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06.03.10 / Anwälte des Bürgerkriegs / Linker Juristenverein kritisiert Berlins Umgang mit extremistischen Gewalttätern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Anwälte des Bürgerkriegs
Linker Juristenverein kritisiert Berlins Umgang mit extremistischen Gewalttätern

Im Vorfeld des kommenden 1. Mai schießt sich der von RAF-Anwälten gegründete „Republikanische Anwälteverein“ (RAV) auf die Berliner Justiz ein. Die juristische Aufarbeitung der letztjährigen Gewaltexzesse geht derweil schleppend weiter.

Die Gewaltszenen vom 1. Mai 2009 sind den Berlinern noch gut im Gedächtnis, doch wirft bereits der kommende 1. Mai seinen Schatten voraus. Ersten Anzeichen zufolge waren die Ausschreitungen am 13. Februar in Dresden ein Vorgeschmack darauf, was der Hauptstadt im Frühling bevorsteht. Dabei ist die Berliner Justiz noch immer damit beschäftigt, die Strafverfahren vom vergangenen Mai abzuarbeiten. Einiges Aufsehen erregte der Mordprozess gegen Rigo B. und Yunus K. – Waldorfschüler aus dem eher noblen Vorort Zehlendorf. Nach Zeugenaussagen haben sie Brandsätze auf Polizisten geschleudert, was die Beamten für immer hätte entstellen und sogar töten können. Die mutmaßlichen Täter haben das laut Anklage bewusst in Kauf genommen. Dennoch wurden sie in erster Instanz freigesprochen.

Während des Prozesses hatten Linksextremisten im Internet zum Mord an Oberstaatsanwalt Ralph Knis­pel aufgerufen, so dass er unter Polizeischutz gestellt werden musste. Beobachter kritisierten den Freispruch daraufhin als ein Urteil, das auf Druck der Straße zustande gekommen sei. Zum Prozess erschienen 60 linke Sympathisanten im Gerichtssaal, während weitere 70 davor warteten. Das Milieu beschrieb das einstige FDJ-Zentralorgan „Junge Welt“ folgendermaßen: „Die Unterstützung der beiden Jugendlichen reichte von ihren Mitschülern und Familien bis zu hochrangigen Kirchenvertretern, Jusos, Grünen, DKP und autonomen Antifaschisten.“ Die Berliner Jusos warfen Knispel vor, entlastende Beweise zurückgehalten zu haben. Der zeigte sich jedoch unbeeindruckt und ging in Revision.

Die juristische Aufarbeitung von weit mehr als 200 Brandanschlägen auf Autos kommt derweil kaum voran. Allerdings kann die Polizei hier auch kaum Fahndungserfolge vorweisen. Und selbst wenn: Eine 21-jährige Frau – von der Polizei unter dringendem Tatverdacht verhaftet – wurde von den Strafrichtern freigesprochen.

Im Vorfeld des kommenden 1. Mai haben nun Vertreter des „Republikanischen Anwältevereins“ (RAV) schwerste Vorwürfe in Richtung Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz erhoben. Der RAV wurde 1979 in Berlin von Anwälten um Otto Schily und Rupert von Plottnitz gegründet, die in den Terroristenprozessen gegen Mitglieder der „Rote Armee Fraktion“ (RAF) als Verteidiger auftraten. Letztmalig trat der RAV bei den bürgerkriegsähnlichen Krawallen anlässlich des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm in Erscheinung. RAV-Anwalt Sven Lindemann polemisierte auf einer Pressekonferenz: „Bei Delikten mit linkem Szenebezug wird bewusst einseitig, voreingenommen und stümperhaft ermittelt.“ Die Unschuldsvermutung werde systematisch außer Kraft gesetzt, die Beweislast in dem Sinne umgekehrt, dass die Beschuldigten ihre Unschuld beweisen müssten.

RAV-Kollege Rüdiger Jung wurde grundsätzlich: „Das ist ein strukturelles Problem.“ Ulrich von Klinggräff, einer der Verteidiger der beiden Waldorfschüler, beklagt sich, dass den Aussagen von Polizisten vor Gericht angeblich mehr Glauben geschenkt würde als denen gewaltbereiter Demonstranten. Laut RAV herrscht ausgerechnet im rot-rot regierten Berlin ein Klima der politischen Einschüchterung gegen Linke. Begründung: In Berlin würden deutlich härtere Strafen für Stein- und Flaschenwürfe ausgesprochen als etwa in Hamburg. „Bei linksmotivierten Straftaten wird einseitig und voreingenommen ermittelt“, es bestehe ein „offenbar politisch motivierter Verurteilungswille“, der Prozess gegen Rigo B. und Yunus K. sei ein „Paradebeispiel für die Beweislastumkehr“, meint der RAV, obwohl die beiden Angeklagten freigesprochen wurden.

Im Hinblick auf den kommenden 1. Mai erklärt Lindemann, wie sich die Justiz nach seiner Auffassung verhalten sollte: „Mindestforderung ist, dass ein anderes Denken bei den Gerichten einzieht: Polizeizeugen dürfen keine Sonderrechte mehr genießen. De facto werden sie als Zeugen erster Klasse gewertet. Eine kritische Überprüfung dessen, was sie sagen, unter welchen Umständen sie ihre Aussage machen, und welches Hintergrundwissen sie haben, findet kaum statt.“

Das Ziel des RAV besteht seinen Kritikern zufolge darin, die Polizisten mit den Gewalttätern auf eine Stufe zu stellen. Das folgt ganz der ideologischen Linie der gewaltbereiten Extremisten. In deren Augen ist die Polizei nicht Ordnungsorgan des demokratischen Rechtsstaats, sondern lediglich die andere, die feindliche Partei in einem Bürgerkrieg. Hans Lody

Foto: Siegerpose: Nach ihrem Freispruch am 28. Januar verließen Rigo B. (l.) und Yunus K. den Gerichtssaal im Triumph. Ihnen war nach den Krawallen am 1. Mai 2009 versuchter Mord an Polizisten zur Last gelegt worden.


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