25.04.2024

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17.04.10 / Bedingt einsatzfähig

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-10 vom 17. April 2010

Bedingt einsatzfähig
von Harald Fourier

Am Sonnabend musste ich im Baumarkt fünf Umzugskartons holen. Ein Karton kostet 1,99 Euro. An der Kasse überlegte ich mir, wie viel ich wohl zu bezahlen hätte: Fünf mal 1,99 macht 9,95 Euro. Kinderleicht, oder? Die sehr junge Kassiererin gab den Preis ein und nahm meinen 50-Euro-Schein. Die Anzeigetafel zeigte ihr den Betrag mit meinem Restgeld: 40,05 Euro. Sie gab mir – völlig korrekt – zwei 20-Euro-Noten und ein Fünf-Cent-Stück und sagte dann „vier Euro fünfzig“. Ich schaute sie irritiert an. Sie verbesserte sich und sagte „vierzig Euro fünfzig“. Mein Gesichtsausdruck blieb unverändert. Jetzt stammelte sie endlich richtig „vierzig Euro fünf“ und sagte zur Entschuldigung, es sei noch so früh am Morgen.

Es war halb zehn. Ich wünschte ihr ein schönes Wochenende und verließ das Geschäft mit dem Gefühl, dass diese Verkäuferin kein Gefühl für die Zahlen hat, mit denen sie täglich zu tun hat. Wie kann es sein, dass so jemand als Kassierer arbeitet? Es soll ja auch Leute geben, die können keinen korrekten Satz schreiben ohne ein Rechtschreibprogramm. Vielleicht gibt es auch Kassierer, die wären ohne eine Computerkasse völlig aufgeschmissen, könnten nicht mal die einfachsten Additionen durchführen.

Den Vorwurf, Schulabgänger würden die einfachsten Dinge nicht mehr beherrschen, habe ich schon oft gehört. Einer aktuellen Forsa-Umfrage zufolge ist nur noch jeder fünfte Deutsche mit den Leistungen unseres Schulsystems zufrieden. Und Firmen klagen darüber, dass Bewerber für Ausbildungsplätze nicht nur unpünktlich, unorganisiert und ungenau seien. Sie beherrschten noch nicht einmal die Grundrechenarten oder die deutsche Grammatik.

Das wird langsam zu einem echten Problem für die Wirtschaft. Vor zehn Jahren gab es wenigstens noch mehr Bewerber als Ausbildungsplätze, aber diese Zeiten sind längst vorbei. Immer weniger Kinder heißt immer weniger Nachwuchs für die Unternehmen. Im Jahr 2009 konnte jedes vierte Berliner Unternehmen (24 Prozent) seine Lehrstellen nicht mehr besetzen. Das ergibt sich aus einer Umfrage der Industrie und Handelskammer (IHK) in der deutschen Hauptstadt. 61 Prozent der Firmen planen, ihr Ausbildungsplatzangebot beizubehalten oder auszubauen. Doch sie werden es immer schwerer haben, die Plätze zu besetzen. Die Zahl der Schulabgänger ist seit 2000 von 361000 auf jetzt 294000 gesunken. Dieser Trend wird sich fortsetzen, wenn auch weniger dramatisch. Schlechte Zeiten für Personalchefs.


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