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27.03.10 / Unter einer Decke / Warum der Mittagsschlaf ein pädagogischer Akt ist / Fummeln am Grundgesetz / Erfolgreiche Lobbyarbeit / Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-10 vom 27. März 2010

Unter einer Decke
Warum der Mittagsschlaf ein pädagogischer Akt ist / Fummeln am Grundgesetz / Erfolgreiche Lobbyarbeit / Der Wochenrückblick mit Klaus J. Groth

Reform, haben wir gelernt, ist immer gut. Egal wie und was, Hauptsache Reform. Wer reformiert, der schmeißt den alten Plunder raus, der steht an der Spitze des Fortschritts, der hat erkannt, was die Zukunft braucht. Stillstand bedeutet Rückschritt, haben wir gelernt. Darum stehen wir niemals still, und wenn wir nur auf der Stelle treten sollten. Besser noch als die Reform ist die Reform der Reform. Da stopfen wir die alten Hüte in den Altkleidercontainer und probieren neue Hüte aus. Reformbedürftig ist grundsätzlich alles. Trotzdem sollte man sich genau überlegen, was man reformieren will. Es gibt nämlich Dinge, die sind ausgesprochen reformresistent. Nicht, dass man die nicht auch ändern könnte, aber darüber können Generationen vergehen. Zum Beispiel die Sache mit der Krümmung der Banane. Aber das kommt auch noch, die kriegen wir schon gerade. Schließlich hätte manch einer leichtsinnigerweise vor einiger Zeit auch behauptet, das Wetter gehöre ebenfalls zu diesen Dingen, die nicht zu verändern seien. Was ja wohl ein fundamentaler Irrtum war. Seit der Klimawandel erfunden wurde, wird nun endlich auch die Reform des Klimas angeschoben. Also stellen wir fest, die Reform des Klimas ist nur eine mittelschwere Reformaufgabe, wenn man denn nur richtig will. Ein wahrer Klacks aber ist für einen ausgewiesenen Reformer eine Schulreform. Darum fühlen sich Bildungsreformer in diesem Biotop auch so pudelwohl. Schulreformen lassen sich formen wie Sahne, nachgiebig nach allen Seiten und doch irgendwie nicht überschaubar. Das hatte allerdings zur zwangsläufigen Konsequenz, dass auch die Reformer vor lauter Sahnereformen den Überblick über die zur Zeit gängigen Reformen verloren und das Bildungsniveau zunehmend zu wünschen lässt. Aber wahrscheinlich sind heute die Ansprüche künstlich hochgeschraubt, warum sonst wohl beklagte sich das Handwerk, ein Fünftel aller Schulabgänger verfüge nicht über das Wissen, das nun einmal notwendig ist, um eine Lehre als Klempner oder Schreiner zu beginnen? Manchmal geht so eine Reform eben in die Hose. Doch zugegebenermaßen hatte der schlichtgestrickte Normalbürger (gemeinhin auch Spießer genannt), keine Ahnung, wie kurz die Wege der Reform direkt in die Hose waren. Und er hatte auch keine Ahnung, warum das Öffnen der Hosentür ein pädagogischer Akt, ein reformpädagogischer Akt gar, war. Das lernt der Normalbürger in diesen Tagen gewissermaßen in einem Crashkurs in Reformpädagogik. Zuersteinmal allerdings lernt er zu unterscheiden. Das ist zur differenzierten Betrachtung allemal notwendig. Darum merke für alle weiteren Beurteilungen: Fingert ein katholischer Ordensmann im fremden Schritt, ist das sündhaft. Sucht die reformpädagogische Hand das gleiche Ziel, ist das zielweisend für den künftigen Lebensweg. Zumindest aber ist diese „Nähe ein Lebensmittel, kein Missbrauch“. So ließ sich der Schriftsteller Adolf Muschg vernehmen in seinem Versuch, den massenhaften Missbrauch von Knaben an der Odenwaldschule zu erklären. Wohl gemerkt: zu erklären. Für ihn sind nicht die Jungen, denen die Lehrer in reformpädagogischem Eifer entschieden zu nahe kamen, die Opfer, sondern die Täter. Für so manchen Reformpädagogen an der Odenwaldschule war jeder Mittagsschlaf ein Opfergang. Und nun wird ein Hexengericht über die opferbereiten Lehrer abgehalten. So sieht es jedenfalls der ehemalige Präsident der Akademie der Künste in Berlin, Adolf Muschg, im „Tagesspiegel“, und es ist zu befürchten, dass er mit dieser verdrehten Ansicht keineswegs alleine bleibt. Doch leider gibt es immer noch ein paar verstockte Zeitgenossen, eine gewisse Restmenge, die nicht kapiert, warum Klassenzimmer, Gemeinschaftsdusche und Lehrerbett eine pädagogische Einheit bildeten. Warum „Schlupf unter mein Deck“ Voraussetzung für einen neuen Menschen sein soll (was bei diesen Paarungen schon biologisch vollkommener Unsinn ist, aber Biologie hat nicht unbedingt etwas mit Pädagogik zu tun), ist unklar. Jedenfalls ist auffallend, dass reformpädagogische Paarungen ziemlich überwiegend gleichgeschlechtlich sind. Das ist ja auch nicht weiter schlimm, weil das vielleicht tatsächlich die Zukunft ist (auch weil: Frauen und Männer zwei Sprachen sprechen und niemand zum Sprachkursus gehen will). Und weil nirgendwo so viel Lobbyarbeit betrieben wird wie für Schwule, Lesben und Transgender. Bei manchen Abgeordneten gewinnt man den Eindruck, ihr politischer Auftrag reduziert sich auf diese Lobbyarbeit. Irgendwann muss das ja Folgen haben. Oder ist der Erfolg schon längst da, wir sehen ihn nur nicht, weil wir nicht mit dem/der richtigen Partner/in kuscheln? Das ist dann gar nicht „gut so“! Doch jetzt wird die große Bettdecke ein wenig angelupft und unsereins staunt, was sich darunter alles tummelt, wer mit wem oder auch, wer mit wem überhaupt nicht. Und plötzlich wird auch klar, warum manche Dinge erst jetzt bekannt werden. Es ist ja nicht so, dass die genötigten Jungen immer geschwiegen hätten. Einige haben sich früh offenbart, ihren Eltern zum Beispiel, aber die haben eiligst wieder die Decke über das Geschehene gezogen. Und später dann fanden sich immer wieder andere Leute, die Amt und Einfluss nutzten, um die große Kuscheldecke wieder zu schließen. Zum Beispiel der ehemalige Odenwald-Schüler, Ex-Sponti und heutige Europaabgeordnete der Grünen, Daniel Cohn-Bendit. Dem hatte es gefallen zu beschreiben, wie ihn Fünfjährige „anmachten“ und er an den Fünfjährigen rummachte. Gab es eine öffentliche Empörung? So richtig war davon nichts zu vernehmen. Die Sache wäre wohl schon vergessen, hätte Cohn-Bendit die Angelegenheit nicht in einem Buch geschildert. Heute rudert er vorsichtshalber ein wenig zurück und nennt die Sache „eine fiktionale Provokation“. Er meint offenbar, dadurch wird die Sache bereinigt. Europaabgeordneter und Fraktionsführer der Grünen konnte er trotzdem werden. Sensibler allerdings wird der Mann in Sachen Homosexualität. Da kennt er kein Pardon. Daniel Cohn-Bendit gehörte zu den Wortführern, als der designierte Justizkommissar und Katholik Rocco Buttiglione von linken und liberalen Abgeordneten als „Ultrakonservativer“ und „Reaktionär“ mit Ansichten aus dem 19. Jahrhundert beschimpft wurde. Buttiglione hatte den Fehler begangen, sich kritisch über gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften zu äußern. So etwas unterlässt man lieber. Darum durfte Buttiglione trotz ausgewiesener Kompetenz sein Amt nicht antreten. Beim Thema Homosexualität gilt die Null-Tolerenz-Grenze. Schließlich gehört das zu den Grundrechten. Jedenfalls beinahe. Und demnächst steht es auch im Grundgesetz. Es ist alles nur eine Frage der Zeit, wie bei jeder Reform. Die gleichen Formationen, die den Amtsantritt des Homo-Kritikers Buttiglione verhinderten, fummeln derzeit am Grundgesetz. Die Grünen brachten einen Gesetzentwurf ein, nachdem niemand wegen seiner „sexuellen Identität“ diskriminiert werden darf. Denn das, haben die Grünen festgestellt, ist in Deutschland immer noch täglich der Fall. Immer und überall. Die alten Reformpädagogen benötigen diese Veränderung des Artikels 3 im Grundgesetz nicht mehr, ihr erweiterter Unterricht ist verjährt. Aber nachwachsenden Reformpädagogen könnte er recht nützlich sein. Sie könnten auch von der Lobbyarbeit verschiedener Grüppchen profitieren, die sich auf der sogenannten europäischen Ebene dafür einsetzen, sexuelle Kontakte zu Minderjährigen zu – wie sie es nennen – liberalisieren. Aber mal Hand aufs Herz, ist solche Änderung des Grundgesetzes oder des Strafrechts noch notwendig? Kann nicht jeder schon so ziemlich alles machen, was er will, wenn es nur nicht abgestanden und spießig ist? Hat er da nicht überall Fürsprecher? Aber irgendwie braucht der Mensch auch Ordnung. Und für die Ordnung, da braucht man eben ein Gesetz. Man will doch wissen, wo es lang geht. Sonst hat man gar keine Orientierung mehr. Hans Heckel macht Urlaub und ist ab 12. April wieder für Sie da.


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