist: Auch Meiser musste Kompromisse mit dem NS-Regime machen, und so ist es natürlich gelungen, nach hinreichend langer Suche Texte zu finden, die – aus dem historischen Kontext genommen – den mutigen NS-Gegner als Vertreter „rechten Gedankengutes“ erscheinen lassen. Die Unaufrichtigkeit dieses Vorgehens ist evident, doch das ficht die „Kämpfer gegen Rechts“ in bundesdeutschen Kirchenämtern nicht an.

Skurrill erscheint, dass dieser Kampf nun womöglich sogar mit dem Mittel des Kirchenausschlusses und dem (gerade bei Linken sonst höchst verpönten) Instrument der „Kirchenzucht“ geführt werden soll. Dieses innerkirchliche Disziplinarrecht wurde in früheren Zeiten gegen kirchliche Mitarbeiter angewandt, die Glaubenswahrheiten wie beispielsweise die Himmelfahrt bestritten. Heute kommt es selbst dann kaum mehr zur Anwendung, wenn Pfarrerinnen oder Pfarrer zentrale Glaubensinhalte wie etwa die Auferstehung Jesu Christi in Abrede stellen.

Die „Kirchenzucht“ hat insofern schon fast ausgedient, soll jetzt aber womöglich eine Renaissance erfahren, wie die EKD kürzlich bekanntgab. Ihr Pressesprecher Reinhard Mawick hatte Ende Dezember in einem Interview die Kirchenzucht als Mittel im Kampf gegen „rechtsextreme und menschenfeindliche Einstellungen in Deutschland“ vorgeschlagen.

Die Wortwahl lässt aufhorchen: Denn was „rechtsextrem“ ist, dafür lassen sich noch gewisse, wenn auch nicht unbedingt voll konsensfähige Kriterien benennen, etwa die Erwähnung im Verfassungsschutzbericht. Aber ab welchem Punkt ist eine Einstellung „menschenfeindlich“?

Die kritiklose Hinnahme Hunderttausender Abtreibungen könnte man wohl dazu rechnen, schließlich tötet jeder einzelne Abort und hinterlässt nur allzu oft eine für den Rest ihres Lebens mit Depressionen und anderen Seelenqualen belastete Frau. Doch das ist ganz offenkundig nicht gemeint, denn die EKD selbst übt an diesem Zustand und am geltenden § 218 bestenfalls noch ganz verhaltene Kritik.

Wer so argumentiert wie der erwähnte EKD-Sprecher, muss also die Deutungshoheit, was nun „menschenfeindlich“ ist und was nicht, behalten, andernfalls könnte sich das Kirchenzucht-Argument zum Bumerang entwickeln. Mit dieser Deutungshoheit hingegen eröffnen sich schier unbegrenzte Möglichkeiten, gegen ungeliebte Überzeugungen und die Menschen, die sie vertreten, vorzugehen.

Dass das keine Horrorphanta­sien über eine Kirche sind, die von allen guten Geistern verlassen wurde, zeigt das jüngste Vorgehen der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) gegen den evangelischen Theologen und Chefredakteur von „idea-Spektrum“, Helmut Matthies. Wie berichtet, hat ein Oberkirchenrat der EKM namens Christhard Wagner Matthies dazu aufgefordert, den Gerhard-Löwenthal-Preis zurückzugeben, den eine mit der Zeitung „Junge Freiheit“ verbundene Stiftung verleiht. Die einzige der PAZ für diese Forderung vorliegende Begründung war, dass „mit der Annahme des Preises die Gefahr verbunden (sei), dass die Tabugrenze im Graubereich zum Rechtsextremismus weiter nach unten verschoben“ werde. Eine inhaltliche Begründung, was denn dieser, nach einem Holocaust-Überlebenden benannte Preis oder seine Verleiher oder gar Pfarrer Matthies mit dem Rechtsextremismus zu tun haben könnte, wurde nach unserem besten Wissen nicht gegeben.

Die schriftliche Anfrage der PAZ beim Landeskirchenamt der EKM in Magdeburg, ob die von Oberkirchenrat Wagner abgegebene Stellungnahme (die übrigens von mehreren Medien ernstgenommen und weiterverbreitet worden war) mit Landesbischöfin Ilse Junkermann abgestimmt sei, blieb unbeantwortet. Auf telefonische Nachfrage bestätigte die EKM-Vertreterin Annelie Hollmann, dass das Fax eingegangen sei, aber nicht beantwortet werde. Deutschland im Jahre 2010. Konrad Badenheuer

Foto: Trägt sie die Polemik ihres Bildungsreferenten Christhard Wagner gegen idea-Chefredakteur Helmut Matthies mit? EKM-Bischöfin Ilse Junkermann - hier bei ihrer Amtseinführung - wollte diese Anfrage der PAZ nicht beantworten.


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