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27.03.10 / Pfründe und faule Kompromisse

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-10 vom 27. März 2010

Pfründe und faule Kompromisse
von Rebecca Bellano

Ich habe Deutsch in der Schule gelernt für zwei Jahre, aber ich habe jetzt vergessen“, lautete die Antwort der Hohen Repräsentantin für Außen- und Sicherheitspolitik, Baroness Catherine Ashton. Der deutsche Außenminister, Guido Westerwelle (FDP), hatte verlangt, Deutsch als gleichberechtigte Sprache neben Englisch und Französisch im neu zu schaffenden Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) einzuführen. Und Ashton ließ ihn auf diese Weise überraschend charmant abblitzen. Als sich allerdings auch noch der österreichische Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) dem Anliegen Westerwelles anschloss, wetterte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso über die „spalterischen und nationalistischen Tendenzen“ bei den EU-Mitgliedsländern. Doch überrascht es, dass Nationen nationale Tendenzen offenbaren? Schließlich haben die Regierungen der 27 EU-Länder die Interessen ihrer Wähler zu vertreten. Im Grunde ist es erstaunlich, dass die offenbar lukrativen Pfründe, die bei der EU zu erhalten sind, diese Interessenvertretung bei einigen weitgehend unterdrücken konnten. Zudem will Westerwelle etwas an sich Normales. Denn offiziell ist Deutsch schon jetzt bei allen EU-Behörden neben Französisch und Englisch gleichberechtigt, praktisch allerdings sind selbst Pressemitteilungen nur höchst selten auf Deutsch zu erhalten. Zwar bilden die etwa 90 Millionen deutschen Muttersprachler die größte Sprachgemeinschaft unter den rund 550 Millionen EU-Bürgern, aber das scheint Brüssel und auch Berlin egal zu sein. Aber nicht nur die Debatte über die Sprache, die beim neuen EAD gesprochen werden soll, sondern auch die Streitereien über die Ziele der neuen Behörde irritieren. Wenn sich die Regierungen der Mitgliedsstaaten schon nicht auf die Struktur der neuen Behörde einigen können, wie sollen sie dann eine gemeinsame EU-Außenpolitik betreiben? Und wollen wir das überhaupt? Sollen nach und nach alle deutschen Botschaften gegen EU-Vertretungen ausgetauscht werden? Auf dem Papier scheint Berlin das zu wollen. Jetzt aber, wo es an die Umsetzung geht, zeigt sich, dass die deutsche Regierung nicht bereit ist, ihre Verantwortung aus der Hand zu geben. Denn wenn es um Einflussnahme geht, sind vor allem die Franzosen und Briten schneller oder es obsiegen als Kompromiss Kandidaten aus kleinen Ländern. Das kann nicht im deutschen Interesse liegen. Auch ist die Idee, dass Europa mit einer Stimme spricht, bei großen Leitthemen reizvoll. Aber wie realistisch ist es, dass sich die 27 Staaten auf eine Stimme, die alle Interessen berücksichtigt, festlegen können? Da kann bestenfalls ein farbloser Kompromiss her-rauskommen und bitte, wie wahrscheinlich ist es, dass Länder wie China, Iran, USA, Brasilien oder Israel diese eine weichgespülte Stimme dann auch respektieren?


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