16.04.2024

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20.03.10 / Architekten aus ganz Deutschland kamen nach Ostpreußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-10 vom 20. März 2010

Architekten aus ganz Deutschland kamen nach Ostpreußen

Ein in der Geschichte der deutschen Architektur oft vernachlässigtes Kapitel ist der Wiederaufbau Ostpreußens in und nach dem Ersten Weltkrieg. Wenig wurde bisher die Zeit zwischen 1915 und 1927 beachtet, obwohl gerade in diesen Jahren viele bedeutende Baumeister – und solche, die es noch werden sollten – in der östlichen Provinz des Deutschen Reiches gewirkt haben. Namen wie Hugo Häring, Hans Scharoun und Heinz Stoffregen sind zu nennen. Über 500 Architekten aus allen deutschen Gauen meldeten sich freiwillig, diese Wiederaufbauarbeit zu leisten. Mehr als 30000 Gebäude waren damals durch die zaristische Armee zerstört worden; eine Million Menschen waren obdachlos. Da hieß es, schnell zu handeln. Der Wiederaufbau wurde zur nationalen Frage erklärt; Patenschaften anderer deutscher Städte, Kreise und Provinzen ermöglichten die Finanzierung. Eigens eingerichtete Bauberatungsstellen wachten über die Entwürfe der Architekten.

Zu den jungen Baumeistern, die sich in Ostpreußen die ersten Sporen verdienten, gehörte auch der Bremer Hans Scharoun (1893–1973), der später durch den Bau der Philharmonie in Berlin berühmt werden sollte. Auch seine Wohnhäuser in Stuttgart, das Stadttheater in Wolfsburg und das Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven zeigen deutlich seine Handschrift. In Insterburg war Scharoun zunächst als stellvertretender Leiter des Bauberatungsamtes tätig. Ab 1. April 1918 arbeitete er dann als freier Architekt. In diese Zeit fielen unter anderem Ent­würfe für Wohnhäuser am Inster­bur­ger Park­ring, die damals schon mit Etagenheizungen ausgestattet waren und an seine späteren Wohnungsbauten erinnern.

Wie Hans Scharoun war auch Hugo Häring (1882–1958) während des Ersten Weltkriegs nach Ostpreußen gegangen. Von 1915 bis 1921 wirkte er als Bauanwalt in Allenburg, Kreis Wehlau. Dort soll er an der Planung zum Wiederaufbau des nach dem Russeneinfall stark beschädigten Turms der Ordenskirche beteiligt gewesen sein. Der Architekt Christian Papendick nennt auch das Herrenhaus Otto von Weiss in Groß Plauen, das Häring 1920 errichtet hat. Kriege und Zerstörungswut haben nur wenig von dem Bau übrig gelassen. Nach dem Krieg gehören neben zwei Projekten in Rio de Janeiro vor allem das Gut Garkau in Ostholstein (1922–1926) und auch seine Beteiligung an Berliner Großsiedlungen wie Onkel-Toms-Hütte (1926) oder die Ring-Siedlung in Berlin-Siemensstadt (1929/30) zu seinem Werk. Häring spielte auch eine Rolle bei den Planungen der Avantgarde zur Umgestaltung des Platzes der Republik vor dem Reichstag (1927/30) und bei der Entwicklung der Stuttgarter Weißenhofsiedlung (1925/26) unter Mies van der Rohe. Silke Osman


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