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06.03.10 / Der lange Weg zur Unabhängigkeit der baltischen Staaten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Der lange Weg zur Unabhängigkeit der baltischen Staaten

Die Geschichte der heutigen Staaten Estland, Lettland und Litauen mit ihrer seit jeher mehrheitlich baltischen Bevölkerung war sehr wechselhaft.

Noch ehe Letten, Liven und Esten sich selbst staatlich organisieren konnten, gerieten sie in die Missions- und Kolonisationsbewegung des Kaisers und des Papstes. Diese Bewegung erreichte über die Letten und die von ihnen später assimilierten Liven hinaus auch die Esten. Hier stieß man bereits im 13. Jahrhundert auf die mit ähnlichen Bestrebungen agierenden Dänen, die sodann fast 100 Jahre dort herrschten. Das angrenzende Finnland war zu diesem Zeitpunkt Teil der schwedischen Einflusssphäre. Nach deutsch-livländischen Orden, dänischer, schwedischer und polnischer Vorherrschaft wurde das eigentliche Baltikum – die Region nördlich und nordöstlich von Ostpreußen – in das Russische Reich eingegliedert. Estland und Lettland (ohne das südliche Kurland) wurden 1721 als Folge des Nordischen Krieges – durch Erwerb Peters des Großen – autonome Provinzen. Nach der dritten Polnischen Teilung 1795 folgte Kurland und wurde ein Teil der Provinz Lettland.

Obwohl Litauen erstmals 1009 in den „Quedlinburger Annalen“ erwähnt wurde, wird bis in das 13. Jahrhundert lediglich von unterschiedlichen litauischen Stämmen berichtet. Fürst Mindaugas besiegte die Stämme und machte sich zum Großfürsten. Zum Schutz gegen den Deutschen Orden lässt er sich und seinen Adel taufen und wird wie von Papst Innozenz IV. versprochen, zum König gekrönt. Nach seiner Ermordung 1263 zerbricht das Königreich. Anfang des 14. Jahrhunderts kam es unter dem Fürsten Gediminas zur Einigung und Errichtung eines erblichen Großfürstentums. Sein Herrschaftsgebiet weiteten er und später seine Söhne durch Kriege unter anderem gegen die Tartaren erheblich aus. Sie eroberten Schwarz­ru­the­nien/Schwarzreußen/Schwarz­russ­land und Weißrussland, die Ukraine sowie mehrere Kleinstaaten. 1385 kam es heiratsbedingt zu einem Zusammenschluss mit dem Königreich Polen, welcher sich bis 1589 zu einer Realunion mit starker Polonisierung entwickelte. Im Zuge der polnischen Teilungen fiel auch Litauen mit Teilen Polens für 120 Jahre an Russland.

Die Zaren versuchten die Bevölkerung zur russischen Nationalgesinnung und Orthodoxie zu bekehren, was nicht gelang, ja was sogar zu kleineren Aufständen führte. Nach dem Zusammenbruch des zaristischen Russlands aufgrund der Revolution von 1917 entstanden im Jahr 1918 die drei souveränen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Das Deutsche Reich erkannte den neuen Staat Litauen als erstes an.

Im Juni 1940 wurden die drei nunmehr „baltische Staaten“ genannten Länder Estland, Lettland und Litauen aufgrund des geheimen Zusatzprotokolls zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag von 1939 von der Sowjetunion okkupiert. Im Zuge des Zweiten Weltkriegs besetzten 1941 deutsche Truppen das Baltikum.

1944 bis 1945 eroberte die Rote Armee das Baltikum zurück, es folgte die Wiedereingliederung als Sowjetrepubliken in die damalige Sowjetunion. Bereits bei den Verhandlungen der Alliierten in Teheran und Jalta ließ Josef Stalin keinen Zweifel an der Zugehörigkeit zur Sowjetunion, er bestand auf den Grenzen von 1941.

Nationale Oppositions- und Partisanenbewegungen kämpften aus dem Untergrund vergeblich gegen die gewaltsame Sowjetisierung. Insbesondere in Litauen war der christliche Glaube ein wesentlicher Identitätspunkt gegen Repression und Unterdrückung.

Aus Anlass des 50. Jahrestages des geheimen Zusatzprotokolls von 1939 bildeten im Jahr 1989 zirka zwei Millionen Menschen eine 600 Kilometer lange Menschenkette von Reval (Tallin) bis Wilna (Vilnius) und begehrten damit gegen das verhängnisvolle Protokoll und gegen die Sowjetunion auf.

Litauen erklärte am 11. März 1990 die Wiederherstellung der Unabhängigkeit, Estland am 20. August 1991 und Lettland am 21. August 1991. Trotz der unterschiedlichsten Beeinflussungen und Unterdrückungen über Jahrhunderte sowie russischer Siedlungspolitik insbesondere in Lettland konnten die drei Länder ihre Sprachen und nationalen Identitäten bewahren.    H.-J.F.

Foto: Präsidium des Seimas (Bronius Kuzmickas, Vytautas Landsbergis, Česlovas Stankevičius, Aloyzas Sakalas) am 11. März 1990: Flaggenhissung und gemeinsames Singen der Nationalhymne im Anschluss an die Unabhängigkeitserklärung


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