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27.03.10 / Kein Ende der Debatte / Der Bericht der Dresdner Historikerkommission ist lesenswert – Fragen bleiben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-10 vom 27. März 2010

Kein Ende der Debatte
Der Bericht der Dresdner Historikerkommission ist lesenswert – Fragen bleiben

Mit Skepsis haben viele Konservative und auch diese Zeitung die Tätigkeit der Historikerkommission der Stadt Dresden verfolgt, die mehr Klarheit in die seit Jahrzehnten umstrittene Frage der Opferzahl bei der Zerstörung der Stadt im Februar 1945 bringen sollte. Doch das Ergebnis enthält positive Überraschungen. Nicht nur für die moralische, sondern auch für die völkerrechtliche Bewertung der Zerstörung Dresdens ist es unerheblich, ob dabei 20000 oder 200000 Menschen ums Leben kamen: Wer in einem längst entschiedenen Kriege eine militärisch bedeutungslose Stadt mit einem bewusst entfachten Feuersturm zerstört, begeht ein Verbrechen. Es trägt zur Glaubwürdigkeit der Arbeit der Dresdner Historikerkommission bei, dass sie diese Bewertung im Prinzip teilt und die Zerstörung Dresdens sogar stärker als völkerrechtswidrig einstuft als etwa die deutschen Luftangriffe auf das in der Frontlinie gelegene Rotterdam und auf Coventry, das damalige Zentrum der britischen Luftrüstung. Auch der Hinweis im Abschlussbericht der Kommission, dass von etwa 17000 in Dresden stationierten deutschen Soldaten nur etwa 100 zu Tode kamen, spricht eine deutliche Sprache: 99,6 Prozent der Opfer waren Zivilisten, Nichtdeutsche aus fast 20 Nationen, vor allem Zwangsarbeiter und (auch britische!) Kriegsgefangene waren darunter. Auch die neue Arbeit kann die Debatte um die Opferzahl in Dresden nicht abschließen – dies würde auch dem Prinzip der wissenschaftlichen Forschung widersprechen, die immer offen für neue Argumente und Schlussfolgerungen sein muss. Und doch hat die Kommission eindrucksvolle und nachprüfbare Argumente zur Klärung vorgetragen. Beispielsweise steht nun fest, dass viele Kilometer Akten über die Bewältigung des katastrophalen Luftangriffes erhalten geblieben sind und dass die schwer getroffene Verwaltung der Stadt, wenn auch unter Schwierigkeiten, nach der Zerstörung Dresdens im Prinzip weiter funktionierte. Ein Beispiel: Die Verbrennung Tausender geborgener Leichen auf dem Dresdner Altmarkt ab dem 25. Februar 1945, abgebildet auf der Seite 1 dieser Zeitung vor nunmehr fünf Wochen, ist eine unbestreitbare Tatsache. Wahr ist aber auch, dass diese Toten zuvor gezählt wurden, die Asche von genau 6865 auf dem Altmarkt Eingeäscherten wurde am 5. März auf dem Dresdner Heidefriedhof bestattet. Durchaus wurde versucht, die Getöteten vorher zu identifizieren. Auch bei schwer verbrannten Leichen gelang dies oft, denn man kannte ja ihren Bergungsort konnte mit Vermisstenmeldungen vergleichen. Überzeugend sind die Vergleiche des Angriffs auf Dresden mit den anderen besonders mörderischen Flächenbombardements deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg, insbesondere denen auf Hamburg, Darmstadt und Pforzheim, wo ebenfalls Feuerstürme entfacht wurden, in denen jeweils deutlich über 10000 Menschen starben (siehe unten). Offen bleiben zwei alte Streitthemen. Wurde Dresden nach dem Luftangriff noch von Tieffliegern heimgesucht? Hier erklärt die Kommission, dass (angeblich) weder britische noch deutsche Quellen entsprechende „Einflüge“ erwähnen, konzediert aber eine große Zahl gegenteiliger Zeitzeugenberichte insbesondere für den 14. Februar. Höchst unsicher bleibt zweitens die Frage, wie viele Ostflüchtlinge sich am Tag des Angriffs im Stadtgebiet aufhielten und im Inferno des Luftangriffs starben (siehe rechts). Ein Schwerpunkt der Kommission war die namentliche Erfassung der Getöteten und Vermissten. Nun sind immerhin 24900 Tote der insgesamt acht Luftangriffe auf Dresden namentlich registriert. Konrad Badenheuer


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