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06.03.10 / Die Blockade geht weiter / Nach Tusks Rückzieher: Wer tritt in Polen gegen Kaczynski an?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Die Blockade geht weiter
Nach Tusks Rückzieher: Wer tritt in Polen gegen Kaczynski an?

Im Herbst sind in Polen Präsidentschaftswahlen. Doch nach dem Verzicht des als sicheren Sieger ausgemachten derzeitigen Ministerpräsidenten Donald Tusk auf die Kandidatur wird es turbulent auf der politischen Bühne. Gerüchte und Skandale, Anklagen und Dementi folgen schlagartig aufeinander.

Bereits vor einem Monat begann es in der polnischen Regierungsspitze zu brodeln. Tusk begründete den Verzicht auf seine Kandidatur damit, dass er seinen Reformkurs weiter vorantreiben wolle und er dies nur als Premierminister könne. Polen hatte als einziges EU-Land 2009 mit einem Wirtschaftswachstum abgeschlossen, was der regierenden Partei noch mehr Zuspruch einbrachte.

So recht wollte die polnische Öffentlichkeit den Verzicht nicht glauben, da eine Kandidatur eine gute Gelegenheit wäre, Tusks größten Rivalen, Polens derzeitigen Präsidenten Lech Kaczynski, aus dem Amt zu drängen. Bei den Präsidentschaftswahlen 2005 unterlag Tusk überraschend in der Stichwahl gegen Kaczynski. Warum also der plötzliche Rückzieher?

Das Blatt „Polska“ will Tusks guten Willen mit einer wohl eher aus der Luft gegriffenen Meldung über ein geheimes Gespräch zwischen Tusk und Präsident Kaczynski im vergangenen Dezember unterstreichen. Tusk wollte Kaczynski angeblich zu einem beidseitigen Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur bewegen. Es ist kein Geheimnis, dass beide Politiker sich weder mögen noch einen gemeinsamen politischen Kurs unterstützen. Das führt nicht nur zu ständigen Blockaden bei wichtigen Entscheidungen, sondern wegen des öffentlichen Schlagabtausches auch zu einem negativen Bild der polnischen Politik. Ein Wechsel in der Führungsebene wäre in der Situation hilfreich. Derzeit sieht es allerdings so aus, als ob Kaczynski von Tusks Rückzug profitieren würde. Er, den man schon bald aus seinem Amt scheiden sah, ist nun in den Augen vieler Wähler der einzige mögliche Präsident. Laut der GfK-Polonia-Umfrage für die Zeitung „Rzeczpospolita“ stieg die Zustimmung für Kaczynski um vier Prozentpunkte.

Nun wird in der Bürgerplattform nach einem würdigen Nachfolger gesucht, der später Hand in Hand mit Tusk das Land erfolgreich regieren soll. Zwei mögliche Kandidaten sind im Gespräch. Parlamentspräsident Bronisław Komorowski und Außenminister Rado-sław Sikorski, der erst vor kurzem in die Bürgerplattform (PO) eintrat und zuvor Verteidigungsminister in der Regierung von Jaroslaw Kaczynski war. In einer bisher in Polen einzigartigen parteiinternen Wahl werden 45000 PO-Mitglieder über ein Internetportal beziehungsweise per Briefwahl ihren Präsidentschaftskandidaten wählen. Ende März soll der Nachfolger bekannt gegeben werden.

Der parteiinterne Machtkampf ist natürlich ein gefundenes Fressen für die Presse. Täglich werden die Chancen der beiden Kandidaten diskutiert. Jaroslaw Kaczynski, der Bruder des Präsidenten und Vorsitzende der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), befeuerte die Kandidatenkür mit Gerüchten. In dem Interview behauptet er, Informationen über Machenschaften von Sikorski zu haben, die er allerdings nicht preisgeben dürfe. Diese „Staatsgeheimnisse“ sollen bereits 2007 zu Sikorskis Amtsenthebung als Verteidigungsminister geführt haben. Über diese Aussagen ist sogar die polnische Bevölkerung, die sich bereits an die romanreifen Intrigen ihrer Politiker gewöhnt hat, in Aufruhr. Anna Gaul


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