19.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.05.10 / Beim Fußball zweitklassig / Spitzensport der Bundeshauptstadt in der Krise

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-10 vom 01. Mai 2010

Beim Fußball zweitklassig
Spitzensport der Bundeshauptstadt in der Krise

Die Fußball-Abteilung des Berliner Sportvereins Hertha BSC steht nach einer verpatzten Saison so gut wie sicher vor dem Abstieg in die zweite Liga. Nur noch ein Wunder könnte die Mannschaft davor bewahren. Es wäre europaweit einzigartig, dass die Hauptstadt eines Landes nicht in der Spitzenliga des Fußballs vertreten ist. Arsenal London, Lazio Rom, Real Madrid – das sind klingende Namen, welche die Bedeutung einer Hauptstadt auch im sportlichen Bereich widerspiegeln.

Nicht so in Berlin; die Metropole an der Spree hat zwar in vielfältiger Weise von der Vereinigung profitiert, etwa im Tourismus und durch den Umzug von Parlament und Regierung 1999. Sportlich dagegen blieb sie mittelmäßig, und das gilt besonders hinsichtlich des Profifußballs. Nur im Schwimmsport und im Eishockey gibt es Glanzlichter. Den „Eisbären Berlin“, einem „Ost-Club“, gelang es im Gegensatz zu Hertha, Anhänger in großer Zahl im anderen Teil der Stadt zu gewinnen – und viermal die deutschen Eishockey-Meisterschaften seit 2005. Die Weltrekord-Schwimmerin Britta Steffen ist heute Mitglied eines Schwimmvereins in (West-Stadtteil) Neukölln, erfuhr ihre sportliche Prägung aber in Schwedt und Potsdam.

Die bescheidene Stellung Berlins im Leistungssport ist auch durch die Spaltung der Stadt und deren bis heute andauernde Folgen bedingt. Seit dem Kaiserreich hatte Berlin eine Spitzenstellung im Sport inne, die sich bruchlos in die Zeit der Weimarer Republik fortsetzte. Die Spaltung der Stadt nach 1945 und vor allem der Mauerbau 1961 bewirkten dann, dass der Westteil für Leistungsträger unattraktiv wurde. Die Wirtschaft wanderte ab, zu einem großen Teil nach München (Siemens, Allianz) oder Frankfurt/Main (so gut wie alle Großbanken). Die Sportförderung der DDR brach nach der Wende zusammen. Mit der deutschen Vereinigung wurde die Berlin-Förderung im Westen stufenweise eingestellt, während die planwirtschaftlich geführten Großbetriebe im Osten Pleite gingen – folgerichtig schlägt sich die schwache Ökonomie in spärlichen Sponsorengeldern für Sportvereine nieder.

Die gesellschaftliche Atmosphäre der Hauptstadt begünstigt den Leistungsgedanken so gut wie gar nicht – und vor diesem Hintergrund kann man Herthas Abstieg nur als Symptom einer Gesamtlage deuten, denn im Leistungssport geht ohne Disziplin nichts. Berlin ist Bühne für Paradiesvögel, hier wird experimentiert – hart gearbeitet und gut verdient wird anderswo.   Stefan Hug


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren