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06.03.10 / Er sah den Krieg als Probe / Johanniter-Kanzler Eberhard zu Stolberg-Wernigerode

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Er sah den Krieg als Probe
Johanniter-Kanzler Eberhard zu Stolberg-Wernigerode

Vor 200 Jahren kam Eberhard zu Stolberg-Wernigerode als ältester Sohn des Grafen Anton zu Stolberg-Wernigerode und dessen Ehefrau Luise geborene Freiin von der Recke im schlesischen Peterswaldau zur Welt. Er wuchs auf dem Schloss Kreppelhof in Schlesien auf. Seine erste Erziehung erhielt er durch Hauslehrer. Später besuchte er die Lehranstalt in Bunzlau und das Gymnasium in Glogau.

Im Jahr 1830 trat er in die preußische Armee ein. Er diente im 2. Garde-Ulanenregiment. 1836 wurde er zweiter persönlicher Adjutant von Prinz Wilhelm von Preußen. Im Jahr 1841 wurde er zum Premierleutnant ernannt. Bereits 1842 schied er nach der Heirat mit der Prinzessin Marie Wilhelmine Johanna im Range eines Rittmeisters wieder aus dem aktiven Dienst aus.

Im Jahr 1847 wurde er Mitglied des vereinigten Landtages, wo der Konservative Otto von Bismarck kennen lernte und sich mit ihm anfreundete. In der Revolution von 1848/49 engagierte er sich – ganz in der Tradition seines Vaters stehend – auf der Gegenseite. Im Jahr 1849 wurde er gleich von vier schlesischen Kreisen in die zweite Kammer des preußischen Landtages gewählt. In einem dieser Kreise, Landeshut, wurde er auch zum Landrat gewählt, ein Amt, das er bis 1859 bekleidete

Im Jahre 1854 stirbt sein Vater, er wird Majoratsherr der Herrschaft Kreppelhof und König Friedrich Wilhelm IV. beruft ihn als lebenslängliches Mitglied in das Herrenhaus. Bereits ein Jahr später wird er dessen Vizepräsident und 1862 dessen Präsident, was er bis zu seinem Tode bleibt. 1869 wird er zudem Erster Oberjägermeister und Chef des Königlichen Hofjagdamtes sowie Oberpräsident seiner Heimatprovinz Schlesien.

Stolberg-Wernigerodes Biographie ist nicht zu lösen vom Johanniterorden und dessen humanitärer Arbeit. 1852 stellt der preußische König die Ballei Brandenburg des Ordens formell wieder her. Er selber wird Protektor, sein Bruder Carl Herrenmeister sowie Stolberg-Wernigerode Kanzler und später noch Commendator für Schlesien. Als 1864 der Deutsch-Dänische Krieg ausbricht, empfindet Stolberg-Wernigerode das als Herausforderung für sich und seinen Orden: „Möge unser Orden sich bei dieser Kriegsprobe die rechten Rittersporen verdienen.“ Der Kanzler verschreibt sich derart vollständig der humanitären Arbeit an den Verwundeten, dass er beim nächsten Einigungskrieg, dem Bruderkrieg von 1866, zum Militär-Inspekteur der freiwilligen Krankenpflege ernannt wird. Als ihm beim Dritten Ei­ni­gungs­krieg gegen Frankreich dieselbe Position zugedacht wird, lehnt der 60-Jährige ab und schlägt mit Hans Heinrich XI. Fürst von Pleß einen 23 Jahre Jüngeren vor, dem er nun als Provinzialdelegierter für Schlesien aus der zweiten Reihe zuarbeitet.

Eine große Ehre wird Eberhard zu Stolberg-Wernigerode jedoch noch zuteil. 1871 reist er nach Versailles, um seinem König namens des Herrenhauses zur Kaiserwürde zu gratulieren. Bei dieser Gelegenheit verleiht ihm Wilhelm I. das Eiserne Kreuz am weißen Bande für Nicht-Kombattanten. Und auch andere Bundesfürsten erwiesen ihm mit hohen Auszeichnungen die Ehre.

Es ist fast die letzte Ehre, denn bereits im darauffolgenden Jahr starb der Graf. Kaum dass der gesundheitlich Angeschlagene in Johannisbad zur Kur eingetroffen war, verstarb er hier am 8. August 1872.     Manuel Ruoff


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