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10.04.10 / »Oh, meine vielgeliebte Therese« / Luise von Preußen und ihre Geschwister − Aussagefähiger Briefwechsel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-10 vom 10. April 2010

»Oh, meine vielgeliebte Therese«
Luise von Preußen und ihre Geschwister − Aussagefähiger Briefwechsel

Wer den 200. Todestag der preußischen Königin Luise zum Anlass nimmt, um sich über das Leben der Monarchin zu informieren, der kann auf eine Fülle von Büchern über die Mutter des deutschen Kaisers Wilhelm I. zurückgreifen. Die Historikerin Carolin Philipps, die bereits mehrere Biographien europäischer Damen von Adel verfasst hat, wählte bei ihrer Luisen-Veröffentlichung eine besondere Herangehensweise. So entschied sie sich in „Luise – Die Königin und ihre Geschwister“, Luises Leben anhand des sechsblättrigen Kleeblattes zu schildern.

Diese Bezeichnung hatten die sechs Kinder des Fürsten Karl von Mecklenburg-Strelitz für sich gewählt. Zwar stammen nur die fünf Kinder Charlotte (1769–1818), Therese (1773–1839), Luise (1776–1810), Frederike (1778–1841) und Georg (1779–1860) aus der Ehe von Karl von Mecklenburg-Strelitz mit Friederike von Hessen-Darmstadt, doch Halbbruder Carl (1785–1837) wurde in den Kreis aufgenommen. Allerdings war die emotionale Bindung der anderen fünf zu ihm nicht ganz so tief. Das lag jedoch weniger daran, dass er eine andere Mutter (†1785) hatte, die übrigens die Schwester der Mutter (†1782) der anderen fünf war, sondern weil Carl ein Nachzügler und Eigenbrötler war.

Anhand von Briefen zeichnet die Autorin die Beziehung der Geschwister, die jeweiligen Lebenslagen und den historischen Kontext nach. So erkennt man, dass es dem sechsblättrigen Kleeblatt nicht nur darum ging, sich Fakten mitzuteilen, sondern untereinander an der Gedanken- und Gefühlswelt teilzunehmen. Da regelmäßige Besuche wegen Krankheit, Geldmangels oder Kriegen nicht so häufig möglich waren, blieben nur Briefe, um miteinander zu kommunizieren. Einige waren sogar als Rundbriefe angelegt. Ging einer auf eine besondere Reise, schrieb er Tagebuch und schickte dieses dann als Rundbrief an die anderen.

Spannend schildert die Autorin, wie sich die Beziehungen der Geschwister untereinander ent-

wickelten. Auch Streit und Verstimmungen werden thematisiert, wobei sie sich erstaunlich offen über die Konflikte austauschen, untereinander vermitteln und einander auch über einen der anderen vier austauschen, ohne jedoch ins Lästern zu verfallen. Hierbei scheint vor allem der Briefwechsel zwischen Therese, verheiratete Fürstin zu Thurn und Taxis, und Georg sehr analytisch, offen thematisieren sie die Stärken und Schwächen der anderen Geschwister.

Im Rahmen der Luisen-Verehrung wird immer wieder deren Bereitschaft, mit dem von ihr verabscheuten Feind Napoleon zu sprechen, hervorgehoben. Doch was Luise erst unter Zwang tat, war für Therese, Georg und auch Charlotte, verheiratete Herzogin von Sachsen-Hildburghausen, eine Notwendigkeit, die dem verlorenen Krieg geschuldet war. So reiste beispielsweise Therese, die die Post-Geschäfte ihres nur an der Jagd interessierten Mannes nach dem Untergang des Heiligen Römischen Reiches 1806 retten wollte, freiwillig zu Napoleon, um das Postunternehmen der Thurn und Taxis auf Lehnsbasis zu erhalten. Dies trübte die Beziehung zur Schwester auf dem angeschlagenen Preußenthron, doch Luise grollte nie lange, dafür war sie ihren Geschwistern emotional zu sehr verbunden. Zumal immer wieder Schicksalsschläge die Schwestern heimsuchten, die sie alle bewegten und bei denen sie einander Trost spendeten: der Tod eines Kindes. „Oh! Meine engelhafte, vielgeliebte Therese, wenn du wüsstest, wie sehr ich an deinem Schmerz Anteil nehme, wie sehr ich Dich beklage und wie deutlich ich das Ausmaß Deines Verlustes sehe und erkenne, dann hättest Du nicht geschrieben, ich möge Deinem Engel einige Tränen vergießen“, schrieb Luise 1795, die gerade selbst ein Kind verloren hatte, an ihre Schwester.

Mit Georg kommuniziert Luise immer wieder über mögliche Heiratskandidatinnen. Der Erbe des Herzogs von Mecklenburg-Strelitz ließ sich viel Zeit bei der Auswahl seiner künftigen Gattin. Was jedoch nicht bedeutet, dass er nicht die eine oder andere Liebschaft hatte. „Bedenke es recht“, schrieb Luise, als sie hörte, dass ihr jüngerer Bruder mit dem Gedanken spielte, eine nicht standesgemäße Ehe mit dem etwas älteren Fräulein von Grebe einzugehen, und führte Argumente dagegen an. „Die erste Pflicht des Menschen ist, Herr über seine Leidenschaft zu werden“, warnte sie. Und weiter „… du bist ein gefühlvoller Mensch, zu gefühlvoll, das ist dein Fehler, manchmal schwärmerisch.“

Wer allerdings eine idealisierte Luise-Biographie lesen möchte, ist bei Carolin Philipps falsch, denn gerade im Vergleich mit den Cha-rakteren der Geschwister werden nicht nur Luises Stärken, sondern auch ihre Schwächen sichtbar. Rebecca Bellano

Carolin Philipps: „Luise – Die Königin und ihre Geschwister“, Piper, München 2010, broschiert, 457 Seiten, 12,95 Euro


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