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10.04.10 / Schäubles zweideutiges Kompliment / Ganz besonders dem Gesundheitsminister von der FDP traut der CDU-Finanzminister Sparerfolge zu

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-10 vom 10. April 2010

Schäubles zweideutiges Kompliment
Ganz besonders dem Gesundheitsminister von der FDP traut der CDU-Finanzminister Sparerfolge zu

Ab dem Jahr 2011, das steht fest, muss der Bund unerbittlich sparen. Bisher gibt es kaum klare Aussagen, wo genau der Rotstift angesetzt werden soll. Umso aufmerksamer wurde in Berlin das subtile Kompliment von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) registriert.

Gleich aus drei Gründen muss der Bund ab dem Jahr 2011 rigoros sparen: Zum einen greift ab dem Jahre 2013 die grundgesetzliche Schuldenbremse, zum anderen ist auch die Geduld der EU mit der deutlichen Verletzung des  EU-Stabilitätspaktes durch eine Reihe von Mitgliedsländern, darunter Deutschland, nicht endlos. Zu diesen beiden Rechtsgründen kommt wirtschaftlicher Druck: Es ist ökonomisch zwingend, in Wachstumsjahren die Haushalte zu sanieren. Denn wer schon in guten Zeiten über seine Verhältnisse lebt, dem droht in schlechten Jahren äußerstenfalls der Bankrott, wie aktuell das griechische Beispiel zeigt.

Dass die Bundesregierung nicht viel offener und deutlicher von der Sanierungsnotwendigkeit spricht, hat einen einfachen Grund. Am 9. Mai wird in Nord-rhein-Westfalen gewählt, und diese „Bastion“ im Westen mit 18 Millionen Einwohnern wollen CDU und FDP unbedingt halten. Dazu ist man bereit, im Vorfeld monatelang auf wirksame Regierungsarbeit zu verzichten und unangenehme Wahrheiten zu verschweigen − sogar mit einem gewissen Grund: Ginge NRW für die Koalition verloren, könnte sie mangels Bundesratsmehrheit hinterher vieles von dem nicht mehr durchsetzen, was sie längst plant und vorbereitet, aber eben noch verschweigt.

Vor diesem Hintergrund sind nicht nur die Debatten der letzten Wochen über Hartz IV zu sehen (wo Einschnitte früher oder später unvermeidlich sind), sondern auch die aktuellen Äußerungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Er forderte nach der krisenbedingten Rekordverschuldung eine „Exitstrategie“ und erinnerte an die neue Schuldenbremse im Grundgesetz, die verbindlich sei. Doch statt der vielleicht zu erwartenden Formulierung „alle Ausgaben müssen auf den Prüfstand“ beließ es der Routinier bei einem respektvollen Hinweis an den Bundesgesundheitsminister, der vom Altersunterschied her sein Sohn sein könnte.

Da die Bundesregierung die Renten nicht kürzen wolle und bei der Bundesanstalt für Arbeit nicht viel Sparpotenzial vorhanden sei, so Schäuble im „Handelsblatt“, blieben Spielräume bei der Gesundheitspolitik: „Ich setze hier auf die Reformarbeit des neuen Gesundheitsministers.“ Wahr ist, dass Rösler bei den Medikamenten ein paar Milliarden einsparen will. Auch seine Vorschläge für eine (moderat bemessene) Kopfpauschale könnten den Bund um ein paar Milliarden Euro entlasten, die er andernfalls zusätzlich in den Gesundheitsfonds „buttern“ müsste. Dieser Fonds, das zeichnet sich bereits ab, wird ohne durchgreifende Reformen neben der gesetzlichen Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit zum dritten sozialpolitischen „Fass ohne Boden“ für den Bundeshaushalt.

Doch Röslers mutige Reformvorstöße können auch im besten Falle niemals den Sparbeitrag von jährlich rund zehn Milliarden Euro beisteuern, den Schäuble braucht − schon deswegen nicht, weil die Ausgaben im Gesundheitsbereich laufend weiter steigen. Warum, so die Frage des Beobachters, erwähnt Schäuble dennoch nur den Gesundheitsminister und verschont die Ressortschefs, die ebenfalls große Etats verwalten, mit seinen zweideutigen Komplimenten?

Den größten Einzeletat, den für Arbeit und Soziales, verwaltet Ursula von der Leyen. Nicht nur ihr CDU-Parteibuch erspart ihr Lobesworte wie diejenigen, die Rösler nun hinnehmen musste, sondern auch der Wahltermin in NRW. Niedrigere Gewinnspannen für Pharmakonzerne oder gar niedrigere Preise für Medikamente für Patienten − das macht sich im Wahlkampf fast so gut wie die Bankenabgabe. Aber Kürzungen am Sozialetat oder bei der Rente − pfui Teufel! Immerhin orakelte der Finanzminister, es stehe zwar nicht „der Sozialstaat als Konzept“ zur Disposition, aber: „Das bedeutet nicht, dass man ihn immer mit der gleichen Menge an Geld finanzieren muss.“

Den zweitgrößten Ausgabenblock (neben den kaum zu bewegenden Personalausgaben) verwaltet Peter Ramsauer, der Bundesminister für Bau und Verkehr. Doch seine Ausgaben sind investiv, etwa im Bereich des Straßenbaus. Einsparungen hier gelten als ökonomisch fragwürdig und ebenfalls als äußerst unpopulär. Die Bahn ist massiv unterfinanziert und der Zustand der Straßen verschlechtert sich seit Jahren unübersehbar.

Obwohl Schäuble nun mit seinem als Kompliment verpackten Spar-appell alleine Rösler nannte, waren zweifellos alle Kabinettskollegen gemeint. Für die ab Mai beginnenden Etatberatungen für das Jahr 2011 werden nämlich bereits jetzt die „Anmeldungen“ genannten Wunschzettel an das Finanzministerium übermittelt. Wie es heißt, liegen sie in der Summe bereits bei neun Milliarden über dem von Schäuble vertretenen Plan.

Da müssen also noch mehr Minister Sparbeiträge abliefern −  welche genau das sind, erfährt das Publikum mit einigen Tagen Schamfrist nach der Landtagswahl an Rhein und Ruhr ab Mitte Mai.             Konrad Badenheuer


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