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01.05.10 / Wahrheiten über Katyn und den »Guten Krieg«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-10 vom 01. Mai 2010

Gastbeitrag
Wahrheiten über Katyn und den »Guten Krieg«
von Patrick J. Buchanan

Die Enthauptung der polnischen Regierung, einschließlich von Präsident Kaczynski und der militärischen Führung, auf diesem Flug nach Smolensk zum Gedenken an das Masasaker von Katyn erinnert an die schrecklichen und tragischen Tage dessen, was viele immer noch den Guten Krieg nennen.

Nach russischen Berichten hat der polnische Pilot vier Anweisungen der Flugsicherung beiseite gewischt, er solle nach Moskau oder Minsk ausweichen. Der Flugplatz in Smolensk lag in dichtem Nebel. Es gibt Spekulationen, dass Kaczynski, voller Nationalismus und Misstrauen gegen die Russen, dem Piloten starrsinnig die Landung befohlen haben könnte, um nur nicht das Gedenken zum 70. Jahrestag von Katyn verschieben zu müssen.

Die Symbolik ist unentrinnbar. Denn es war polnischer Starrsinn gegenüber Adolf Hitlers Verlangen, über die Rück-kehr von Danzig zu verhandeln, eine deutsche Stadt, die nach dem Ersten Weltkrieg polnischer Kontrolle unterstellt wurde, die letztlich den Hitler-Stalin-Pakt hervorbrachte, der nach Katyn führte.

Nachdem der deutsche Einmarsch am 1. September 1939 den Krieg entzündet hatte, griff Joseph Stalin Polen am 17. September von Osten her an und nahm dabei viele polnische Offiziere gefangen. Im April 1940 ermordete die sowjetische Geheimpolizei, der NKWD, nahezu die gesamte Führung der Nation, darunter 8000 Offiziere und fast doppelt so viele Intellektuelle und nichtmilitärische Führungskräfte. Etwa 4000 wurden mit hinter ihrem Rücken gefesselten Händen im Wald von Katyn erschossen.

Die Deutschen exhumierten die Toten 1943 und luden das Rote Kreuz zur Untersuchung vor Ort ein. Durch Zeitungen bei den Leichen wurde als Zeitpunkt der Grausamkeit ein Termin mehr als ein Jahr vor der deutschen Invasion der deutschen Armee in die Sowjetunion festgestellt.

Als polnische Patrioten, deren Söhne in der Schlacht um Großbritannien mit der Royal Air Force geflogen waren, an Winston Chruchill herantraten, er möge von Stalin Antworten über die Grausamkeit bekommen, wies er sie brüsk ab.

„Es hat keinen Sinn, um die drei Jahre alten Gräber von Smolensk herumzuschleichen“, sagte der Große Mann. Auf Stalins Verlangen hin drängte Churchill die Polen rüde, die sowjetische Annexion all der polnischen Gebiete hinzunehmen, die Stalin als Lohn für die Unterschrift unter den Pakt mit Hitler bekommen hatte. In den Nürnberger Prozessen warf die sowjetische Delegation den Deutschen das Massaker vor, an ihrer Spitze stand Andrej Wischinskij, der Staatsanwalt, der in den Schauprozessen für Stalin die Drecksarbeit erledigte.

Für Amerikaner und Briten, die die Wahrheit kannten, war das ein Problem. Sie entzogen sich der Sache schlau, indem sie den Vorwurf ohne Entscheidung ließen.

Vor, während und nach den Nürnberger Prozessen, die die Nazis wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ für schuldig befinden sollten, wurde eines der größten Verbrechen gegen die Menschlichkeit aller Zeiten verübt. 15 Millionen Deutsche − alte Männer, Frauen und Kinder − wurden wie Vieh aus ihrer angestammten Heimat in Preußen, Pommern, Brandenburg, Schlesien und dem Sudetenland vertrieben.

Wie der Menschenrechts-Verfechter Alfred de Zayas in seinem mutigen Buch „Nemesis in Potsdam: Die Vertreibung der Deutschen aus dem Osten“ schrieb, sind vielleicht zwei Millionen bei dem Exodus ums Leben gekommen. Nur wenige deutsche Frauen in Osteuropa entgingen der Vergewaltigung.

Die Alliierten stellten sich gegenüber der monströsen Grausamkeit blind und uralte Namen verschwanden. Aus Memel wurde Klaipeda, Preußen verschwand von der Landkarte, Königsberg, die Stadt Immanuel Kants, wurde Kaliningrad, Danzig Gdansk und Breslau Wroclaw.

„Die Deutschen haben es verdient, nachdem, was sie getan hatten“, kommt der scharfe Einwand. Unbestreitbar waren die Nazi-Greuel zahlreich und grauenhaft − gegen Polen, Ukrainer, Russen, Juden. Und doch waren es unschuldige Deutsche, die den Preis für die Verbrechen schuldiger Deutsche zahlten.

Was in Ost- und Mitteleuropa zwischen 1939 und 1948 geschah, erbrachte den Wahrheitsbeweis, wenn es dessen noch bedurfte, für W. H. Audens Einsicht in seinem Gedicht „1. September 1939“: „Die, denen Unrecht angetan wurde, verüben darum ihrerseits Unrecht.“

Bei Kriegsende billigten Chruchill und Harry Truman die Repartriierung von zwei Millionen sowjetischer Kriegsgefangener, von denen doch keiner zurück-kehren wollte. Denn Rückkehr nach Russland, das bedeutete den Tod am Endbahnhof oder ein kurzes, grausames Leben im Archipel Gulag. „Operation Keelhaul“ war der Name, den die Alliierten dem Zusammenwirken mit der Roten Armee gaben, als sie diese von Todesangst erfüllten Kriegsgefangenen in die Hände eben der sowjetischen Schlächter auslieferten, die das Morden bei Katyn veranstaltet hatten.

Am 3. September 1939 erklärten Großbritannien und Frankreich Deutschland den Krieg, um die territoriale Integrität und die Unabhängigkeit Polens wiederherzustellen. Für dieses große Ziel machten sie aus einem deutsch-polnischen Zusammenprall, der drei Wochen dauerte − einen Weltkrieg von sechs Jahren. Wurde Polen dadurcht gerettet? Nein. Es wurde gekreuzigt.

Als Folge eines Krieges, der eigentlich in ihrem Interesse begonnen wurde, kamen Millionen Polen − Juden ebenso wie Katholiken − ums Leben, das Massaker von Katyn wurde verübt, die Heimatarmee wurde vernichtet und die Nation litt unter fünf Jahren Naziherrschaft und fast einem halben Jahrhundert der kommunistischen Verfolgung.

Die heutige Tragödie ist, dass es Männer der Nachkriegsgeneration wie Lech Kaczynski waren, die den Glauben ihrer Väter bewahrten und Polen aus der Finsternis in das Sonnenlicht der Freiheit führten, die nun gestorben sind, als sie ihren Vätern die Ehre erweisen wollten, die Opfer eines der größten Verbrechen in diesem bisher blutigsten Jahrhundert der Geschichte geworden waren.

Der Autor ist US-amerikanischer Politiker, Journalist und Fernsehkommentator. Buchanan kandidierte mehrfach für das Amt des US-Präsidenten, zuletzt im Jahre 2000 für die Reform Party. Ursprünglich war er Republikaner, innerhalb der er 1992 und 1996 in Vorwahlen die Präsidentschaftskandidatur anstrebte.

Dieser Artikel erschien am 13. April 2010 unter dem Titel „Katyn and ,The Good War‘“ in zahlreichen US-amerikanischen Zeitungen. Die Bezeichnung „The Good War“ für den Zweiten Weltkrieg basiert auf einer mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten „Oral History“-Dokumentation des Historikers Studs Terkel aus dem Jahre 1984, die unter diesem Titel erschienen ist. Das im Artikel erwähnte Buch von Alfred-M. de Zayas  trägt in der deutschen Fassung den Titel „Die Nemesis von Potsdam – Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen“, 14. Auflage, München 2005. Wie immer bei Gastbeiträgen müssen die geäußerten Ansichten nicht in jedem Falle mit denen von Redaktion und Herausgeberin übereinstimmen. Übersetzung von Konrad Badenheuer.


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