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01.05.10 / Neuer Streit um das »Haus der Räte« / Die unendliche Geschichte um die Bauruine am Standort des Königsberger Schlosses geht weiter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-10 vom 01. Mai 2010

Neuer Streit um das »Haus der Räte«
Die unendliche Geschichte um die Bauruine am Standort des Königsberger Schlosses geht weiter

Die traurige Geschichte des Hauses der Räte, an Stelle des Königsberger Schlosses erbaut, geht weiter. Die Bauruine, um die schon so viel gestritten wurde, macht wieder von sich reden. Seit über 40 Jahren schon hat das Gebäude ein ungewöhnlich kompliziertes Schicksal. Im Jahr 1967 wurde gemäß „Generalplan für die Entwicklung Königsbergs“ ein Konzept über die Schaffung eines urbanen Zentrums an Pregel und Schlossteich ausgearbeitet. Nach den Plänen des Architekten Lew Misoschnikow hätte das Haus der Räte ein 28-stöckiges Hochhaus werden sollen, das aus zwei rechteckigen Türmen besteht, die durch überdachte Übergänge in einem Querkomplex miteinander verbunden sind. Im Gebäude hätte das Stadtkomitee der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und die Stadtverwaltung untergebracht werden sollen. Das Projekt orientierte sich an der Architektur Oscar Niemeyers, nach dessen Plänen die neue Hauptstadt Brasiliens Brasilia in den 60er Jahren entstanden war. Mit Beginn der Perestrojka wurde die Finanzierung jedoch gekürzt und die Höhe auf 21 Etagen beschränkt. Zu Beginn der 90er Jahre, als das Gebäude schon zu 95 Prozent fertiggestellt war, mussten die Bauarbeiten schließlich ganz eingestellt werden.

1995 privatisierte die Stadt- und Landregierung das Haus der Räte. Die Gesellschaft „Kultur- und Geschäftszentrum AG“ wurde gegründet, deren Aufgabe es war, Investoren für die Fertigstellung des Gebäudes zu finden. Doch 2003 ging diese Gesellschaft in Konkurs und das Haus ging an die Firma „Prostostroj“ über. Unmittelbar nach Unterzeichnung des Kaufvertrags bekam Prostostroj Probleme mit dem Königsberger Bürgermeister, der die Gesetzmäßigkeit des Verkaufs anzweifelte. Die Stadtverwaltung war der Ansicht, dass die Rechte von Stadt und Land bei dem Geschäft verletzt worden seien, weil das Gebäude zu einem Dumpingpreis verkauft worden sei. 2006 schaltete sich die Gebietsregierung in den Streit ein, sie verklagte Prostostroj, und gegen den vormaligen Eigentümer „Kultur- und Handelszentrum“ wurde ein Gerichtsverfahren eingeleitet.

Im vergangenen Jahr nahm die Entwicklung eine neue Wendung. Das 13. Schieds- und Berufungsgericht von St. Petersburg prüfte die Beschwerden des Gebietsstaatsanwalts und der Agentur für Grundbesitz im Königsberger Gebiet wegen der in der ersten Instanz durch das Königsberger Schiedsgericht getroffenen Entscheidung, in der der Richter es abgelehnt hatte, den Kaufvertrag für das Haus der Räte als gesetzeswidrig einzustufen. Als Vorwand für die Anfechtung des Vertrags dienten die „Umstände der Wiedereröffnung“. Laut Erklärung der Staatsanwaltschaft hatten am 22. April 2009 das Gebietsgericht und die Berufungsinstanz des Königsberger Gebietsgerichts festgestellt, dass der Kaufvertrag für das Haus der Räte von Beginn an „als Ergebnis einer lange im Voraus geplanten verbrecherischen Handlung“ einen unrechtmäßigen

Eigentümerwechsel des Objektes vorsah.

Jedoch hatte es das Schiedsgericht des Königsberger Gebiets am 22. September 2009 abgelehnt, der Sicht des Staatsanwalts zu folgen. Anfang Februar bestätigte das 13. Berufungsgericht in St. Petersburg die Richtigkeit der Entscheidung der ersten Instanz. Die Königsberger Staatsanwaltschaft wollte jedoch nicht klein beigeben und legte schließlich Beschwerde beim Schiedsgericht des Nordwestlichen Kreises der Russischen Föderation ein. Dieses Gericht entschied am 13. April zugunsten der Berufungsbeschwerde der Staatsanwaltschaft des Königsberger Gebiets und der Agentur für Grundbesitz. Aktuell sind die Entscheidungen der ersten Instanz und des 13. Berufungsgerichts außer Kraft gesetzt, die Erklärung der Staatsanwaltschaft des Gebiets wurde zur erneuten Überprüfung an das Schiedsgericht des Königsberger Gebiets zurückgegeben.

Die unendliche Geschichte um das Haus der Räte wird also fortgeschrieben. Die Bauruine, die auf dem Gelände des Königsberger Schlosses steht, bleibt weiterhin leer, anstatt Hunderte Büros und Handelsgesellschaften der Stadt zu beherbergen.     J.T.


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