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24.04.10 / »Der Minderheit eine Stimme geben!« / Mit einem Planspiel versucht die deutsche Volksgruppe in der Republik Polen die Jugend besser anzusprechen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-10 vom 24. April 2010

»Der Minderheit eine Stimme geben!«
Mit einem Planspiel versucht die deutsche Volksgruppe in der Republik Polen die Jugend besser anzusprechen

Das Institut für Auslandsbeziehungen (ifa), der Verband der Deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren sowie das Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz haben in Allenstein das Planspiel „Der Minderheit eine Stimme geben!“ durchgeführt. Ehrenpatronin des Projekts war die Staatsministerin im Auswärtigen Amt Cornelia Pieper (FDP).

Projekte mit der deutschen Minderheit als Hauptakteur finden regelmäßig statt. Allerdings wenden sich diese zumeist an die Jugend, denn „die Jugend ist unsere Zukunft“, hat die deutsche Minderheit ganz richtig erkannt. Ihre Mitgliederzahlen sinken alljährlich – mancherorts moderat, andernorts rasant. Und unter den Aktiven der Gesellschaften in Ermland und Masuren dominieren ältere Menschen. Um Jugendliche für das Wirken in ihrer jeweiligen Gesellschaft zu animieren, ist es deswegen wichtig, dass weiterhin Jugendprojekte angeboten werden.

Dennoch gewinnt für die Belebung des Kulturlebens der deutschen Minderheit eine andere Komponente an Bedeutung: der Dialog zwischen Jung und Alt. Reibungen zwischen den Generationen sind so alt wie die Menschheit und trüben oft das Miteinander: Die Alten fühlen sich von „aufbrausenden“ Jungen überrumpelt, die Jungen von „überheblichen“ Alten nicht ernst genommen.

Für das Planspiel „Der Minderheit eine Stimme geben!“ vom 26. bis 28. Februar war der generationsübergreifende Dialog denn auch eines der Hauptziele. Unabhängig vom Alter schlüpften die Teilnehmer in diverse Rollen und übten in Diskussionen und Debatten, ihre Meinung zu sagen. So lernten sie, dass sie in der pluralistischen, demokratischen Gesellschaft eine Stimme haben. Ob ehrgeiziger Politiker der PiS-Partei, fortschrittlich denkender Pastor oder schlichtend eingreifende Vertreterin des Woiwoden – ob jung oder alt, alle mussten für die Dauer des Planspiels jeweils die (politischen) Überzeugungen vertreten, die ihr Rollenprofil vorgab. Engagierte Stadtbürger dis­kutierten mit zaghaften Vertretern der deutschen Minderheit, der junge Bürgermeister stellte sich penetranten Fragen der Journalisten von „Radio Magdalena“ und der neugewählte Vorsitzende der Gesellschaft der deutschen Minderheit argumentierte vor seinen Vorstandskollegen. Dabei waren die 35 Teilnehmer in ihren 35 Rollen alle mit einer sie alle involvierenden Frage befasst: Gelingt es ein gemeinsames Haus zu etablieren, ein Haus der Begegnung und des kulturellen Wirkens in ihrer fiktiven Stadt Kleinplätzchendorf?

Ob es gelungen ist, ein solches Haus zu schaffen, ist an dieser Stelle nebensächlich. Wichtig im Planspiel waren die Prozeduren der Entscheidungsbildung, die Verhandlungen und Streitgespräche.

Das Interesse an dem Projekt hatte die Erwartungen der Organisatoren bereits vor seiner Durchführung übertroffen. Es wurde von ihnen als ein Werkzeug mit großem bildungspolitischen Potenzial vorgestellt, das die Emanzipation der Zivilgesellschaft unterstützt. Daher waren neben den Teilnehmern selbst – von den 40 Anmeldungen konnten nur 35 Personen berücksichtigt werden – auch deutsche und polnische Diplomaten sowie Funktionsträger der deutschen Minderheit an seinem Verlauf interessiert.

Ehrenpatronin des Projekts war Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt. Sie sowie der deutsche Botschafter in Warschau, Michael Gerdts, richteten ein schriftliches Grußwort an die Projektteilnehmer. Persönlich bei der feierlichen Eröffnung anwesend waren Joachim Bleicker, Generalkonsul der Bundesrepublik in Danzig, Wiktor Leyk, Chef der Sejmikkanzlei der Woiwodschaft, Bernard Gaida, Vorsitzender des Verbandes der deutschen sozialkulturellen Gesellschaften in Polen (VdG), Norbert Rasch, Vorsitzender der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien (SKGD), sowie als Vertreter der drei institutionellen Organisatoren: Urban Beck­mann, Leiter des Fokus Integration und Medien des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa), Henryk Hoch, Vorsitzender des Verbandes der Deutschen Gesellschaften in Ermland und Masuren und Rafał Bartek, Geschäftsleiter des Hauses der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit in Gleiwitz.

Die Evaluation zum Projektabschluss zeigte, dass das Unterfangen ein Erfolg war: Junge und ältere Teilnehmer lobten den Lerneffekt des Planspiels. Das Interesse, sich ehrenamtlich zu engagieren und seine „Stimme“ vernehmen zu lassen, ist gestiegen. Eine umfassende Sammlung der Projektergebnisse in Form einer Publikation wird vorbereitet. Sie soll das als Pilotprojekt in Allenstein durchgeführte Planspiel auch andernorts anwendbar machen und ist ab Frühherbst über das ifa zu bestellen: www.ifa.de. Als erste haben die Oppelner Schlesier Interesse an dem Planspiel signalisiert.            Silvia Kribus


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