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06.03.10 / Warten auf den Eisbrecher / Eis und Frost haben die Fährverbindung zwischen Neutief und Pillau lahmgelegt – Bald Nationalpark?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-10 vom 06. März 2010

Warten auf den Eisbrecher
Eis und Frost haben die Fährverbindung zwischen Neutief und Pillau lahmgelegt – Bald Nationalpark?

Im Gegensatz zur Kurischen Nehrung, die als Perle der Ostsee sehr bekannt ist, haben bislang nur wenige Touristen die Frische Nehrung bereist. Als Sperrgebiet ist diese schmale Landenge, die den westlichsten Punkt des heutigen Russlands bildet, auch nur schwer erreichbar.

Selbst Bürger des Königsberger Gebiets finden nur selten den Weg auf die Frische Nehrung. Die meisten Königsberger sind noch nicht dort gewesen. Die Frische Nehrung ist 65 Kilometer lang und 300 Meter bis 1,8 Kilometer breit. Zwei Staaten teilen sich die Nehrung: die nördliche Hälfte (ungefähr 35 Kilometer) gehört zur Russischen Föderation, die südliche zur Republik Polen. Beide Teile haben ein völlig unterschiedliches Schicksal. Der südliche Teil, polnisch „Mierzeja Wislana“ („Weichsel-Nehrung“) genannt, hat sich zur touristischen Sehenswürdigkeit, einem modernen Badeparadies entwickelt. Auf der russischen Seite gibt es nichts davon.

Hier ist eine märchenhaft unberührte Natur sich selbst überlassen, denn es fehlt das Geld, um dieses idyllische Kleinod in ein Urlaubsparadies zu verwandeln. Obwohl in den vergangenen Jahren immer mehr Touristen aus verschiedenen Ecken des Landes die Frische Nehrung bereisten, hat noch kein Investor Interesse an der Gegend bekundet. Die Reisenden übernachten in unbequemen Behausungen ohne jeden Komfort, opfern ihre Bequemlichkeit dem Erlebnis unberührter Natur mit breiten Sandstränden und dem frischen Duft der Kiefernwälder. Die Frische Nehrung hat zurzeit den Status eines Schutzgebietes. Vor einigen Jahren wurde schon darüber beraten, das Gebiet wie die Kurische Nehrung zum Nationalpark zu ernennen, doch eine Entscheidung fiel bis jetzt nicht.

Am nördlichsten Punkt der Nehrung gibt es zwei Siedlungen, Neutief (Kosy) und Rybatschij. Gemeinsam mit der Stadt Pillau (Baltijsk), von der die Nehrung durch einen 400 Meter breiten Kanal getrennt ist, gehören sie zum Stadtkreis Pillau. Die Dorfbewohner leben schon lange mit dem Risiko, abgeschnitten vom Rest der Welt zu Insulanern zu werden. Für die Fährverbindung ist die Baltische Flotte zuständig. Früher gab es täglich zwölf Überfahrten mit Fähren und Motorbooten. Dann traten Probleme mit der Finanzierung und der Aufteilung der für die Überfahrten bestimmten Gelder auf, in deren Folge es zu Ausfällen der Verbindung kam.

Das Problem hat sich während des Kälteeinbruchs der vergangenen Wochen noch verschärft, dieses Mal wegen Frost und Eis. Die Bewohner der Frischen Nehrung hatten für einige Tage Probleme, nach Hause zu gelangen. Über Nacht fror der Kanal immer wieder zu und sie mussten erst auf den Eisbrecher warten, der die Fähre befreite. Die Außenhaut der Fähren ist nur einige Millimeter dick und so bestand die Gefahr, dass das Metall vom Eis beschädigt würde. Bei 20 Grad Frost mussten die Menschen auf das einzige Transportmittel warten, um nach Hause oder zur Arbeit zu gelangen. Da es auf der Frischen Nehrung weder Arbeit, noch Schulen oder Krankenhäuser gibt, sind die Bewohner darauf angewiesen, täglich aufs Festland, nach Pillau oder Königsberg, überzusetzen.     

Jurij Tschernyschew

Foto: Nicht für Eis und Frost ausgelegt: Eine der zwischen Neutief und Pillau verkehrenden Fähren der Baltischen Flotte Bild: Tschernyschew


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