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20.02.10 / Kennen Sie Preußen? / Das »Zentrum Preußen-Berlin« stellt seine Forschungsschwerpunkte vor

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-10 vom 20. Februar 2010

Kennen Sie Preußen?
Das »Zentrum Preußen-Berlin« stellt seine Forschungsschwerpunkte vor

Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften hat Zentren für einen beständigen Austausch ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiter gegründet. Forschungsprojekte, deren Arbeitsfelder sich berühren, werden miteinander vernetzt. In den Zentren wird jeweils ein fortlaufender interner Diskurs gepflegt, wobei der intensive Kontakt zwischen Forschern unterschiedlicher Fachdisziplinen ein Novum ist. Auswärtige Kollegen nehmen gelegentlich daran teil.

Durch das 2007 ins Leben gerufene „Zentrum Preußen-Berlin“ sind sechs Projekte zusammengefasst worden, die derzeit schwerpunktmäßig auf die Zeit um 1800 ausgerichtet sind. Das Kürzel „um 1800“ steht im Bereich der Kultur für eine einzigartige Blüte, die vor allem aus drei Quellen gespeist wird: Literatur, Philosophie und Musik. Aus unterschiedlicher Perspektive werden Leben und Werk bedeutender Repräsentanten der Wissenschaft und Kultur, dazu Berlin mit seiner Großstadtkultur sowie das kulturpolitische Handeln des Staates Preußen beleuchtet. Im Januar 2008 fand zum ersten Mal eine öffentliche Abendveranstaltung des Zentrums unter dem Titel „Kennen Sie Preußen – wirklich?“ im neuen Forum „Salon Sophie Charlotte“ statt. Geboten wurden in der sechsstündigen Veranstaltung in der Akademie der Wissenschaften am Gendarmenmarkt Vorträge, Literaturlesungen, Theater- und Musikdarbietungen. Elf Vorträge des „Wissenschaftlichen Salons“ sind unter dem genannten Titel mit dem Zusatz „Das Zentrum Preußen-Berlin stellt sich vor“ veröffentlicht worden. Herausgeber sind Bärbel Holtz und Wolfgang Neugebauer.

„Das untergegangene alte Königsberg um 1800“ heißt der inhaltlich weit ausgreifende Beitrag von Klaus Garber, der kürzlich ein Erinnerungsbuch zu Königsberg herausgegeben hat. Königsberg, so schreibt er, reihe sich ein „in die lange Kette der Städte, die eine große Geschichte der Aufklärung ihr eigen nennen und die hier wie anderwärts etwas ganz anderes ist als die Fixierung auf ein paar große Namen zu Ende des (18.) Jahrhunderts.“ Es war in der Region die einzige Stadt mit einer Universität und hatte einen großen studentischen Einzugsbereich. Garber deckt zahlreiche kulturhistorische Bezüge auf, verweist etwa auf „kulturelle Trassen“ nach Riga, Dorpat und Mitau. So beschäftigten sich baltische Gelehrte schon im 18. und 19. Jahrhundert mit der Frühzeit des Ordensstaates anhand der Quellen im städtischen Ordensarchiv. Folgenreich wirkte Königsberg auch seit der Reformation als eine Bastion des lutherischen Protestantismus jahrhundertelang in die Region hinein. Noch einmal erhob sich die Hauptstadt der Provinz Ostpreußen nach den Schlesischen Kriegen zu einer geistigen Blüte. Lang ist die Liste der Druckerzeugnisse, der Zeitschriften und Zeitungen, der bekannten und weniger bekannten Geistesgrößen, deren Treffpunkte einige offene Häuser waren.

Mit der Salontradition in Berlin beschäftigte sich Petra Wilhelmy-Dollinger in „Häuser ohne Frauen sind wie Verse ohne Poesie“. Deutschsprachige Salons als Treffpunkte eines bildungsbürgerlichen Stammpublikums, eine Erscheinung von Spätaufklärung sowie „Sturm und Drang“, gab es, wie überall, auch in Berlin erst im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts. Ursprünglich waren Salons eine adelige Institution, doch in der „Goethezeit“ galt die Geistes- und Herzensbildung, der „Seelenadel“, mehr als der Geburtsadel. Gastgeberin eines Salons war stets eine gebildete, liebenswürdige Frau.

Über „Alexander von Humboldts Netzwerke – Von Tegel bis Santiago“ schreibt Ute Tintemann, während Wolfgang Neugebauer sich in seinem einführenden Beitrag „Preußen – seine Kultur und die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften“ mit Geschichte und Gegenwart der Forschung über Preußen befasst hat. Nunmehr, nach dem Ende der Teilung der Archiv- und Bibliotheksbestände zwischen Ost und West, sind die Sozial- und Geisteswissenschaftler in der Lage, an frühere Traditionen und Vorbilder – genannt wird Otto Hintze – anzuknüpfen.

Bei den gegenwärtigen Projekten des neuen Akademiezentrums „Preußen-Berlin“ gehe es auch darum, einen Beitrag zur weltweiten Wissenschaft zu leisten, betont der Vorsitzende der Zentrumskommission.    Dagmar Jestrzemski

Bärbel Holtz und Wolfgang Neugebauer (Hrsg.): „Kennen Sie Preußen − wirklich? Das Zentrum ,Preußen-Berlin‘ stellt sich vor“, im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Akademie Verlag, Berlin 2009, gebunden, 194 Seiten, 29,80 Euro


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