19.04.2024

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01.05.10 / Bescheidene Erpresser

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-10 vom 01. Mai 2010

Bescheidene Erpresser
von Konrad Badenheuer

Viel Druckerschwärze wird derzeit vergossen über den griechischen Bankrott. Ein fataler Punkt wird dabei selten erwähnt: Der Euro hat die griechische Pleite nicht nur nicht verhindert, er hat sie ganz wesentlich mit verursacht. Genauso, wie die Gewährträgerhaftung das Fiasko der Landesbanken verursacht hat, weil sie bei (angeblich!) schlafender Bankenaufsicht zum Blankoscheck wurde.

Der Euro ist übrigens nicht widerlegt, er hatte und hat seinen Sinn. Widerlegt ist die Aufnahme von Ländern, die die Voraussetzungen für ihn nicht mitbringen. Für sie hat der Euro eine fatale Dynamik entfaltet: Die Finanzen Griechenlands waren schon seit langem schlecht, seine staatlichen Strukturen schwach und vielfach von Korruption zerfressen. Aber Athen ging darüber nicht pleite. Das ist jetzt geschehen, nicht obwohl, sondern gerade weil am Horizont die Mittel der EU standen, mit denen doch das Schlimmste abzuwenden wäre. Die Einladung zur Schuldenorgie  wurde angenommen.

Warum hat man Griechenland nicht pleite gehen lassen, mit Wiedereinführung der Drachme? Die Verträge hätten es hergegeben, ja geradezu gefordert. Man hat es nicht getan, weil der Schaden für den deutschen Steuerzahler dann womöglich ähnlich groß gewesen wäre. Das klare Argument: Zusammen mit dem griechischen Staat gehen große deutsche Banken in die Knie, die dann für ähnliche Summen vom deutschen Steuerzahler gerettet werden müssten, wenn sie nicht ohnehin schon (halb)staatlich sind. Da wird das Drohen mit der eigenen Schwäche zum System. „Ihr wisst, dass ich schwach bin, aber wollt Ihr wirklich, dass ich kollabiere?“, fragt der bescheidene und ehrliche Erpresser der Gegenwart.

Hier liegen die tiefsten Wurzeln der Finanzkrise in ihren unterschiedlichen Ausformungen: Es genügt nicht, Verträge zu haben, die es ermöglichen, Verantwortlichkeit − pardon − zu exekutieren. Die tatsächlichen Verhältnisse müssen so sein, dass diese Konsequenz dann auch gezogen werden kann. Die Lehman-Pleite war ja gerade der an sich völlig richtige Versuch, Verantwortung durchzusetzen, der aber zum Bumerang wurde, weil zu viele wechselseitige Abhängigkeiten bestanden.

Das ist denn auch die eigentliche Lehre aus dem Staatsbankrott im Südosten: Abhängigkeiten, die dazu führen können, dass nicht etwa Gläubiger schlechte Schuldner unter Druck setzen, sondern umgekehrt, dürfen gar nicht erst entstehen.

Hier ist in Sachen Hellas auch in Deutschland und in Brüssel noch vieles aufzuklären, denn an den jetzigen Rettungsaktionen verdienen auch außerhalb Griechenlands kaum weniger schlaue Akteure mit als an den Schulden-exzessen davor. Jenseits solcher Klärungen bleibt das Ausmisten Athener Sauställe eine Aufgabe, die − um im Bild zu bleiben − des griechischen Helden Herakles würdig wäre.


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