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13.02.10 / Von Teheran in die Enge getrieben / Russland hat im Konflikt mit dem Iran nur wenig eigenen Gestaltungsraum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-10 vom 13. Februar 2010

Von Teheran in die Enge getrieben
Russland hat im Konflikt mit dem Iran nur wenig eigenen Gestaltungsraum

In der Kontroverse um die Anreicherung von Uran im Iran haben die bisher diskutierten Verhandlungslösungen eines gemeinsam: Bei der Umsetzung aller solcher Abmachungen, wie immer man diese bezeichnen oder bewerten mag, würde Russland eine wesentliche Rolle übernehmen. Nicht ganz freiwillig, denn – und das wird viel zu wenig beachtet – die Iran-Krise hat Russland in ein arges Dilemma gebracht.

Die UdSSR hatte einst jene unterstützt, die eine antiwestliche Politik betrieben oder versprachen. Ideologie war sekundär, auch im Fall Iran. Nach dem Zerfall der UdSSR war zunächst Pause, bis der Nachfolgestaat Russland sich nach Jahren, vor allem seit Beginn der Ära Putin, mit neuem Selbstbewusstsein zurückmeldete, auch in der Dritten Welt. Allerdings war dort inzwischen das erstarkte China nachgerückt, das heute mancherorts bereits wichtigster Wirtschaftspartner und als UN-Vetomacht zugleich ein mächtiger politischer Protektor ist.

Russland schloss 1995 mit dem Iran einen Vertrag ab zur Neuerrichtung des von Siemens und AEG noch in der Schah-Zeit fast fertiggestellten, doch im Iran-Irak-Krieg größtenteils zerstörten Atomkraftwerks Buschehr am Golf. Warum aber ist das Werk bis heute nicht in Betrieb, trotz wiederholter Verkündung von Eröffnungsterminen? Die in den letzten Jahren kolportierten Zwistigkeiten um Zahlungen und Reklamationen sind nur diplomatische Verschleierung dafür, dass sich die bilateralen Beziehungen drastisch verschlechtert haben.

Bezeichnend war, dass jüngst der Iran die Überstellung eines Su-27-Jägers zur internationalen Luftfahrtmesse in Bahrain untersagte – um sie dann doch zu erlauben. Bezeichnend ist auch die unterschiedliche Darstellung von Ereignissen im Kaukasus. Als etwa Georgien den einzigen russischen, erst im Januar in Betrieb gegangenen TV-Kanal einstellte, war das für „Russia Today“ (RT) eine Schikane Georgiens. Der iranische Kanal Press TV übernahm die georgische Version: Eutelsat habe auf russisches Betreiben die Übertragung abgedreht. Vor zwei Wochen brachte RIA-Novosti sogar eine lange Aufzählung, betitelt „Eisige Kälte zwischen Russland und Iran“. Was sich als Schuss vor den Bug deuten lässt und bei der iranischen Führung nicht wirkungslos verhallt sein dürfte.

Für die Welt deutlich sichtbar war auch anderes, was arge Irritationen auslösen musste: Präsident Ahmadinedschad war, obwohl der Iran nur Beobachterstatus hat, im Juni 2009 beim Gipfeltreffen der „Schanghai-Gruppe“ in Jekaterinburg erschienen und hatte so Russland genötigt, die umstrittene Präsidentenwahl anzuerkennen. Im September musste Präsident Medwedjew just von Amtskollegen Obama über die bis dahin geheimen Bauarbeiten an der Uran-Anreicherungsanlage bei Qom erfahren. Und im Dezember kündigte Ahmadinedschad Ersatzansprüche für die während des Weltkriegs von den Alliierten im Iran angerichteten Schäden an – was natürlich auch Russland betrifft.

Vor allem aber wurde das Gezerre um das iranische Atomprogramm für Russland zur schweren Belastung, bei der jede denkbare Haltung auch große Nachteile brächte: Bloß die Inbetriebnahme von Buschehr und die Auslieferung des hochmodernen Luftabwehrsystems S-300 weiter hinauszuzögern, befriedigt den We-sten wenig, lässt Russland aber in der Dritten Welt als unzuverlässigen Partner erscheinen und ist Wasser auf die Mühlen Chinas, vor dem sich Moskau ohnehin weit mehr fürchtet als zugegeben.

Noch ärger wäre es, voll auf die westliche Linie einzuschwenken bis hin zur Billigung militärischer Gewalt – dies umso mehr als sich ja alle Beteiligten bewusst sind, welche Doppelmoral in der Frage herrscht, wer allenfalls Atomwaffen haben darf und wer nicht. Schwenkt man aber auf Chinas Linie ein und blockiert, beschädigt das die Beziehungen zum Westen, führt dem Rest der Welt aber erst recht vor Augen, dass man verglichen mit den USA und China nur mehr in der zweiten Liga spielt.    Richard G. Kerschhofer


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