23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
06.03.10 / Giftgas-Forschung für das NS-Regime

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Giftgas-Forschung für das NS-Regime

Vor 100 Jahren, am 11. März 1910, wurde Robert Havemann in München geboren. Der bekennende Kommunist hatte sich Mitte der 60er Jahre kritisch zur Art der Herrschaftsausübung in der DDR geäußert und galt seither als Regimekritiker. Vom Kommunismus hat er sich jedoch nie distanziert.

Seit 1929 studierte Havemann Chemie in München, wechselte dann nach Berlin. Obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits ein Linksradikaler, blieb er nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten im Lande und promovierte 1935. Wegen Mitgliedschaft in der Spionageorganisation „Rote Kapelle“ wurde er 1943 zum Tode verurteilt. Das Todesurteil wurde allerdings nicht vollstreckt, weil seine laufenden Forschungsarbeiten als kriegswichtig galten. Sein 1952 geborener Sohn Florian hat ihn deswegen in seinem 2007 erschienenen Werk „Havemann“ schwere Vorwürfe wegen seiner Beteiligung an der Giftgasforschung gemacht.

Nach Kriegsende versuchten die Sowjets Havemann am Kaiser-Wilhelm-Institut in Westberlin dauerhaft zu installieren, was aber misslang, weil ihn die US-Amerikaner nach ihrer Machtübernahme in diesem Sektor entließen. Er wechselte an die Ost-Berliner Humboldt-Universität, wo er 1950 die Leitung des Instituts für Physikalische Chemie übernahm. Havemann arbeitete von 1946 bis ins Jahr 1963 mit dem KGB und dem Ministerium für Staatssicherheit zusammen.

Trotzdem fiel er bei der Partei in Ungnade. Anlass war seine systemimmanente Kritik an Partei und Staat. Am 12. März 1964 beschloss die SED-Parteiorganisation an der Ost-Berliner Humboldt-Universität, ihn aus der Partei auszuschließen. Am selben Tag entzog man ihm auch seine Professur. 1965 erhielt er ein Berufsverbot und am 1. April 1966 wurde er aus der Akademie der Wissenschaften der DDR ausgeschlossen.

Als Wolf Biermann 1976 aus der DDR ausgebürgert wurde, wandte sich Havemann in einem persönlichen Schreiben an Erich Honecker, den er während seiner Haftzeit im Zweiten Weltkrieg kennengelernt hatte. Daraufhin verhängte das Kreisgericht Fürstenwalde am 26. November 1976 einen unbefristeten Hausarrest gegen ihn, der drei Jahre später wieder aufgehoben wurde. Fortan wurde sein Wohnhaus in Grünheide bei Berlin „nur“ noch von der Stasi überwacht. Anscheinend wurde im Zuge dieser Überwachung auch Angela Merkel fotografiert, wie sie sich dem Havemann-Grundstück nähert.

Nach seinem Tod 1982 und verstärkt nach der Widervereinigung wurde Robert Havemann als Ikone des demokratischen Widerstands in der DDR zelebriert, eine Ehre, die angesichts seiner Biographie nur bedingt gerechtfertigt erscheint.      H.L.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren