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13.03.10 / Irgendwer zahlt schon / Auf politische Entscheidungen setzend kaufen Anleger weiter griechische Anleihen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-10 vom 13. März 2010

Irgendwer zahlt schon
Auf politische Entscheidungen setzend kaufen Anleger weiter griechische Anleihen

Die deutsche Finanzbranche hält für etwa 42 Milliarden Euro griechische Staatsanleihen. Wie Athen oder aber die Euro-Partner diese Schulden zurückzahlen wollen, ist ungewiss.

„Nein, wir können ihnen keinen weiteren Kredit gewähren.“ Der Tonfall des Bankberaters lässt keinerlei Spielraum für weitere Diskussionen. Der vor ihm sitzende Unternehmer hat keine Sicherheiten mehr zu bieten, die wirtschaftliche Perspektive ist trübe, hohe Fixkosten engen die Bewegungsfreiheit ein, des weiteren hat er auch noch gelogen. Ein Blick in die Bücher zeigt mehr Kredite bei anderen Banken an als bisher angegeben. Alles in allem ist bereits jetzt eine deutliche Überschuldung auszumachen. Keine Bank, die ihr Geld wiedersehen will, würde diesem Unternehmen, das im Grunde schon insolvent ist, noch Geld leihen.

Doch Griechenland ist kein Unternehmen und daher haben Versicherungen, Fondsgesellschaften, Pensionsfonds und auch Banken Anfang März dem Land noch Anleihen für insgesamt fünf Milliarden Euro abgekauft. Der Zinssatz mit 6,25 Prozent und zugesagte Einsparungen im Staatshaushalt haben ausgereicht, dass Athen sogar 16 Milliarden Euro am Kapitalmarkt hätte platzieren können. Das lässt die Regierung von Staatschef Georgios Papandreou und alle anderen Länder der Euro-Zone, die über die gemeinsame Währung mit den Griechen in einem Boot sitzen, hoffen, dass weitere Anleihen ähnlich reißenden Absatz finden. Im April muss das Land Kredite in Höhe von zwölf Milliarden Euro und im Mai eine Anleihe im Umfang von acht Milliarden Euro zurückzahlen. Das ist nur möglich, indem neue Anleihen herausgegeben werden. Die aktuelle Fünf-Milliarden-Euro-Anleihe hat nun gezeigt, dass immer noch genug Anleger bereit sind, Griechenland ihr Geld zur Verfügung zu stellen. Dass der Zinssatz so „attraktiv“ ist, liegt am Ausfallrisiko, doch das scheinen die Käufer der griechischen Anleihen ausgeblendet zu haben. Dabei sind die Fragen, wie, wann und ob überhaupt Athen seine Krise bewältigen wird, noch absolut ungeklärt.

Doch die Gläubiger Griechenlands handeln keineswegs unvernünftig, denn selbst wenn Athen nicht zahlt, irgendwer aus der Euro-Währungsgemeinschaft wird schon einspringen. Da ein Konkurs eines Euro-Landes nicht vorgesehen ist, es also keine Insolvenzordnung für den Euro gibt, ist auch nirgendwo geregelt, inwieweit die Gläubiger − wie bei der Insolvenz eines Unternehmens − auf einen Teil ihrer Forderung verzichten müssen. „Auf mittlere Sicht ist das der Schlüssel zur Disziplinierung der Länder“, so der Oxford-Professor Clemens Fuest in einem Interview mit der „Welt“ über eine Insolvenzordnung. „Angesichts der Gefahr, bei Ausfällen mit haften zu müssen, würden sich die Gläubiger gut überlegen, wem sie Geld leihen und wem nicht“, so der Ökonom. Allerdings sei die Schaffung einer Euro-Insolvenzordnung nur eine langfristige Lösung und sicher kein kurzfristiger Ausweg aus dem Dilemma.

Ein kurzfristiger Weg aus dem Euro-Griechenland-Problem zeichnet sich noch nicht ab. Denn eine Übernahme der griechischen Schulden durch die anderen Euro-Mitgliedsstaaten ist vertraglich untersagt. Eine gemeinschaftliche Euro-Anleihe, die den Griechen eine günstigere Refinanzierung über die Europäische Zentralbank ermöglicht, ist längst vom Tisch. Stabilere Länder wie Deutschland sind nicht bereit, Griechenlands Schulden über höhere Zinsen bei der eigenen Kreditaufnahme mitzufinanzieren. Da würden sie lieber direkt für einige Milliarden Euro durch staatliche Banken wie die KfW griechische Anleihen kaufen lassen, doch das ist genauso umstritten wie die Gründung eines Europäischen Währungsfonds (EWF). Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist von der Idee, ein europäisches Pendant zum Internationalen Währungsfonds (IWF) zu gründen, angetan. Auch die Franzosen und die EU-Kommission hat er schon für diesen Plan begeistern können. Inwieweit dieser bei der Griechenlandkrise helfen soll, ist aber trotz heißer Diskussionen nicht geklärt. Zwar würde ein EWF es ermöglichen, dass Europa ohne Einfluss der USA und auch Chinas Ländern der Euro-Zone finanziell unter die Arme greifen und auch selbst die Art der Disziplinierungsmaßnahmen wählen kann, doch das allein spricht nicht für die Gründung eines EWF. Derzeit erhalten Ungarn, Lettland und Rumänien, aber noch kein Mitglieds-Land der Euro-Gemeinschaft Gelder aus dem US-dominierten IWF. Dieser ist für drakonische Maßnahmen bekannt. Schon in Asien überlegte man deswegen nach der Krise 1997/98 die Gründung eines asiatischen Währungsfonds, da die IWF-Auflagen die Wirtschaftskrise noch verschärft hätten. Heraus kam 2000 die Chiang-Mai-Initiative, ein gemeinsamer Währungsreserven-Topf, auf den die zehn Mitgliedsstaaten − unter ihnen China, Südkorea und Japan − im Notfall neben Mitteln aus dem IWF zurückgreifen können. Die Finanzierungsfrage sorgte dafür, dass am Ende nur der Kompromiss Chiang-Mai-Initiative möglich war. Auch in der Euro-Zone dürfte die Finanzierungsfrage ein wesentlicher Knackpunkt sein. Wer soll das Grundkapital von gewünschten 250 Milliarden Euro plus 500 Milliarden Euro Kreditlinie gerade in der jetzigen finanziellen Situation für den EWF zur Verfügung stellen? Fast alle Staaten der Euro-Zone reißen 2010 die Drei-Prozent-Stabilitätsregel bei der Neuverschuldung. Außerdem müssten für die Gründung eines EWF die EU-Verträge geändert werden, was ein kompliziertes und zeitraubendes Unterfangen ist. Auch stellt sich die Frage, wer EWF-Auflagen kontrolliert − etwa eine neu zu schaffende EU-Behörde. Und welche Anreize zur soliden Haushaltsführung haben Staaten wie Griechenland noch, wenn ein EWF Gelder verspricht? Da all diese Fragen nicht zeitnah geklärt werden können, kann ein EWF im Fall Griechenland nicht mehr helfen. Doch trotz dieser Ungereimtheiten vertrauen die Käufer der Griechenland-Anleihen offenbar weiter darauf, dass irgendwer schon zahlen wird.Rebecca Bellano


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