18.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
01.05.10 / Aufklärer im Kalten Krieg / Abgeschossen: Die Sowjets holten Gary Powers U-2 vom Himmel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-10 vom 01. Mai 2010

Aufklärer im Kalten Krieg
Abgeschossen: Die Sowjets holten Gary Powers U-2 vom Himmel

Mein Gott, ich bin getroffen“, rief Gary Powers am 1. Mai 1960, als sein Aufklärungsflugzeug Lockheed U-2 von einer russischen Flugabwehrrakete S-75 (SA-2 „Guideline“) abgeschossen wurde. Powers beschrieb den Vorgang weiter: „Plötzlich und unerwartet hörte ich eine Explosion und sah einen orangefarbenen Blitz. Das Flugzeug neigte sich nach vorn, das Höhenruder war defekt.“ Der US-Pilot gab bei seiner Gefangennahme an, seine Maschine sei ein Wetterflugzeug und er wegen Sauerstoffmangels zufällig in den Luftraum der Sowjet­union eingedrungen. Er war in Nordpakistan gestartet und über Afghanistan kommend das Uralgebirge entlang geflogen und bei Jekatarinburg (damals Swerdlowsk) von der Rakete getroffen worden. Sein Triebwerk hatte Schwierigkeiten gemacht und so hatte die U-2 Höhe verloren und war für die sowjetische Flugabwehrrakete erreichbar geworden.

Powers’ U-2 war nicht der erste und auch nicht der letzte US-Aufklärer, der abgeschossen wurde, aber Sowjetchef Nikita Sergejewitsch Chruschtschow hielt die Gelegenheit für gekommen, einen politischen Schauprozess im Säulensaal des Hauses der Gewerkschaften in Moskau in Szene zu setzen. Im Beisein der internationalen Medien wurde der Pilot zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, aber schon wenige Jahre später, am 10. Februar 1962, wurde er gegen den sowjetischen Spitzenspion Rudolf Iwanowitsch Abel auf der Glienicker Brücke zwischen Potsdam und Berlin ausgetauscht. Powers arbeitete später beim Hersteller der U-2 als Testpilot. 1976 nahm er eine Beschäftigung als Hubschrauberpilot beim kalifornischen Fernsehsender K-NBC an. Powers kam 1977 ums Leben, als sein Hubschrauber bei Los Angeles abstürzte. Er wurde auf dem Nationalfriedhof Arlington beigesetzt.

Im Gegensatz zu Powers ist die U-2 noch heute im Dienst der US-Luftwaffe. Ihre Geburtsstunde schlug, als die United States Air Force 1952 einen Wettbewerb für einen strategischen Höhenaufklärer ausschrieb. Die Firmen Bell, Fairchild, Martin und Lockheed beteiligten sich. Der Lockheed-Entwurf wurde ausgewählt und erhielt die Bezeichnung „U-2“. Bemerkenswerterweise ähnelte der Lockheed-Entwurf dem deutschen Höhenaufklärer DFS 228, von dem die US-Amerikaner im Mai 1945 einen Prototyp erbeutet hatten. Die U-2 wurde jedoch nicht von einem Raketen-, sondern einem Düsentriebwerk fortbewegt. Sie konnte auf eine maximale Flughöhe von 27000 Meter Höhe steigen. Vor dem Powers-Flug waren bereits rund 150 U-2- Flüge über der Sowjetunion durchgeführt worden. Ab Mai 1960 verkauften die Lockheed-Werke einige U-2-Flugzeuge an die taiwanesische Luftwaffe. Über der Volksrepublik China führte nun nicht mehr die US Air Force Aufklärungsflüge durch, sondern ihre Verbündeten.

Bereits ab Sommer 1960 benutzten die Vereinigten Staaten zusätzlich zur U-2 die Satellitenaufklärung. Schließlich wurde die U-2 von der ebenfalls von Lock­heed gebauten und 1966 in Dienst gestellten SR-71 „Black­bird“ abgelöst. Seitdem den USA jedoch durch das Ende des Kalten Krieges der ebenbürtige Gegner UdSSR abhanden gekommen ist, setzt ihre Luftwaffe gegen Länder mit schwacher Luftabwehr wieder die kostengünstigere U-2 statt der SR-71 ein. Hans Lody


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren