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30.01.10 / Trauerspiel am Hindukusch / Fontane dichtete schon 1857 über den Untergang bei »Cabul«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 04-10 vom 30. Januar 2010

Trauerspiel am Hindukusch
Fontane dichtete schon 1857 über den Untergang bei »Cabul«

Schon Alexander der Große, der im 4. Jahrhundert vor Christus mit zunächst eher kleinen Truppen von Griechenland bis zum Ganges vorstieß, biss sich am Hindukusch die Zähne aus. Seitdem erlitt in Afghanistan eine Supermacht nach der anderen ihr Waterloo, sodass eine alte asiatische Redensart lautet: „Wenn Gott eine Nation bestrafen will, lässt er sie in Afghanistan einfallen.“ Es ist weniger die Kampfkraft der durchaus uneinigen Völker dieses Landes als vielmehr die schwierige Geographie, die zu dieser Serie geführt hat. Die nationale Vielfalt macht allerdings eine wirksame Befriedung des Landes extrem schwierig: Wo es keine echte Zentralmacht gibt, gibt es auch nicht die Chance für eine auswärtige Macht, das Land mit der Kontrolle der Hauptstadt zu beherrschen.

Diese Erfahrung musste nach 1979 die Sowjetunion machen. Mit 80000 Mann war die Supermacht auf dem Höhepunkt ihrer Stärke einmarschiert, beim Abzug zehn Jahre später war das Imperium im Zusammenbruch begriffen.

Gleich mehrfach in dem zentral-asiatischen Land gescheitert ist Großbritannien, in dessen Hauptstadt London nun am Donnerstag die „Truppenstellerkonferenz“ für Afghanistan durchgeführt hat. 1839 war das Empire mit seinem Indus-Heer in Afghanistan einmarschiert. 1842 brach ein Aufstand aus, Kabul war nicht mehr zu halten. Zwar wurde den Briten freies Geleit zugesichert, doch auf dem Abzug der insgesamt gut 16000 Briten kam es zur Katastrophe, nur einer, der Stabsarzt Dr. William Brydon, erreichte Jalala-bad. Theodor Fontane hat dem Ereignis 1857 mit der Ballade „Das Trauerspiel von Afghanistan“ ein literarisches Denkmal gesetzt:

Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt / Ein Reiter vor Dschellalabad hält, / „Wer da!“ – „Ein britischer Reitersmann,

/ Bringe Botschaft aus Afghanistan.“

Afghanistan! er sprach es so matt / Es umdrängt den Reiter die halbe Stadt, / Sir Robert Sale, der Commandant, / Hebt ihn vom Rosse mit eigener Hand.

Sie führen in’s steinerne Wachthaus ihn, / Sie setzen ihn nieder an den Kamin, / Wie wärmt ihn das Feuer, wie labt ihn das Licht, / Er athmet hoch auf und dankt und spricht:

„Wir waren dreizehntausend Mann, / Von Cabul unser Zug begann, / Soldaten, Führer, Weib und Kind, / Erstarrt, erschlagen, verrathen sind.

„Zersprengt ist unser ganzes Heer, / Was lebt, irrt draußen in Nacht umher, / Mir hat ein Gott die Rettung gegönnt, / Seht zu, ob den Rest ihr retten könnt.“

Sir Robert stieg auf den Festungswall, / Offiziere, Soldaten folgten ihm all’, / Sir Robert sprach: „Der Schnee fällt dicht, / Die uns suchen, sie können uns finden nicht.

„Sie irren wie Blinde und sind uns so nah, / So laßt sie’s hören, daß wir da, / Stimmt an ein Lied von Heimath und Haus, / Trompeter, blas’t in die Nacht hinaus!“

Da huben sie an und sie wur-den’s nicht müd’ / Durch die Nacht hin klang es Lied um Lied, / Erst englische Lieder mit fröhlichem Klang, / Dann Hochlandslieder wie Klagegesang.

Sie bliesen die Nacht und über den Tag, / Laut, wie nur die Liebe rufen mag, / Sie bliesen – es kam die zweite Nacht, / Umsonst, daß ihr ruft, umsonst, daß ihr wacht.

Die hören sollen, sie hören nicht mehr, / Vernichtet ist das ganze Heer, / Mit dreizehntausend der Zug begann, / Einer kam heim aus Afghanistan.    PAZ/K.B.


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