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27.02.10 / Deutscher Alleingang? / Wachsende Verwirrung in der Berliner Atomenergie-Politik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-10 vom 27. Februar 2010

Deutscher Alleingang?
Wachsende Verwirrung in der Berliner Atomenergie-Politik

Ausstieg oder Ausstieg aus dem Nichtausstieg oder gar Wiedereinstieg – in der Berliner Atomenergiepolitik scheint derzeit alles möglich. Im Wahlkampf hatten die schwarz-gelben Koalitionäre versprochen, die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke deutlich zu verlängern, was trotz massiver Angstkampagnen den Wahlsieg nicht verhinderte.

Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Kernenergie ist eine Brückentechnologie, bis sie durch erneuerbare Energien verlässlich ersetzt werden kann... Dazu sind wir bereit, die Laufzeiten deutscher Kernkraftwerke unter Einhaltung der strengen deutschen und internationalen Sicherheitsstandards zu verlängern... In einer möglichst schnell zu erzielenden Vereinbarung mit den Betreibern werden zu den Voraussetzungen einer Laufzeitverlängerung nähere Regelungen getroffen (unter anderem Betriebszeiten der Kraftwerke, Sicherheitsniveau, Höhe und Zeitpunkt eines Vorteilsausgleichs, Mittelverwendung zur Erforschung vor allem von erneuerbaren Energien).“

Der vor knapp zehn Jahren von Rot-Grün erzwungene Ausstiegsplan hatte vorgesehen, dass die 17 deutschen Kernkraftwerke nach einer durchschnittlichen Be-triebsdauer von rund 33 Jahren bis spätestens 2021 abgeschaltet werden. Die Betreiber sollten aber Restlaufzeiten älterer Reaktoren auf jüngere, modernere übertragen dürfen.

Im letzten Herbst, also im Wahlkampf und während der Koalitionsverhandlungen, schienen sich FDP, CDU und CSU einig, dass die Laufzeiten dem internationalen Standard angenähert werden sollten. Leider versäumten sie im Koalitionsvertrag aber präzisere Festlegungen.

Weltweit sind zur Zeit in 31 Ländern 438 Reaktorblöcke mit einer Gesamtleistung von über 392 Gigawatt in Betrieb. Weitere 42 Kernkraftwerke sind im Bau, 80 in Planung oder im Antragsverfahren. Zudem gibt es laut „International Journal for Nuclear Power“ Vorplanungen für 122 AKW. Die meisten dieser Reaktoren sind für 60 Jahre Laufzeit ausgelegt.

Den Luxus eines Totalausstiegs leistet sich allein Deutschland. Und dies, obwohl deutsche Reaktorsicherheitstechnologie jahrzehntelang in aller Welt als führend galt. Noch heute liegen in den jährlichen Zuverlässigkeitsstatistiken der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA) in Wien die deutschen Meiler stets auf den vordersten Rängen.

So spricht nichts gegen und alles für eine deutliche Laufzeitverlängerung, auch über das Jahr 2030 hinaus, das Umweltminister Norbert Röttgen jetzt ohne jeden sachlichen Hintergrund ins Spiel gebracht hat. Denn auch bis dahin werden alternative Energieträger – trotz Milliardensubventionen – nicht in der Lage sein, die stillgelegten 21 Gigawatt aus Kernkraftwerken bezahlbar und zuverlässig zu ersetzen. Als längerfristige Alternative wäre die Fusionsenergie aus der Verschmelzung von Wasserstoff- zu Helium-Atomkernen zu nennen. Da würde sich dann auch die Laufzeit-Diskussion völlig neu stellen: Das „Kraftwerk Sonne“ ist seit rund fünf Milliarden Jahren in Betrieb.                        Hans-Jürgen Mahlitz


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