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27.03.10 / Legale Schleichwerbung / Privatsender dürfen Produkte gegen Bezahlung platzieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-10 vom 27. März 2010

Legale Schleichwerbung
Privatsender dürfen Produkte gegen Bezahlung platzieren

Direkt hinter der Ziellinie schwingt sich der Skiläufer noch einmal zur Höchstform auf: Mit spektakulärer Körperakrobatik bringt er sein Sportgerät in bildschirmgerechte Steillage, und unübersehbar prangt auf den Brettern, die im Slalom die Welt bedeuten, der Name des Herstellers. Da weiß der Zuschauer sofort, mit welcher Marke er bei den Siegern ist. Freilich stellen die als lebende Litfaßsäulen herumhüpfenden Spitzensportler die eher plumpe Variante dessen dar, was man früher als Schleichwerbung kennzeichnete und heute „Product Placement“ nennt. Die Werbebranche ist da längst weiter. Als optimal gilt es, in TV-Sendungen mit hoher Quote – vor allem also Unterhaltung, Sport und Serien – die Dinge des täglichen Lebens so unauffällig vorkommen zu lassen, dass der Zuschauer gar nicht mehr auf die Idee kommt, hier werde für etwas geworben. Üblicherweise stellen die Produzenten den TV-Programmgestaltern und Veranstaltern ihre Produkte kostenlos zur Verfügung. Einzige Bedingung: Die Marke muss erkennbar bleiben. Hingegen ist es bislang in Deutschland unzulässig, dass Firmen für die Platzierung ihrer Produkte bezahlen. Dies aber soll sich nun ändern: Zum 1. April tritt eine Neufassung des Rundfunkstaatsvertrages in Kraft, mit der ein Beschluss des Europaparlaments von Ende 2006 in nationales Recht umgesetzt wird. Danach wird das „Product Placement“ künftig bei den privaten Fernsehanbietern erlaubt, allerdings unter Auflagen. Nachrichten- und Kindersendungen sollen generell werbefrei bleiben, ansonsten müssen die kostenpflichtig platzierten Produkte vor und nach der Sendung sowie zu Beginn von Werbepausen benannt werden. In den öffentlich-rechtlichen Programmen bleibt diese Form der Werbung weiterhin verboten – mit einer Ausnahme: Fremdproduktionen. Dies betrifft zum Beispiel die zahlreichen US-Serien, in denen „Product Placement“ seit vielen Jahren üblich und legal ist. Hier gehen die Amerikaner wieder einmal mit schlechtem Beispiel voran: Wenn der Serienheld auf die Uhr der Marke A schaut, die Sonnenbrille der Marke B zurechtrückt, schnell noch einen Schluck Powerdrink der Marke C nimmt, sich ins Auto der Marke D schwingt und mit quietschenden Reifen (Marke E) vondannen rast – ist diese Szene für den Handlungsablauf wichtig, oder wurde sie nur ins Drehbuch geschrieben, um die Produkte A bis E gegen entsprechende Bezahlung in Szene zu setzen? Für diese Art legalisierter Schleichwerbung werden weltweit rund sechs Milliarden Dollar (4,5 Milliarden Euro) umgesetzt. In Deutschland wird damit gerechnet, dass allenfalls zwei bis drei Prozent der TV-Werbeeinnahmen (jährlich vier Milliarden Euro) künftig auf „Product Placement“ entfallen, immerhin um die 100 Millionen. Fragt sich, wie hoch die Dunkelziffer anzusetzen ist. Denn dass so mancher gutbezahlte Fernseh-Mitarbeiter sich hier längst ein sattes Zubrot erschlossen hat, gilt in der Branche als offenes Geheimnis. Hans-Jürgen Mahlitz


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