25.04.2024

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13.02.10 / Übereifer schadet auch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 06-10 vom 13. Februar 2010

Übereifer schadet auch
von Harald Fourier

Vor einer Woche war mal wieder das  Jugendamt bei einem Vater im Prenzlauer Berg, der mit seiner Familie, darunter kleine Kinder, im Dreck hauste. Die Staatsbediensteten nahmen den Rabeneltern ihre Kinder weg und brachten sie in ein Jugendheim. Solche Geschichten stehen oft in der Zeitung: Eltern überfordert, Kinder ins Heim gebracht. Wir merken nur noch bei den spektakulären Fällen wie „Kevin“ (lag im Kühlschrank bei seinem Bremer Stiefvater) oder „Jessica“ (verhungerte in Hamburg, angekettet an die Heizung in der Wohnung ihrer Eltern) auf.

Immer wieder hieß es hinterher, die Behörden hätten weggesehen oder seien so überlastet, dass sie sich nicht um diesen Fall hätten kümmern können. Die Angst nicht rechtzeitig und beherzt genug einzugreifen, lastet inzwischen wie ein Stein auf dem        Gewissen vieler Jugendamtsmitarbeiter. Deswegen wächst nun die Gefahr, dass verunsicherte Mitarbeiter ins andere Extrem verfallen und Kinder ohne hinreichenden Grund aus der Familie holen? Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Geschichte von Viola Fechner. Der dreifachen Mutter aus Mariendorf wurde ihre Tochter entzogen.  Warum, weiß sie bis heute nicht.

Alles fing damit an, dass Viola Fechner vor knapp zwei Jahren Geld vermisste. Sie verdächtigte ihre damals 14-jährige Tochter, brachte es aber nicht übers Herz, selber mit ihr zu reden. Eine Freundin sollte vermitteln. Doch die ging mit der Tochter zum Jugendamt, und so nahm die Geschichte ihren Lauf.

Der Staat nahm das Mädchen in Obhut, und alle juristischen Bemühungen der Mutter um „Herausgabe“ scheiterten. Die Verantwortlichen aus der Verwaltung geben sich wortkarg. Irgendwie weiß niemand so recht, warum das Jugendamt so drastisch gehandelt hat. Die Presse hat über den Fall berichtet, aber das Mädchen ist trotzdem nicht wieder zur Mutter zurückgekehrt.

Es lässt sich nachweisen, dass die Zahl von Sorgerechtsentzügen und Inobhutnahmen angestiegen ist, nachdem sich in den vergangenen Jahren so viele spektakuläre  Fälle ereignet haben. In Bremen beispielsweise war nach dem Fall „Kevin“ eine Zunahme von weit mehr als 100 Prozent verzeichnet worden.

Es ist aber niemandem damit geholfen, wenn Ämter massenhaft überreagieren, weil sie vorher in Einzelfällen nicht die notwendige Sorgfalt an den Tag gelegt haben. Der Staat sollte sich so wenig wie möglich in das Familienleben einmischen und nur im            äußersten Notfall Kinder von ihren Eltern trennen.


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