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03.04.10 / Übers Ziel hinausgeschossen / Berlin und Paris wollen CO2-Ausstoß radikal reduzieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-10 vom 03. April 2010

Übers Ziel hinausgeschossen
Berlin und Paris wollen CO2-Ausstoß radikal reduzieren

Frankreichs Klimasteuer ist passé. Nach der Niederlage der konservativen Regierungspartei UMP bei den Regionalwahlen gab die Partei den Plan auf. Die Begründung: Ohne europäischen Kontext werde Frankreich einseitig belastet. Wie die Folgen von Klimasteuern für Arbeitsplätze und nationale Standorte aussehen, ist dabei europaweit kaum erforscht. Schon im Dezember hatten französische Verfassungsrichter die Pläne für eine Klimasteuer gestoppt. Die Kritik der Juristen ließ den Sinn des Gesetzes zweifelhaft erscheinen: Es gäbe zu viele Ausnahmen für die Industrie, insbesondere für ganze Branchen, insgesamt 1018 Firmen, so die Richter. Gerade solche Betriebe, die viele Treibhausgase ausstießen, wären vom Gesetz ausgenommen gewesen. Im Januar wagte Sarkozy mit einem neuen Entwurf einen zweiten Anlauf, der nun ebenfalls Geschichte ist.

Gesetze mit volkspädagogischem Ansatz wie das französische sind auch in Deutschland politisch en vogue. Der französische Vorstoß sah vor allem Einsparungen beim Kohlendioxyd vor – 17 Euro sollte jeder Verbraucher pro ausgestoßene Tonne zahlen, ob beim Heizen oder Autofahren. Um die Belastung für den Bürger nicht zu erhöhen, versprach die Regierung, die Einkommenssteuer zu senken. Die Idee zielte auf eine anhaltende Verhaltensänderung der Bevölkerung ab, war jedoch in erster Linie ehrgeizigen Klimazielen geschuldet: Frankreich will bis 2050 die Ausschüttung von Treibhausgasen auf ein Viertel des Wertes von 1990 zurückführen. Dieser Druck ist angesichts des Ziels, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zum Ausstoß von 1990 zu reduzieren, in Deutschland noch größer. Und im Zusammenhang mit der neuen Wachstumsstrategie aus Brüssel „EU 2020“ nimmt der Druck gerade für die deutsche Auto-Industrie zu. So teilte VW mit, bereits intensiv an den EU-Grenzwerten für 2014 zu arbeiten – die neuen für 2020 bereiten dem Konzern dagegen „Sorge“ – sie sind technisch nicht umsetzbar.

Auch vom Bund der deutschen Industrie kommen Zweifel an verbindlichen Zielen. Konkrete Zahlen zu bedrohten Arbeitsplätzen oder Kosten gibt es jedoch kaum. Eine Studie des Bundesamts für Bauwesen unterscheidet zwei Gefährdungskategorien: Industrien, denen deutsche Klimasteuern so zusetzen, dass sie in Länder mit geringeren Auflagen abwandern und Industrien, die wegen günstigerer Strompreise ins europäische Ausland gehen, weil der Energiemix dort trotz Emissionszielen günstiger ist. Ergebnis: Nur ein Prozent der deutschen Arbeitsplätze liege in der ersten Kategorie. Allerdings deutet die Studie mögliche, sehr negative regionale Strukturfolgen an. Auf eine gerechte Verteilung der klimapolitischen Lasten im globalen Wettbewerb sowie EU-intern konnten sich Deutschland und Frankreich bisher nicht einigen. Frankreichs Plan für eine EU-Regelung sieht nun vor, Importe aus Ländern, die sich keinem Abkommen zur CO2-Reduktion angeschlossen haben, mit Klimaabgaben zu belegen. Die Regierung Merkel könnte dagegen noch auf eine nationale Lösung setzen: Laufzeitverlängerung bei Atommeilern. SV


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