26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
27.03.10 / In Eigentherapie zur Kur perfektioniert / Dem schlesischen Bauern Johann Schroth brachten Fasten und feuchte Umschläge Heilung nach einem Huftritt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-10 vom 27. März 2010

In Eigentherapie zur Kur perfektioniert
Dem schlesischen Bauern Johann Schroth brachten Fasten und feuchte Umschläge Heilung nach einem Huftritt

Der Brauch des Fastens, das heißt über einen gewissen Zeitraum auf Nahrungsaufnahme teilweise oder ganz zu verzichten, ist in vielen Kulturen und Religionsgemeinschaften fest verankert. Schon früh erkannte man, dass sich dadurch eine sowohl körperliche als auch geistige Reinigung und Heilung einstellt. Während der Islam den Fastenmonat Ramadan vorschreibt, dient im Christentum der Zeitraum zwischen Aschermittwoch und Ostern den Gläubigen zur Buße und inneren Einkehr in Kombination mit dem Verzicht auf bestimmte Speisen. Der Brauch soll an das 40-tägige Fasten Jesu Christi in der Wüste zur Vorbereitung seines öffentlichen Wirkens erinnern. Zu ähnlichen Erkenntnissen gelangte auf ganz anderen Wegen vor rund 200 Jahren der schlesische Bauer und Fuhrmann Johann Schroth (1798–1856). Am Anfang stand, wie bei so vielen Forschern, der Selbstversuch: Als junger Mann wurde er durch den Huftritt eines Pferdes am Knie so schwer verletzt, dass das Bein steif blieb und große Schmerzen bereitete. Auf den Rat eines Wandermönchs hin sollte er das Knie nass halten und beobachten, was kranke Tiere tun. Gesagt, getan: Er bemerkte, dass krankes Vieh die Nahrung verweigert und wenig trinkt, bis es wieder genesen ist. Die Kombination feuchter Umschläge mit Fasten brachte ihm Linderung und Genesung. Als aufmerksamer Bauer wusste Schroth, dass es nicht die Nässe allein, sondern die feuchte Wärme war, die zur Heilung seines Knies beigetragen hatte, und er prägte den berühmt gewordenen Satz: „In feuchter Wärme gedeiht Holz, Frucht, Wein, selbst Fleisch und Bein.“ Später begann Schroth, mit seiner Heilmethode auch anderen Menschen zu helfen, und wurde bald als „Wunderdoktor“ weit über sein Heimatdorf Nieder-Lindewiese hinaus bekannt. Zwangsläufig führte dies dazu, dass er von der Schulmedizin als Kurpfuscher vor Gericht gebracht, verurteilt und eine Zeitlang ins Gefängnis gesperrt wurde. Dann allerdings gelang ihm eine sensationelle Heilung: Prinz Wilhelm von Württemberg war im März 1849 in der Schlacht von Novara unterhalb der Kniescheibe durch eine Kugel verwundet und nach monatelanger vergeblicher Behandlung von seinen Ärzten bereits aufgegeben worden. Es bliebe nur die Beinamputation, hieß es. Gegen ärztlichen Rat suchte der Prinz Johann Schroth auf, von dessen wundersamen Heilungen er gehört hatte. Schroth untersuchte das durch Knochenfraß und übel riechenden Eiter bereits weitgehend zerstörte Bein und sagte voller Zuversicht: „Ich werde Sie heilen, verlassen Sie sich darauf!“ Allein mit feucht-warmen Wickeln, der von ihm verordneten Diät sowie der Vermeidung von zu viel Flüssigkeit während der Kur gelang es Schroth binnen nur vier Monaten, die Gesundheit des prominenten Patienten vollständig wieder herzustellen. Das bedeutete den endgültigen Durchbruch und die volle Anerkennung der Schrothkur als Heilmethode. Aus Dankbarkeit sorgte der Prinz dafür, dass Johann Schroth von der Hofkanzlei in Wien die Erlaubnis zum Betrieb einer eigenen Kuranstalt erhielt. Heute zählt die Schrothkur zu den natürlichen Heilmethoden, die durch Heilfasten die Selbstheilungskräfte mobilisiert und sich als Ganzheitstherapie positiv auf Körper, Geist und Seele auswirkt. Die Kur wird ausschließlich in der Klinik drei bis vier Wochen lang unter ärztlicher Aufsicht durchgeführt. Indikationen sind unter anderem Stoffwechsel- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gicht, Rheuma und Arthrose sowie Darmträgheit, Bluthochdruck und Übergewicht. Das Ziel der Schrothkur ist damals wie heute eine gründliche Entgiftung und Entschlackung durch die Kombination des Heilfastens mit der Anwendung feuchter Wärme. Bei den abwechselnden Trink- und Trockentagen werden zwischen einem Achtel und bis zu einem dreiviertel Liter Wein oder andere Getränke getrunken. Die feuchtwarmen Ganzkörper-Dunstwickel dienen der Entschlackung des Körpers über die Haut. Es gibt in Deutschland viele Hotels und Pensionen, die unter dem Namen „Schrothkur“ Behandlungen anbieten. Die echte Schrothkur, die sich an die von Johann Schroth entwickelte Methode hält, wird von seinen Nachfahren im Kärntner Luft- und Schrothkurort Obervellach praktiziert. Als die Familie Schroth infolge des Zweiten Weltkriegs aus Schlesien flüchten musste, fand sie hier vor 60 Jahren eine neue Wirkungsstätte. Geleitet wird die Schroth-Kurklinik heute von Vater und Sohn Dr. med. Rainer Schroth und Dr. med. Christian Schroth. „Dass andere ebenfalls den Namen Schroth verwenden, können wir nicht verhindern, da es sich um ein anerkanntes Heilverfahren handelt. Diese können patentrechtlich nicht geschützt werden“, so Christian Schroth, „wir sind allerdings die einzigen, die die Kur nach dem Originalkonzept praktizieren – und das mit gleichbleibend sehr gutem Erfolg. Als Ärzte können wir zudem den Erfahrungsschatz unseres Urahn sinnvoll ergänzen durch den Wissensstand der heutigen Schulmedizin und jede Schrothkur mit modernsten medizinischen Methoden begleiten. Angelika Fischer


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren