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27.03.10 / Der »genialste Spendensammler« seines Landes / Vor 100 Jahren, am 2. April 1910, starb der Gründer der Betheler Anstalten, Pastor Friedrich von Bodelschwingh

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-10 vom 27. März 2010

Der »genialste Spendensammler« seines Landes
Vor 100 Jahren, am 2. April 1910, starb der Gründer der Betheler Anstalten, Pastor Friedrich von Bodelschwingh

Pastor Friedrich von Bodelschwingh, dem großen Pionier der evangelischen Diakonie, wird man nicht gerecht, wenn man nur seine sozialen Initiativen würdigt. Er leistete zwar Bahnbrechendes in den von ihm begründeten Einrichtungen für Epileptiker, Behinderte, Arbeitslose und Obdachlose in Bethel (bei Bielefeld), aber seine Motivation, sein Wirken lag in einem ganz anderen Feld. Ähnlich wie Mutter Teresa sah er seine Mission zuerst und zunächst in der Verkündigung des Evangeliums. Als Missionar der Nächstenliebe wollte er gelten. Groß wurde der 1831 in Tecklenburg geborene von Bodelschwingh als sechstes Kind einer alten westfälischen Adelsfamilie. Sein Vater war Minister Friedrich Wil­- helms IV., er selber Spielgefährte von dessen Neffen Friedrich Wilhelm, dem späteren „99-Tage-Kaiser“. In Berlin entwickelte der junge Friedrich bald ein Gespür für das Elend in den Armenvierteln der preußischen Hauptstadt. Im Zuge der Industrialisierung und der beginnenden „Gründerzeit“ waren Menschenmassen in die großen Städte gezogen; Wanderarbeiter und Tagelöhner fristeten mit ihren Familien unter unsäglichen Umständen ihr Dasein. Unbillig sei „der große Abstand zwischen arm und reich“, stellte Fried­rich schon als Schüler fest. Doch nicht das soziale Elend, sondern eine Erweckungspredigt brachten von Bodelschwingh auf seine Lebensspur. Während einer Tätigkeit als Verwalter auf Gut Gramenz in Hinterpommern besuchte von Bodelschwingh im Alter von 23 Jahren ein Missionsfest in dem kleinen Städtchen Bublitz. Dort schilderte ein Pastor so eindringlich das Schicksal und die Not „hinsiechender, sterbender, verderbender Menschenseelen“, dass von Bodelschwingh sich gerufen sah, als „Arbeiter in der Ernte“ zu wirken und Pastor zu werden. Dieser Bekehrungserfahrung im Sinne erwecklicher, pietistischer Kreise des Protestantismus blieb von Bodelschwingh sein Leben lang treu. Bibelgläubigkeit und Gegnerschaft zur liberalen Theologie prägten seinen weiteren Weg. Nach kürzeren Tätigkeiten als Gemeindepfarrer und Feldprediger in preußischen Kriegen übernahm von Bodelschwingh 1872 die Leitung eines Epileptiker-Heims mit 150 Bewohnern. Mit unglaublicher Energie baute er diese Einrichtung, die er „Beth El“ (Haus Gottes) benannte, konsequent zu einer Modellsiedlung aus. Am Ende seiner Lebenszeit wohnten dort 4000 gesunde, kranke und behinderte Menschen zusammen. Unter dem wieder aktuellen Motto „Arbeit statt Almosen“ verdienten sich Gesunde wie Behinderte und Arbeitslose ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft, beim Verwerten von Briefmarken oder alter Kleidung. Als „genialsten Spendensammler“ Deutschlands bezeichnete Bundespräsident Theodor Heuss einst den Gründer Bethels, weil sich dort die Spenden durch Arbeit wundersam vermehrten. Hinrich E. Bues

Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, Zentrale Öffentlichkeitsarbeit, Dankort, Quellenhofweg 25, 33617 Bielefeld, Telefon (0521) 144-3599, Telefax (0521) 144-5214, E-Mail pr.information@bethel.de, führen im Bodelschwingh-Jahr 2010 eine Reihe von Veranstaltungen durch. Das Programm finden Interessierte im Internet auf der Seitewww.bethel.de


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