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27.03.10 / Mit Teebeuteln und Polemik gegen Obama / Erzkonservative sägen am Stuhl des Präsidenten − Selbst Republikaner befürchten Gefahr

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-10 vom 27. März 2010

Mit Teebeuteln und Polemik gegen Obama
Erzkonservative sägen am Stuhl des Präsidenten − Selbst Republikaner befürchten Gefahr

Ein erstaunliches Phänomen grassiert zurzeit in der US-Politik: Die so genannten Tea Parties. Unter dem Schirm der Tea Party Patriots versammeln sich neue rechts-konservative Untergruppen. Sie haben patriotische Namen wie die „Renewing American Leadership-Coalition“ des Republikaners Newt Gingrich, die „Liberty Central“ von Ginni Thomas, der Ehefrau des erzkonservativen Obersten Richters Clarence Thomas, oder die „Traditional Values-Coalition“ der Katholiken und „Faith and Freedom-Coalition“ der Protestanten. Sie alle eint der Kampf gegen den US-Präsidenten Barack Obama. Die religiöse Rechte ist erst seit kurzem zur Tea-Party-Bewegung gestoßen. Erfreut vereinen nun beide Seiten ökonomische, politische wie moralische Proteste. Denn in diesem Jahr stehen Wahlen für den Kongress und die Gouverneure an. Die von der Wahl des farbigen Demokraten Barack Obama zum US-Präsidenten noch immer geschockten Republikaner kämpfen mit blindem Eifer, um die Macht zurückzuerobern. Ganz besonders nach dem Sieg des Präsidenten am vergangenen Sonntag – der knappen, aber endgültigen Annahme der umstrittenen Gesundheitsreform im Repräsentantenhaus – hat sich Obamas Position im Wahljahr doch noch überraschend gefestigt. Dieses Gesetz bedeutet einen immensen, ja historischen Sieg für den Mann im Weißen Haus und einen Schlag ins Kontor der Republikaner, die bis zuletzt mit allen nur erdenklichen Mitteln versucht haben, die Reform zu verhindern. Die massiven Protest-Demonstrationen der rechts-konservativen Tea Parties in den Tagen und Wochen zuvor hatten die für Amerika so wichtige Entscheidung nicht verhindern können. „Wir müssen die konservativen Wähler von der Couch aufscheuchen“, wurde zum Motto der Tea-Party-Aktivisten – die sich auch gern „Wir haben Genug“-Partei nennen –, um alle durch die Rezession mit Job-Verlusten, Zwangs-Versteigerungen und anderen schweren Sorgen Unzufriedenen unter ihrem patriotischen Schutz zu vereinen. Als hätten sie die Antwort auf die derzeitigen, von ihrem republikanischen Vorgänger-Präsidenten George W. Bush mit verursachten Probleme, gegen die der engagierte Demokrat im Weißen Haus ankämpft. Doch für die Tea-Party-Bewegung ist der Präsident der Beelzebub. Gnadenlos bedienen sie sich der Geschichte, zitieren beständig die Verfassung, erinnern an die Gründungsväter und an die historische „Boston Tea Party“ (siehe Kasten), von der sie – zu Unrecht – ihren Namen geborgt haben. Sich den Begriff „Tea Party“ nun als Protest-Bewegung zunutze machend, wollten die ersten Aktivisten bereits am Tag der in aller Welt und im Land gefeierten Amtseinführung von Obama eine Riesendemonstration gegen die Entschuldung (Bail-out) der Banken veranstalten, was misslang. Dann wurden Bürger aufgefordert, Protest-Teebeutel an Kongressmitglieder in Washington zu schicken. Mit Hilfe des Internets, von Twitter, Blogs und rechter Presse gelang es am „Steuer-Tag“, dem 15. April 2009, bereits, in 750 Städten Tea-Party-Versammlungen mit Tausenden von Leuten zu organisieren. Und so ging es weiter. Im Februar fand die erste Nationale Tea-Party-Versammlung in Texas mit prominenten Rednern statt. Darunter Sarah Palin, die, hätten bei der Wahl 2008 die Republikaner gewonnen, jetzt Vizepräsidentin wäre. Sie verkündete, dass sie bei der nächsten Wahl selber ins Weiße Haus einziehen möchte, denn Obama habe keine Chance, wiedergewählt zu werden. „Es sei denn, er würde mal ein biss-chen tough sein und dem Iran den Krieg erklären.“ Der Ton der Versammlung wurde schon klar bei der Eröffnungsrede, als einer der Leiter, Tom Tancredo, behauptete, dass vor allem Zuwanderer Barack Obama in sein Amt gehievt hätten: „Leute, die nicht das Wort ,wählen‘ buchstabieren können, haben einen erklärten sozial-istischen Ideologen namens Barack Hussein Obama ins Weiße Haus gewählt.“ Das Zauberwort für die Tea-Party-Aktivisten, von denen die meisten männlich, gutsituiert und mit College-Abschluss sind, heißt „Small Government“, was auf die Abneigung gegen einen zu großen Einfluss des Staates anspielt. Sie wollen alles haben von ihrer Regierung – eine gesunde Wirtschaft, gute Schulen, Jobs, gute Altersversicherung –, gleichzeitig wollen sie aber niedrige Steuern. Ganz geheuer ist den Republikanern der Verbündete nicht. „New York Times“-Kolumnist David Brooks vermutet, die Bewegung könne mit ihren Forderungen zum Ruin der Republikaner werden. Und der Kommentator Patrick Buchanan gibt die Gefahr zu: „Die Tea-Partier spielen heute die Rolle der früheren Rote-Armee-Kommissare, die hinter ihren eigenen Truppen an Maschinengewehren saßen und auf jeden schossen, der abtrünnig wurde. Republikaner, die für Steuererhöhungen stimmen, können sich nie mehr nach Hause wagen.“ Liselotte Millauer


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